Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

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Designing Presence

In den letzten zwei Jahren veröffentlichte die Firma Oculus VR zwei Prototypen ihres head-mounted displays (HMD) Oculus Rift. Durch die technische Entwicklung der letzten Jahre sind diese HMDs mittlerweile auf einem Stand, der die ernsthafte Auseinandersetzung mit ihnen rechtfertigt.

Meine Bachelorarbeit beschäftigt sich mit den gestalterischen Möglichkeiten der HMDs und erschließt zentrale Begriffe, die den aktuellen Diskurs um diese Technik bestimmen. Die sogenannte Presence, das Gefühl „in einer virtuellen Welt anwesend zu sein“, spielt in der Berichterstattung um die HMDs eine große Rolle, aber über dessen Definition und Zustandekommen herrscht Uneinigkeit.

Mit meiner Arbeit versuche ich mich einer Definition von Presence anzunähern und die gestalterischen Besonderheiten im Umgang mit den head-mounted displays herauszuarbeiten.

Praktische Arbeit

Mit meiner praktischen Arbeit gehe ich auf das Erleben des eigenen Körpers in der Oculus Rift ein. Um im großen Umfang des Themas eine klare Aufgabenstellung zu finden, versuchte ich zunächst in mehreren kleinen Experimenten starke körperliche Erlebnisse und damit zusammenhängende Phänomene in der Rift zu finden. Die Ergebnisse dieser Experimente sollten dann in einer zusammenhängenden Installation erlebbar gemacht werden. Das physikalische Zentrum der Installation bildet eine Schaukel, deren Bewegung auf die virtuelle Welt übertragen wird. Beim Schaukeln werden Beschleunigung und Gravitation erfahrbar und trotzdem bleibt der User an einem Ort, was den Einsatz der Oculus Rift auf ihr möglich macht.

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Konzept der Installation

Damit ist die Schaukelbewegung die zentrale Geste meiner Installation. Über ihren Rhythmus und ihre Bewegungsenergie ist der User mit der virtuellen Welt verbunden. Als zweite Interaktionsmöglichkeit bietet sich die Blickrichtung des Users an, da diese schon zuverlässig von der Rift erfasst wird. Durch die gedachte Verlängerung des Blickes in den virtuellen Raum, wird dem User die Möglichkeit eröffnet, mit weiter entfernten Objekten zu interagieren.

Auf dieser Grundlage entwickelte ich mehrere einzelne experimentelle Situationen, in denen jeweils Aspekte dieser Arbeit aufgegriffen und thematisiert werden. Jedes Experiment ist unter einem Schlagwort entstanden, welches das dort behandelte zentrale Motiv wiederspiegelt. Die Installation begleitet ein konzeptioneller Bogen, der vom Erleben des Körpers in der realen Welt, über das erleben virtueller Körper, hin zum Wahrnehmen des eigenen Körpers als virtuelle Anwesenheit führt.

Experiment 1: Bewegung

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Um dem User einen Einstieg in die Installation sowie eine Gewöhnung an die Situation zu ermöglichen, greift das erste Experiment nur die Bewegung der Schaukel auf. Die gezeigte Szene ist zunächst dunkel. Dem Benutzer wird die Möglichkeit gegeben, aus eigenen Stücken mit dem schaukeln anzufangen. Wird damit begonnen, fängt vor dem User eine Kugel an zu leuchten. Das Leuchten richtet sich dabei nach dem Schwung der Schaukel. Auf jedem Scheitelpunkt des Schwunges scheint sie mit Energie aufgeladen zu werden und heller zu leuchten, auf jedem Höhepunkt dagegen geht das Leuchten wieder ein wenig zurück. Die Bilanz bleibt dabei positiv und die Sphäre wird insgesamt heller. Dem User wird es ermöglicht, die Effekte der eigenen Bewegung zu beobachten und sich an das Gefühl des virtuellen Schaukelns zu gewöhnen.

Experiment 2: Kreation

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Im zweiten Experiment wird die leuchtende Kugel als Element erneut aufgenommen und nun belebt. Sie folgt dem Blick des Betrachters und wandert dorthin, wo sein Blick den Boden trifft. Die Kugel wird damit eine Erweiterung für den an die Schaukel gebundenen User. Mit ihr kann dieser die um ihn liegende Welt erkunden.

Die Bewegung der Schaukel wird an diesem Punkt zu einer transformativen Kraft. Mit jedem Schwung verformt sich die virtuelle Welt an der Stelle, an der sich die Kugel in dem Moment befindet. Im Aufschwung werden Berge aus dem Boden gezogen und im Abschwung Täler in sie ihn eingedrückt. Dem User wird so Kontrolle und Teilhabe an der ihn umgebenen Welt gegeben.

Mit der immer stärkeren Verformung des Bodens verändert sich dessen Charakter von einer Fläche hin zu einer Landschaft und schließlich zu einem Körper im Raum.

Experiment 3: Weite

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Das folgende Experiment stellt einen Kontrast zur intensiven Interaktion des zweiten Experiments dar. Der User schwebt frei im Raum. Die Interaktion ist wieder auf den Schaukelschwung reduziert und lässt den User durch die Simulation gleiten. Es kann an dieser Stelle frei mit der Situation gespielt werden. Wenn die Schaukel gestoppt wird, findet auch keine Fahrt mehr statt. Wird der Takt des Schaukelns erhöht, geht auch die Bewegung schneller vonstatten. Das Gefühl der Weite wird von einer sichtbaren Struktur unterstützt, die sich in verschiedenen Konfigurationen um den User bewegt.

Experiment 4: Enge

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Nach der Erfahrung von Ausdehnung wird im vierten Experiment Enge thematisiert. Um den User befinden sich Blöcke in verschiedenen Größen, die sich mit jedem Schaukelschwung bewegen. Durch die Blickrichtung des Users bestimmt, formen sie immer wieder unterschiedliche Räume, in dem die Blöcke sich zusammenschließen oder auseinander streben. Dabei entstehen immer wieder neue Blickachsen und Raum-Körper Bezüge.

Experiment 5: Körper

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Im letzten Experiment ist die virtuelle Welt auf die reine Anwesenheit von Licht reduziert. Nur in einem randlosen Bild vermag das nursichtbare Bildobjekt zu einem Ganzfeld zu werden. Angelehnt an die Arbeiten von James Turrell, umschließen den User Farbflächen, die eine körperliche Ausdehnung zu haben scheinen. Mit ihnen gelingt es, das Gefühl zu vermitteln, mit dem eigenen Körper die virtuelle Welt zu berühren. Die zu Anfang eingeführte Metapher der Energie wird hier wieder aufgegriffen. Das Schaukeln verändert gedacht die Lichtenergie und verursacht den Wechsel der Lichtfarbe und Intensität.