In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Das Putzen ist in Europa negativ behaftet. Sowohl der Beruf in der Reinigung als auch die private Tätigkeit. Im Kurs „Bitte Putzen“ haben wir uns auf die Suche nach Gründen begeben und versucht, eine neue Sichtweise auf das Thema zu erlangen. Mein Projekt Sōji beinhaltet einen Reinigungswagen mit einem Komplettset an Tools. Dabei wird auf die Verwendung von natürlichen Materialien geachtet. Der Entwurf ist von Japanischem Design inspiriert.
Zu Beginn des Kurses sollten wir ein Tagesputzpraktikum absolvieren, um den Blickwinkel auf das Thema zu erweitern. Ich habe von 16-20 Uhr bei meinem Friseur gearbeitet und ihn im Alltag begleitet. Zu meinen Aufgaben gehörten das Reinigen der Rasierer, der Bürsten sowie das Staubwischen. Dazwischen habe ich immer wieder mit einem Gummibesen die Haare der Kunden in den „Haarsaugmülleimer“ gefegt. Erkenntnisse für meine Projektarbeit habe ich leider nicht gewonnen, aber der saugende Mülleimer war mir vorher noch nicht bekannt.
Zum Ende des Semesters war ich an der Reihe meinen Vortrag über „Feminismus und Putzen“ zu halten. Besonders spannend fand ich aktuelle Statistiken, nach denen zwar die Anzahl der Männer, die zuhause Putzen gestiegen ist, aber leider immer noch mehr Frauen in der Partnerschaft den Haushalt „schmeißen“. Dabei fiel auf, das Frauen häufiger regelmäßige Aufgaben übernehmen und Männer eher unregelmäßige wie z.B. Rasenmähen oder Bohren. Auch im Bereich der Werbung wird häufig noch das klassische Familienbild gezeigt, wo die Frauen sich um die Kinder und den Haushalt kümmern. Auch manche Putzutensilien werden unter dem Bereich Gendermarketing (rosa als Farbe für die Frau) verkauft.
Zu Beginn wollte ich mich mit dem Problem von Haaren im Staubsauger beschäftigen. Leider musste ich dann aber feststellen, dass auf diesem Gebiet schon so viele Produkte existieren, dass ich keine Notwendigkeit gesehen habe. Deswegen wollte ich mich mit einer mobilen Putzorganisation beschäftigen. Relativ schnell habe ich mich entschlossen, einen Trolley zu entwerfen. Von vorhandenen Putztools waren die Maße zu unterschiedlich, weshalb ich mich entschloss, die Tools ebenfalls zu gestalten.
Das ganze Konzept sollte möglichst einfach zu produzieren sowie langlebig sein und auf natürliche Ressourcen zurückgreifen. In Japan ist das Putzen nicht so stark negativ behaftet vie in Europa. Zum Beispiel reinigen Schüler die Klassenräume immer nach dem Unterricht in einer gemeinsamen Aktion. Aus diesem Grund und in Hinblick auf die Gestaltung habe ich mich entschlossen auch auf Japanische Designprinzipien zurückzugreifen.
Zuerst musste ich die Putzutensilien designen, weil sie die Aufteilung des Wagens beeinflussten. Dazu fing ich an, mir darüber klar zu werden, welche Objekte man denn eigentlich wirklich braucht, um den Nutzer zu beschränken. Im Kurs haben wir alle festgestellt, dass wir Geräte besitzen, die entweder kaum genutzt werden oder nicht gut funktionieren.
Für die Formfindung habe ich Skizzen angefertigt. Der Mopp war das erste Tool, was ich mir überlegt hatte. Danach folgten die anderen. Die Bürste habe ich über die Zeit optisch an eine Pferdebürste angepasst sowie die Schippe weniger kastig gestaltet.
Den Staubsauger plus Aufsätze habe ich versucht, mehrfach anders zu gestalten. Trotzdem gefiel mir die kastige Form am besten. Die finale Version besitzt ein Textilschlauch.
Die größte Herausforderung war der Wagen. Es sind an die 20 verschiedene Versionen entstanden, mit denen ich unzufrieden war. Die vielen Möglichkeiten, Dinge unterzubringen, haben mich überfordert. Außerdem hatte ich immer die fertig designten Objekte im Hinterkopf, die alle in den Wagen passen und mit ihm harmonieren sollten. Den Spagat zwischen einem Servierwagen, einem Möbelstück, einem Werkzeugwagen und Schreibtischtrolley zu finden war wirklich schwierig.
Unterschiedliche Ideen für Wägen, die im Semester entstanden sind.
Alle Utensilien der Serie
Der Duschabzieher soll aus versiegelten Fichtenholz bestehen. Die Abziehkante ist aus Kunststoff und kann ausgetauscht werden.
verleimtes Fichtenrundholz
vegan
Die Bürste hat Borsten aus Fibre (Pflanzenfaser) und einen Bügel aus Stoff, der an das versiegelte Fichtenholz geschraubt ist. Sohle und Bügel sind austauschbar. Für Abwasch oder Bodenreinigung geeignet.
vegan, kunststofffrei
Auch hier soll Fichtenholz verwendet werden. Die Borsten sind aus Fibre (Pflanzenfaser) und die Sohle ist austauschbar. Der Feger kann liegend in der Schippe aufbewahrt werden. Sie besteht aus gebogenen, gekanteten Stahl.
vegan, kunststofffrei
Der Besen funktioniert mit einem Stab, der in das gelenk gedreht wird. Die Borsten sind aus widerstandsfähigen Arenga (Pflanzenfaser). Sohle ist austauschbar.
vegan, kunststofffrei
Der Mopp besitz ein Gewinde, weshalb die gleiche Stange wie beim Besen auf das Tool gedreht wird. Das Gelenk ist aus Stahl und der Rest aus versiegeltem Fichtenholz. Der Lappen ist aus Baumwolle und kann jedes Mal gewaschen sowie ausgetauscht werden.
vegan
Der Staubsauger sollte durch seine quadratische Form gut im Wagen verstaubar sein. Die Räder können durch die Schienen nach oben geschoben werden sowie der Schlauch abgenommen werden, wodurch der Sauger komplett rechteckig wird. Der Schlauch ist anstatt von Plastikriffeln mit Stoff bespannt, damit er keine Oberflächen im Haushalt aufraut. Durch das semi-transparente Plastik sieht man, ob der Behälter voll ist. Im Set enthalten sind drei Bürsten: eine Kombidüse, ein Kantensauger und ein Staubpinsel. Die Kombibürste eignet sich für Teppiche und Hartböden und kann durch ein Klick auf die Taste mechanisch (Heben/Senken der Haare) verstellt werden. Die milchige Plastik dient dazu, dass der Nutzer sieht, wann die Bürste verstopft ist (z.B. mit Haaren). Die Kantenbürste hat Gummi auf der Oberseite, um Kratzer zu vermeiden. Der Staubpinsel eignet sich zum Absaugen von Möbeln.
Die entscheidenden Gelenke sollen aus Metall gefertigt sein, damit sie lange der Benutzung standhalten. Beim Staubsauger ist es schwierig auf Kunststoffe zu verzichten. Die äußere Hülle des Staubsaugers wäre im Idealfall aus biologischem Plastik. Die Haare der Bürsten sollen aus Pflanzenfasern bestehen sowie austauschbar sein.
Finaler Wagen
Der finale Wagen besteht ebenfalls aus Fichtenholz und funktioniert beidseitig. Die Vorderseite wird von zwei Rolladen-Türen, die in einer Schiene verankert sind, verdeckt. Sie können auf die Rückseite geschoben werden, um an den Innenraum zu gelangen. Dort sind mehrere Bretter befestigt, auf denen man diverse Dinge, wie den Staubsauger aufbewahren kann.
Auf der Oberseite sind Urushi-Boxen (japanische Lackarbeit) aufgereiht, die Platz für Schwämme und Lappen bieten. Japansiches Design ist sehr stark von traditionellem Handwerk geprägt, was neu interpretiert wird. Aus diesem grund habe ich mich entschieden, dieses Element in den Entwurf mit einzubauen. der Urushi-Lack ist wasserfest, säurebeständig und leicht zu reinigen. Daher sind die Boxen auch für meine Zwecke geeignet. Des Weiteren gibt es ein Loch, das bis zur Unterseite des Trolleys reicht, was als Aufbewahrung für die Teleskopstange dient. Die schmale Reling verhindert das Herunterfallen der Objekte auch beim Fahren des Wagens. Der Griff ist aus pulverbeschichteten Metall und kann zum ziehen und schieben des Trolleys genutzt werden.
Die Rückseite kann in Richtung Wand gestellt werden und bietet Platz für Reinigungsmittel. Außerdem befindet sich der schmale Wischeimer auf der Rückseite sowie eine Möglichkeit, die Putzlappen aufzuhängen und zu trocknen. Das Wasser wird in einer kleinen Metallschale aufgefangen und kann weggegossen werden. Der Eimer und die Schale werden durch einen Magnet an der Bodenplatte befestigt.
ZUR ANIMATION GEHTS HIER:
Die Formen habe ich alle aus Paulownia Holz gefräst, weil ich eine helle Holzoptik haben wollte. Der Entwurf soll eigentlich aus Fichte/Tanne als deutsche Holzart gefertigt sein. Die Sohlen für das Einziehen der Borsten waren eine echte Herausforderung. Mein Besen sollte mit einer unkonventionellen Größe im Haushalt eingesetzt werden und hat um die 300 Löcher. Da wir keinen konischen Fräser auftreiben konnten, dauerte der Fräsprozess mit einem 2mm-Fräser an die 3 Stunden. Leider ist mir der Besen beim Schleifen am Bandschleifer kurz vor der Abschlusspräsentation gerissen.
Für den Abzieher habe ich Rundholz im Baumarkt besorgt und die Stücke verdübelt. Der Spalt für die Abziehkante war sehr mühsam zu sägen, da man durch die runde Form immer wieder abgerutscht ist. schlussendlich habe ich den Spalt angesägt und mit dem Drehmel ca. 3 Stunden den Spalt tiefer und breiter geschliffen. Die Kante habe ich aus einem echten Abzieher entnommen.
Die Woche vor der Präsentation hatten wir die Möglichkeit, in der Blindenwerkstatt, Bürstenmanufaktur Berlin zu arbeiten. Dank der Hilfe des freundlichen Personals habe ich den Handfeger mit Fibre selbst hergestellt. Der Besen mit den gröberen Arenga (alles Pflanzenfasern) Borsten habe ich nur die ersten Reihen alleine geschafft. Hier geht nochmal großer Dank an Sabrin und Daria raus, die mir die Borsten fertig eingezogen haben.
Die Schippe habe ich selbst mit 0,5mm Aluminium hergestellt. Vorher habe ich mir ein Faltmuster aus Papier erstellt. Leider ließ sich das Material nicht mit dem Cutter sondern nur mit der Schere schneiden, was viel Kraft gebraucht hat.
Den Lappen für den Mop habe ich aus einem natürlichen Baumwolltuch genäht. Dazu habe ich es doppelt genommen und den Rand zum Schluss gesichert. Die Gummis habe ich zum Schluss angenäht.
Für den Metallstab habe ich mit Holzfilament zwei Griffe 3D-gedruckt, die die Funktion des Zusammenschiebens andeuten sollen.
Der Wagen ist als kleines Modell entstanden. Alle Teile sind 3D-gedruckt und mit Modellbaukleber zusammengeklebt. Die Front besteht aus Holzstäbchen, die ich zugeschnitten habe.
Für eine bessere Qualität des Videos, geht einfach auf meine Website.
Die Bürste eignet sich für den Abwasch, kann aber auch für Fußböden etc. genutzt werden.
Der Abzieher liegt durch das Holz angenehm in der Hand.
Der Lappen des Wischmops kann ausgetauscht und gewaschen werden. Er besteht aus Baumwolle.
Der Handfeger passt genau in die dazugehörige Schaufel.
Der Besen ist schmaler und tiefer als handelsübliche Modelle und ist so gut für groben Schmutz im Haushalt geeignet.
Modell vom Putzwagen, Maßstab 1:10
Portrait mit den Modellen
Die Produkte sind größtenteils kunststoffrei und basieren auf natürlichen Materialien. Die verwendete Fichte wird in Deutschland angebaut und kommt idealerweise aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Vollholz kann einmal recycelt werden zu Pellets oder Pressholz. Versiegelt wird das Holz mit unterschiedlichen wasserbasierten Lacken (wie z.B. Leinenöl), um vor der Feuchtigkeit geschützt zu sein sowie eine lange Haltbarkeit zu gewährleisten. Diese soll auch durch die klare minimalistische Formsprache angestrebt werden: Das Produkt hält lange durch Qualität in der Herstellung sowie in der Gestaltung.
Bei den Bürsten und Besen kann die Sohle immer wieder erneuert werden. Das bedeutet, dass diese sowie andere Ersatzteile immer nachkaufbar sein müssen. Der Staubsauger besteht aus recycelter Bio-Plastik.
Das komplette Putzset beschränkt im besten Fall den Nutzer auf die essentiellen Geräte, weshalb der Konsum von neuen Putzwerkzeugen nur im begrenzten Maß möglich ist. Durch die Sammlung aller Gegenstände an einem Ort ist schnell ersichtlich, was noch erworben werden muss. Das verhindert das Anhäufen von unnötigen Konsumgütern. Des Weiteren kann der Wagen hoffentlich auch weiter vererbt werden.
Für die Verpackung habe ich mir ein Logo ausgedacht, was die japanischen Schriftzeichen für „sōji“ enthält. Die neuer Variante ist im Animationsvideo auf meiner Website zu sehen: https://www.jasminkappler.com/soji
Auch die Verpackung soll aus möglichst nachhaltigen Materialien bestehen.
Gesamtkonzept
Szenerie