Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

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KiezTurm

»Der Kurs »Smart Citizens / Citizen Science« beschäftigte sich mit der Entwicklung von Werkzeugen zur Befähigung zur Teilhabe am Beispiel der Quartiersentwicklung in Moabit. Ziel war es durch neue Anwendungen den Bürger_Innen die Chance zur Teilhabe an der Entwicklung Ihres eigenen Lebensraumes zu geben. In Kooperation mit dem Quartiersmanagement Moabit versuchten wir Anwendungen und Interventionen für den sich im Wandel befindenden Bezirk zu entwickeln. Das Seminar wurde in Kooperation mit dem CHORA city&energy Lab der TU Berlin durchgeführt.«

01 | Fragestellung

Der Ortsteil Moabit im Bezirk Mitte wurde kürzlich zum »Smart Sustainable District« ernannt und erhält seitdem die Aufmerksamkeit verschiedenster Projektpartner zum Thema Energieeffizenz, Nachhaltigkeit und Lebensqualität.

[Smart Sustainable District Moabit](http://ssd-moabit.org/ „Smart Sustainable District Moabit“)

Wir fanden es spannend am konkreten Beispiel von Moabit soziale Verhältnisse, Dynamiken und deren Transformation zu erforschen. Die ersten Fragen die sich uns stellten waren: Was macht Moabit und seine Bewohner besonders? Welche Probleme bestehen im Ortsteil und was sind mögliche Lösungsansätze? Was für bestehende Initiativen gibt es bereits und welche Wirkung haben diese? Wir mussten Moabit also zuerst einmal kennen lernen, bevor wir uns Gedanken machen konnten, wie man es verändert.

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02 | Recherche

Mithilfe von verschiedenen Datensätzen und Statistiken recherchierten wir im Kurs die Besonderheiten von Moabit. Der Ortsteil liegt äußerst zentral in Berlin und ist auf allen Seiten von Wasserstraßen umgeben. Moabit weist eine dichte, gemischte Bebauung, eine hohe Bevölkerungsdichte sowie ein Fehlen von Freiflächen auf. Bei den Einwohnern des Ortsteils gibt es eine hohe kulturelle Diversität, allerdings auch eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote.

In einem gemeinsamen Brainstorming analysierten wir unsere Funde und identifizierten verschiedene Stakeholder innerhalb des Ortsteils, sowie potentielle Ansatzpunkte für Veränderungen.

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Da es in Moabit bereits einige Initiativen zur Veränderung des Sozialraumes gibt recherchierten wir die Wichtigsten von ihnen und fassten sie in einer Karte zusammen:

[Moabit - Points of Interest](https://www.google.com/maps/d/edit?mid=1rulDBEz70BC9cMSGw4H2ouTgD20 „Moabit - Points of Interest“)

Die Karte erfasst zudem staatliche Einrichtungen, wie Jugendclubs und Schulen, welche starken Einfluss auf den umliegenden Sozialraum nehmen.

Wichtige Initiativen unter diesen sind:

  • Quartiersmanagement Das Quartiersmanagement soll den Stadtteil stabilisieren und negative Folgen von gesellschaftlicher Benachteiligung abmildern oder kompensieren. Sie unterstützen und organisieren Angebote und Initiativen auch zur Selbsthilfe und setzen Entwicklungskonzepte um.

  • Bürgergarten Ein gemeinschaftlicher, interkultureller Garten der auch Spielflächen für Kinder bietet. Die Parzellen werden an Gruppen verteilt und dürfen von diesen nach eigenen Ideen gestaltet werden.

  • ZKU Das Zentrum für Kunst und Urbanistik bietet Atelierwohnungen für Künstler, Stadtforscher und Aktive sowie große Räume für Ausstellungen, Projekte, Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen.

  • Kiezmütter Eine Initiative welche Mütter mit Migrationshintergrund bei der Integration unterstützt und über vorhandene Bildungs-, Beratungs- und Freizeitangebote informiert.

  • Moabit-Hilft Flüchtlingen in Moabit wird mit materiellen, sozialen sowie alltagspraktischen Hilfeleistungen zur Seite gestanden. Zudem werden die Bewohner informiert und in Hilfsprojekte eingebunden um eventuelle Vorurteile und Ängste abzubauen. Die Vernetzung lokaler Institutionen mit Ehrenamtlichen für die Flüchtlingshilfe ist eines der relevantesten Arbeitsfelder dieser Initiative.

Nun da wir Moabit aus der Vogelperspektive erfasst hatten, wollten wir stärker ins Detail gehen und die Bewohner des Ortsteils selbst, mittels Interviews, zu Wort kommen lassen. Innerhalb des Kurses erarbeiteten wir gemeinschaftlich einige grundlegende Fragen, welche jede Gruppe mit eigenen Fragestellungen ergänzte. Mit den Fragebögen waren wir in kleinen Gruppen direkt in Berlin-Moabit unterwegs und sammelten viele interessante Aussagen von den Anwohnern.

Bei der Evaluation unserer Ergebnisse fielen uns folgende Schwerpunkte auf:

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Während unserer Zeit in Moabit hatten wir das Gefühl, dass hier gerade ein Transformationsprozess im Gange ist. Es gibt einige erfolgreiche oder vielversprechende Initiativen und viele engagierte junge, wie auch ältere Menschen. Moabit leidet zwar an Problemen wie schmutzigen Straßen und einer hohen Kriminalitätsrate, hat aber mit günstigen Mieten und seiner diversen Bewohnerschaft viel Potential zur sozialräumlichen Veränderung.

03 | Vorgehen

Mit den Erkenntnissen aus unserer quantitativen (Datensätze, Statistiken) und der qualitativen (Interviews) Recherche erzeugten wir drei verschiedene Personas, welche alle den selben Ansatzpunkt für verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten haben.

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Mithilfe der Personas und unserer Recherche spielten wir mit verschiedenen Ansätzen, konzentrierten uns aber dann schnell auf das Problem des schwindenden Nachbarschaftlichen Zusammenhalts. Die hohe Diversität der Bevölkerung (Alter, Bildung, Kultur) in Moabit birgt zwar viel Potential, erzeugt aber auch Kommunikationsschwierigkeiten. Feste, Veranstaltungen oder Orte wie das ZKU bringen Menschen zusammen, die im Alltag wahrscheinlich nicht ins Gespräch kommen würden. An diesem Punkt wollen wir ansetzen und eine Intervention schaffen, welche das nachbarschaftliche Miteinander in Moabits Kiezen stärkt.

Nach einigen Gedankenexperimenten kamen wir auf die Idee innerhalb der Kieze eine physische Intervention zu schaffen, welche als Kommunikationsknotenpunkt fungiert. Die Intervention sollte zugänglich und leicht verständlich sein, sowie gleichzeitig das Straßenbild freundlicher gestalten.

Wir entschieden uns bewusst gegen ein digitales Konzept, da diese nicht für alle Bevölkerungsgruppen gleich zugänglich sind. Ältere Menschen, aber auch Kinder bleiben bei der Nutzung digitaler Medien oft außen vor. Zudem geht es uns darum, die Menschen in ihrer direkten Umgebung näher zueinander zu bringen, eine Verlagerung von Inhalten und Kommunikation ins Web ist da eher kontraproduktiv.

04 | Ergebnis

Der kiezTurm ist ein Knotenpunkt für den Kiez. Auf dem Bürgersteig stehend, macht er mit satt grüner Bepflanzung und natürlichen Materialien auf sich aufmerksam. „Hallo, hier bin ich – kümmert Euch um mich!“ scheint er zu sagen.

Der kiezTurm ist wandelbar und passt sich den Bedürfnissen seiner Nutzer an. Er ist nicht nur hängender Garten sondern auch Infopunkt, Pinnwand, Flaschensammelstelle, Leihbibliothek oder auch Kunstgalerie. Hier kann man sich mit Nachbarn treffen, entspannen, gärtnern, Aushänge anpinnen, Nachrichten schreiben, Pfand verschenken oder sich verewigen.

Mit minimalem Interesse und Engagement, wie dem Gießen der Pflanzen oder dem Anpinnen einer Nachricht wird man Teil des Projektes. Die Nachbarschafft kümmert sich gemeinsam um den kiezTurm, übernimmt Verantwortung und schafft ein „Wir-Gefühl“ als ersten Schritt auf dem Weg zu einer lebendigen Gemeinschaft.

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Der kiezTurm soll einen Treffpunkt in der direkten Nachbarschaft entstehen lassen und durch gemeinsame Nutzung ein Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen. Die verschiedenen Module bedienen unterschiedliche Bedürfnisse der Nutzer und können auf die Umgebung angepasst werden. Wichtig sind vor allem Flächen zum anbringen von Neuigkeiten, Aushängen und Anzeigen, um die Kommunikation innerhalb der Nachbarschaft zu stärken. Eine Kiezkarte mit Pins kann genutzt werden, um besondere Orte, Veranstaltungen oder Problemstellen zu kommunizieren. Mithilfe seines invertierten Daches kann der KiezTurm bis zu 120L Regenwasser pro Monat sammeln und sorgt, je nach Bepflanzung, im Idealfall für ausreichend Gießwasser.

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05 | Fazit

Die intensive Beschäftigung mit Moabit als sozialem Raum und seinen Daten, Einwohnern und Besonderheiten war äußerst spannend. Der Kurs gab uns die Möglichkeit direkten Kontakt zu unserer „Plattform“ und Zielgruppe aufzunehmen, zu erforschen und Feedback einzuholen. Durch die Veranstaltungen vor Ort und die geführten Interviews haben wir äußerst unterschiedliche Einsichten in das Leben vor Ort erhalten können und somit die richtigen Ansatzpunkte für unser Projekt finden können.

Der kiezTurm ist hierbei durchaus auch als Experiment zu betrachten. Es ist schwer abzusehen wie die Bewohner des Kiez auf den Turm reagieren und ob sie ihn überhaupt in Ihren Alltag einbinden würden. Vandalismus ist hierbei eine reelle Gefahr für das gelingen der Intervention. Die Nutzung und der Zustand des Turmes spiegeln dabei auf die ein oder andere Weise die Stimmung/Atmosphäre im Kiez wieder.

Der kiezTurm als Intervention hat beinahe ausschließlich positives Feedback und Interesse erzeugt. Ungeklärt sind weiterhin rechtliche Fragen, die das Aufstellen im öffentlichen Raum mit sich bringen. Leider haben wir es bisher nicht geschafft einen Prototypen zu bauen und diesen unter realen Bedingungen zu testen.

06 | Ausblick

Gern würden wir einen Prototypen des kiezTurms bauen an einem Ort wo er auch tatsächlich der Öffentlichkeit zugänglich ist. Leider gestalten sich die meisten Orte in Moabit aufgrund rechtlicher Bestimmungen als eher schwierig. Eine Möglichkeit wäre es das Konzept auf dem Campus der FHP zu testen, obwohl hier natürlich ganz andere soziale Dynamiken herrschen und wir eine gänzlich andere Zielgruppe vorfinden.

Sollte es einen vielversprechenden Testlauf geben, würden wir eine Bauanleitung für den Turm veröffentlichen und hoffen, dass andere dieses Konzept aufgreifen und weiterführen.

Fachgruppe

Interfacedesign

Art des Projekts

Studienarbeit im zweiten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Dr. Sebastian Meier foto: NK

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2016

Keywords