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Bautz'ner selbstbewusst machen | Redesign

Bautz'ner selbstbewusst machen | Redesign

Innerhalb des Entwurfs-Kurses „At Work! Grundlagen für Brand-Identity und Campaigning“ brachte Matthias Beyrow uns Entwurfsgrundlagen im Rahmen Identität und Zeichen näher. Primäre Themen waren hier die Konzeption visueller Markenzeichen, die Gestaltung familienähnlicher grafischer Systeme und die Entwicklung werblicher Ansprachestrategien. Wichtige Essenzen des Inputs sollten dann innerhalb der Entwicklung eines eigenen fiktiven Redesigns, zu einem vorgegebenen Arbeitsmarkt-nahen und realistischen Produkt, Anwendung finden. Damit, dass mein erstes Redesign sich ausgerechnet SENF widmen würde, hätt ich zwar zuvor niemals kalkuliert, aber da ist er - ein selbstbewusster Bautz'ner:

Bautz'ners aktuelles Design - Marktführer oder Peoplepleaser?

Bautz'ner setzt sich schon seit 1866 durch und ist heute deutschlandweiter Marktführer in unseren Senf-Regalen. Er punktet beim Einkauf vieler, durch Nostalgie und Tradition. - Stand schließlich schon beim Papa und beim Opa im Kühlschrank. Der Blaue eben.

Sein Erfolg spiegelt sich in seinem Design jedoch eher wenig wieder.

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Bautzner Doku 1_Zeichenfläche 1.jpgBautzner Doku 1_Zeichenfläche 1.jpg

Bautz'ner sieht nicht aus wie der Marktführer zu dem er sich hochgearbeitet hat.

Wenn ich mich etwas weiter aus dem Fenster lehne, finden sich sogar Parallelen zu den Beschreibungen, die man erhält, wenn man den Begriff des 'Peoplepleasers' googelt. 

Wiederkehrende genannte Hauptmerkmale eines Peoplepleasers seien, die Neigung sich zu verbiegen - was der rote, sonst eher brave, Schriftzug des Logos wortwörtlich tut. Gestützt von einer Linie die ihn trägt. - und es allen recht machen zu wollen - durch 3 verschiedene Typos die nicht richtig zusammenarbeiten, scheint es, als würde das Design möglichst vielen verschiedenen Geschmäckern imponieren wollen.

Das aktuelle Design wirkt unentschlossen und nicht wie ein Marktführer.

Dennoch will ich für ein erfolgreiches Redesign auch nicht aus den Augen verlieren, was das aktuelle Design kann, um seine Stärken auch im neuen Design für Bautz'ner zu nutzen! 

Das Farbschema hat sich eindeutig durchgesetzt. Als ich meiner Mitbewohnerin erzählte, dass ich in der Uni gerade Bautz'ner redesigne, fragte sie 

„Der Blaue, stimmts?“ .

Der Blaue Senf mit dem roten Logo ist ein Erkennungsmerkmal, dessen jahrealte Konditionierung wir nicht in die Tonne schmeißen sollten. 

Zudem hat das aktuelle Design etwas nahbares. Eine Art sympathische Verspieltheit die auch sehr gelungen die Preisklasse signalisiert. 

- Zwei Erfolge des Aktuellen Designs, die ich auch in dem neuen Design für die Marke nutzen will. Wir wollen ihm aber mit dem neuen Design ein selbstbewussteres Auftreten schenken.

Ein selbstbewusster Bautz'ner

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Bautzner Doku1_Zeichenfläche 1-15.jpgBautzner Doku1_Zeichenfläche 1-15.jpg
Bautzner Doku1_Zeichenfläche 1-16.jpgBautzner Doku1_Zeichenfläche 1-16.jpg

Das neue Design soll dir nicht mehr erzählen, dass es Senf ist. Es geht darum,  dass es Bautz'ner Senf ist.

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Da so ein großer dicker Schriftzug seine Wirkung ziemlich schnell wieder verliert, wenn man ihn auf eine kleine Verpackung quetschen muss, entwickelte sich aus diesem ursprünglichen Problem schnell eine weitere Idee, die man im Supermarkt nicht oft sieht und das Design noch selbstsicherer gestalten wird:

Ein so großes Logo, dass du den Bautz'ner in die Hand nehmen und drehen musst, um es vollständig lesen zu können.

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Auf diese Weise schenkt das Design der Marke gleich auf zweifacher Ebene eine noch selbstbewusstere Ausstrahlung:

Zum einen sagt dieser Senf : „Du weißt genau wer ich bin“. Er vertraut darauf, dass die Leute wissen, der blaue Senf, mit roter Schrift, ist der Bautz'ner. Ein altbekannter und beliebter Klassiker kann es sich erlauben, sich von der Abhängigkeit der üblichen lesbaren Verpackungsnorm zu lösen, ohne zu riskieren nicht mehr erkannt zu werden - Er sagt „Danke für meine treuen Kunden“.

Und bei den Übrigen, die ihn wiederum wirklich nicht kennen, weckt es gleichzeitig Neugier. Es ist selten, dass man das Logo erst 'entdecken' muss - der Spieltrieb einiger potenzieller neuer Kunden, die nun herausfinden wollen, was  auf dem Becher steht, wird geweckt. Erstmal in der Hand, ist der Weg in den Einkaufswagen nur noch halb so lang.

- Sozusagen

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Sortendifferenzierung

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Da ich der Meinung bin, dass die aktuelle Farb-Strategie der Sortendifferenzierung von Bautz'ner gut funktioniert, habe ich das Grundprinzip lediglich unter Änderungen von Feinheiten, auf das neue Design übertragen. 

Auch hier macht es meiner Meinung nach Sinn, die bereits konditionierte Farberkennung der Kunden zu beachten. Rot und Orange werden in der Lebensmittel-Industrie in erster Linie mit starker Würze und Schärfe assoziiert. Das können wir auf dem Senf-Markt auch bei der Konkurrenz beobachten. Gelb ruft hingegen tendenziell eher eine Assoziation von Süße hervor. Mir fiele also kein Grund ein, sich neuer Farben zu bedienen, an die der Kunde sich (als menschliches Gewohnheitstier) erst umgewöhnen müsste. 

Da das neue Design aber etwas aufgeräumter und dadurch entschlossener wirken soll, nehme ich die Buntheit etwas aus dem Konzept. Das neue Design bedient sich schließlich noch stärker an seinen identitären Farben. Es spielt damit, dass Bautz'ner 'der Blaue', mit dem roten Logo ist und dass man das mit einem Blick sieht. Demnach sollten zum Einen, für eine einheitliche familiäre Erkennung, auch die Sorten „Scharf“ und „Pikant-Süß“ mit dem Bautz'ner-Blau gekennzeichnet sein. Nur so bleibt Bautz'ner, unabhängig von der Sorte, 'der Blaue'. 

Zum Anderen enthält der originale mittelscharfe Bautz'ner alle Farben die wir für die Sortendifferenzierung brauchen. Statt neue Farbtöne hinzuzuziehen, bedient sich die neue Sortenkennzeichnung an den bestehenden Farben des originalen Bautz'ners. Dadurch wird das Design konsequenter und die familiäre Erkennbarkeit nimmt zu.

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Bandrole scharf.jpgBandrole scharf.jpg

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Statt also die gesamte ursprünglich Blaue Fläche Rot/Gelb einzufärben, wird die farbliche Sortenkennzeichnung nun lediglich über die Deckel und einen verbindenden Strich zwischen der Logo-Fläche und der „Senf“-Fläche kommuniziert. Zum Nachlesen wird die Sorte, in der jeweiligen Farbe und somit als schnell erkennbare Farb-Definition, mit ins Logo eingebaut.

Durch den hier menschlichen handschriftlichen Schriftzug wird die bereits angesprochene nahbare und sympathische Ausstrahlung, in dem nun sonst wesentlich entschlosseneren und einheitlicheren Design, beibehalten.

Bautzner Präsentation-06.jpgBautzner Präsentation-06.jpg

Eine weitere mögliche Idee - verknüpft mit der Frage des Budgets - wäre es, das Design-Konzept auf Aufkleber auf den Deckeln auszuweiten.

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Das finale Sortiment in seinem neuen Redesign:

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Bauzner Produktreihe final.jpgBauzner Produktreihe final.jpg

Reflexion und persönliches Fazit

Ich gebe zu - ich musste erst warm werden mit dem Gedanken, mich ein ganzes Semester lang intensiv mit Senf zu beschäftigen - den ich ja nicht mal esse.

In der ersten Brainstorm-Phase versuchte ich mich geschickt um diesen  unerwarteten Verlauf des - für mich sonst bisher sehr interessanten Kurses - herum zu planen und fragte Matthias Beyrow wie frei wir denn in dem Redesign wären und ob beispielsweise ein Rosa Glitzer-Bautzner eine Grenze erreichen würde.

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Er antwortete, dass er zumindest darauf hinweisen will, dass dieser Kurs und eine Aufgabe wie diese unsere Chance sei, Einblick in die realitätsnahe Arbeitswelt zu erlangen. Aus dieser Perspektive sammelte ich Motivation für den Gedanken, dass wenn ich mich einer realistischen Aufgabe - die erstmal Widerstand in mir auslöst - so widme, dass ich das Ergebnis am Ende Bautz’ner auch wirklich aus Überzeugung so vorstellen würde, ich in meiner Designkompetenz am meisten aus diesem Kurs für mich mitnehmen und daran weiter wachsen dürfte.

Diese Motivation wurde mit dem Liefer-Stau meines Computers erstmal auf die Probe gestellt und es folgten Berge an Handgezeichneten Skizzen, während meine Kurs-Kommilitonen bereits die ersten digitalen Packshot-Animationen präsentierten.

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Skizze Sortiment 2.jpgSkizze Sortiment 2.jpg

Das warten auf meinen Computer zögerte sich soweit hinaus, dass ich am Ende zwei Wochen vor der Abschlusspräsentation erst beginnen konnte, meine Skizzen digital umzusetzen - mit Adobe-Programmen die ich noch nie zuvor genutzt hatte, auf meinem allerersten Macbook. Als ich googeln musste, wie man einen Ordner auf einem Mac anlegt, schwante mir, die Nächte würden kurz werden. 

Aber unter all diesen Umständen, bin ich nun auch umso stolzer auf meine finalen Ergebnisse. Ich habe in ziemlich kurzer Zeit durch dieses Projekt meine ersten Kenntnisse zu Adobe Illustrator gesammelt und meinen ersten Packshot erstellt. 

Die Zwischenpräsentationen und das regelmäßige Feedback waren außerdem eine wertvolle Übung, sich in die Präsentation vor einem potenziellen Kunden hineinzuversetzen, Ausdruck und Formulierung meiner Beschreibungen von Design-Prozessen und Gestalterischen Entscheidungen zu reflektieren und das angenehm konkrete Feedback anzunehmen und umzusetzen. 

Dennoch muss ich auch ehrlich sagen, dass mir während des Projekts auch aufgefallen ist, dass es mir häufig schwer fiel, mich für das Design und Branding eines Produkts aus der Lebensmittelbrange und für Gestaltung im Kapitalismusnahen Arbeitsmarkt zu begeistern und zu motivieren. Vielleicht ist der Einwand von Matthias Beyrow, dass mindestens 80% der Design-Studenten in diesem Feld arbeiten werden und der, von Woche zu Woche beobachtbare, Kontrast, zum Bilderbuch-Kurs bei Sven Völker, der eine so kleine Design-Nische zu repräsentieren schien, sogar einer der größten Erkenntnisse, die ich aus diesem Kurs und meinem ersten Semester mitnehme. Ich finde die stärkste Motivation und Inspiration für Gestaltung und erbringe auch stärkere umfangreichere Leistung, wenn  mein Design sich einer psychologischen, politischen und/oder gesellschaftlichen Auseinandersetzung widmet, die ich als wichtig erachte und der ich durch Gestaltungsfragen mehr Gehör und Aufmerksamkeit verschaffen kann. Ich habe beobachtet, dass mir auf dieser Aspekt auf Dauer gefehlt hat, um meine Motivation aufrecht zu erhalten, über einen längeren Zeitraum intensiv an einem Projekt zu arbeiten.

Dennoch bin ich sehr dankbar, für den sehr umfangreichen Einblick in die Welt des Brandings, Packagings und dessen Redesigns und würde sagen, ich nehme eine Menge neues Wissen mit, das mich heute mit einem anderen Blick durch Supermärkte und Straßen laufen lässt.

Bevor das Studium begann, mochte ich den Gedanken, dass sich mit dem Verlauf des Studiums meine Wahrnehmung, wenn ich durch die Stadt laufe, verändern wird und das kann ich bereits nach diesem Kurs definitiv bestätigen.

Skizze vs. final Becher.jpgSkizze vs. final Becher.jpg
Skizze vs. final Tube.jpgSkizze vs. final Tube.jpg

Ein Projekt von

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

Art des Projekts

Keine Angabe

Betreuer_in

foto: Prof. Matthias Beyrow foto: Prof. Matthias Beyrow

Zugehöriger Workspace

At Work! Grundlagen für Brand-Identity und Campaigning

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2024 / 2025