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AURA_1989: GEGENWART WIRD VERGANGENHEIT

ERLAUBE DER GESCHICHTE MEHRDEUTIGKEIT

auferstanden aus ruinen, festgefahren in einer von außen (dem westen) aufgezwängten (selbst-)viktimisierung: der erfahrung einer gefühlten kolonisation folge die der selbstermächtigung, um sich der eigenen identität in abgrenzung zum restdeutschen zu vergewissern.

dieser auftakt in das thema dieser masterthesis wäre stark zugespitzt, provokant und in ihrer platten vereinfachung auch ein wenig boshaft und schlicht diffamierend. eine beobachtung der autorin und regisseurin grit lemke angesichts eines abends der versuchten innerdeutschen verständigung im bundeskanzleramt führt jedoch dorthin. [*]

halten wir inne und fangen wir nochmal an: ein neuartiger ansatz in einem bemühen um multiperspektivität aus der erkenntnis heraus, dass es nicht die eine ost-identität gibt. dass stattdessen versucht werden sollte, die vielfalt und komplexität dieser vermeintlichen ost-identitäten zu adressieren. eine person allein kann hierbei nie für ihre ganze generation sprechen oder als stellvertreter für ein vielzahl an erfahrungen, haltungen und perspektiven gelesen werden. was ist nach 35 jahren von dieser vermeintlichen ost-identität eigentlich geblieben? (vgl. oschmann, 2023) ist sie noch präsent? ist sie geschrumpft? hat sie sich niedergelegt, um nur im streitfall nochmal hervorgeholt zu werden wie im streit eines alternden ehepaares? zwei menschen sich ähnlich, doch auch nach 35 jahren nicht gleich … in dieser masterarbeit soll ausgehend von zeitzeugeninterviews (methoden der empirischen sozialforschung /oral history) ein versuch unternommen werden, die verengung des erinnerungskulturellen narrativs auf die ausschließlichkeit des begriffes der SED-diktatur zu weiten auf eine bandbreite zwischen den polen der maxima diktatur und aufbau des sozialismus. eine analyse beispielhafter projekte des erinnerns im stadtraum leitet über zu einem prototypen einer augmentierung rund um das marx-engels-forum in berlin-mitte, das in den stadtraum der ehemaligen sozialistischen zentrumsfläche ost-berlins erweitert wird, gleichsam diffundiert, und mittels eines gestalterischen transformationspunktes sich dem erinnern an sich widmen soll: der erinnerung an subjektive lebenswirklichkeiten in der ehemaligen DDR, manifestiert in einer dritten form des erzählens anhand der baulichen artefakte der ost-moderne im verständnis von stadt als gedächtnisraum.

mit dem aufkommen neuartiger, immersiver medien zeichnet sich eine veränderung der formate und paradigmen musealer vermittlung ab hin zu infotainment-angeboten. neue user- und zielgruppen erfordern / erwarten andere formen der vermittlung und narration auch komplexer historischer und erinnerungskultureller inhalte.

FORSCHUNGSFRAGE

• wie wird dieser ostdeutschen multiperspektivität des erinnerns gedacht?

die dieser arbeit zugrundeliegende forschungsfrage gliedert sich hierbei in zwei aspekte:

aspekt erinnerungskultur

im vordergrund steht einerseits ostdeutsche erinnerungskultur in ihren physisch-materiellen artefakten im urbanen raum, ihre zeitgenössische kommentierung durch augmentierung und somit der eingang in eine pluralistische gesamtdeutsche erinnerungskultur: von besonderem interesse sind hierbei ein festgestellter semiotischer shift (funke) der zeichenkontexte und ihrer konstruktionen durch die jeweiligen gesellschaftssysteme im stadtraum der ehemaligen sozialistischen zentrumsfläche. lesbar auch im umgang mit den architektonischen artefakten der sozialistischen ost-moderne: abriss, umnutzung, modernisierung bis zur unkenntlichkeit. außen zeitgenössisch, im kern jedoch SK-1968 (die normierte stahlskelettbauweise, in der zahlreiche DDR-sonderbauten ab 1968 erstellt wurden).

aspekt digitalkultur

in diesem designtheoretischen arbeitsfeld ist der paradigmenwechsel der wahrnehmungverschiebung des physikalischen objektes zum virtuellen item (digital fashion, NTF, bitcoin) als digitaler 3D-scan im kontext musealer vermittlung von relevanz und interesse, besonders im hinblick auf den topos der reliktauthentizität • wie wirken sich diese neuartigen konzepte auf objektrepräsentationen in AR aus? ist hier eine neuverhandlung tradierter musealer konzepte des authentischen nötig/möglich? hierbei kommen ebenso aspekte der verhandlung von wahrheit vs. wirklichkeiten zum tragen: augmentierte wirklichkeiten lassen sich als erzeugung und vermittlung von pluralen realitäten / realities verschiedener user / stake holder einer digital vernetzten stadtöffentlichkeit lesen. hierbei wird aufgrund vielfältiger erfahrungen und sichtweisen auch eine vielzahl von erinnerungskulturen angenommen. das medium augmented reality wird hierbei als eine subversive gestalterisch-künstlerische praxis der aneignung verstanden, die angelehnt an streetart/graffiti solche kommentationen als ausdruck eines oppositionellen gedächtnisses liest.

diese arbeit schreibt die 2023 vorgelegte bachelorthesis konstellation | expo_eu:reka | engels marx fort und führt einige der darin erarbeiteten konzepte der remediation/kompartimentierung/fragmentierung und der damit verbundenen frage der reliktauthentizität fort. in diesem zweiten teil sollte nun verstärkt auf die narrativen wirkmechanismen des erinnerns an sich und den damit verbundenen möglichen formen des erzählens in bezug auf augmented reality im öffentlichen raum unter einbindung von 3D-scanning eingegangen werden. entstanden ist keine arbeit über zielgruppengenaue geschichtsvermittlung im öffentlichen raum, die sich der augmentierung als methode der vermittlung bedient, sondern vielmehr liegt eine dokumentation eines intensiven inneren diskurses vor, der von den aktuellen ereignissen in politik und gesellschaft des jahres 2024 begleitet, beeinflusst und zugleich in feedbackschleifen eingeholt und auch behindert wurde: zu groß der aktualitätsbezug des topos’, zu wichtig ist es in seiner gesellschaftlich wirksamen relevanz als dies eine singulär studentische arbeit in seiner komplexität abbilden könnte. auch das akademische setting und umfang einer masterthesis im studiengang design erweisen sich als zu limitiert, um diesem thema gerecht werden zu können. denn wenn eine gesellschaft nach nunmehr 35 jahren keine in sich konsistenten antworten finden konnte, wie soll es ein einzelner leisten können, dessen metier auch kein geisteswissenschaftliches ist. hier bedürfte es eines multidisziplinären teams, um dies im ansatz befriedigend leisten zu können. design als wissenschaftsdisziplin besitzt hier eindeutige leitplanken und beschränkungen; es kann lediglich studentischer versuch, exploration und experiment bleiben, sich mit methoden des designs und der geisteswissenschaft collagenhaft dem thema zu nähern und es in hermeneutischen kreisen mittels dieser verschiedenen methoden zu umzirkeln.

im wie geplant schwerpunktmäßigen theoretischen teil dieser arbeit wird die herausbildung der seriellen plattenbauweise im rückgriff auf die funktionalistischen ansätze der klassischen moderne herausgearbeitet, das empirische material der zeitzeugeninterviews dient dem vertiefenden verständnis und einer annäherung an verschiedene nun historische erfahrungs- und lebenswelten in der DDR, auch des wohnens. im praktischen teil wird eine gestalterische synthese aus empirie und interpretation versucht, die sich auf den ausgangsort marx-engels-forum als bezugs- und kondensationspunkt der ehemaligen sozialistischen zentrumsfläche und ihrer in sie eingeschriebenen staatlichen repräsentations- und legitimationsansprüche bezieht. dieser teil ist jedoch nicht vordergründiger gegenstand dieser thesis.

die vorgelegte arbeit bleibt hinsichtlich des hoch angesetzten anspruches und der vielschichtigkeit der beabsichtigten fragestellung fragmentarisch. es bleibt jedoch durchaus festzustellen, das trotz des in der bachelorarbeits bereits stark bearbeiteten themenkomplexes innerhalb der formen des erzählens mittels des konzeptionellen dreiklang aus podcast (materialerschließung), narrativen video (das fiktive ost-berlin) und augmentierung (stelenwald der artefakte) ein innovativer moment und somit auch raum für neues entstehen konnte. auch erwies sich der starke architektur- / designhistorische fokus auf funktionalismus und serielle bauproduktion der DDR als solider anker für das stark subjektiv gefärbte material der zeitzeugeninterviews. es konnte eine verschränkung ästhetischer und politischer programme innerhalb dieser seriellen baukultur nachgewiesen werden.

① ABSTRACT (ENGLISH)

ALLOW THE GRADIENT OF A STORY TO EXIST

this thesis explores the complexity of east german identity and memory culture, challenging simplified narratives of victimization or singular identity. through oral history interviews and urban memory projects, it examines how physical artifacts of east german socialism, particularly architectural ones, are interpreted and represented in contemporary germany. the study also investigates how augmented reality (AR) can be used to engage with and expand these narratives, offering pluralistic perspectives and connecting subjective experiences of life in the former GDR to the urban memory space.

the research addresses two key aspects:

memory culture

it analyses how socialist-era architecture in former east berlin, including standardized construction methods, is contextualized or erased in urban spaces, reflecting shifts in cultural semiotics and collective memory.

digital culture

it examines how AR and 3D-scanning technologies can reinterpret and subvert traditional museum concepts, emphasizing multiplicity in memory representation.

drawing on earlier work, this thesis develops innovative storytelling methods and highlights the limits of design as a discipline in addressing such complex societal issues. while fragmentary, the study contributes to evolving discussions on history, memory, and technology.

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② THESISENTWICKLUNG

ausgehend vom offenbacher modell (70/30% theorie/praxis) intensive materialrecherche-/erhebung zeitzeugeninteriews (12 stunden), artefakte (10), metashape fassadenscans (ca. 5000 einzelaufnahmen).

_erschliessung der interviews mittels eines youtube podcast myDDAR

_gestalterische verarbeitung der fassadenscans zu video-triologie das fiktive ost-berlin

_intermediales blending soundbites+artefakte (objekte+architektur) in einer augmentierung am marx-engels-forum berlin-mitte (zweiter prototyp stelenwald (warenfetisch)

theoretische reflexion zur industriellen baukultur der DDR_,_ verschränkung von ästhentischen und politischen programmen im funktionalismus_,_ aura-begriff (benjamin/kühne) in neuanwendung auf digitalkultu_r_ mit bezug auf narrative techniken des artifact storytellings.

+ essayistische reflexion zu aktuellen politischen bezügen und der dimension von design als vermittlung

keyconcepts

giessener sonderforschungsbereich 434N erinnerungskulturen

_artefakte als schlüsselmedien kulturellen gedächtnisses (erll, 2005)

_architektur als schriftform des erinnerung (tausch, 2003)

_funktionalismus als formierungsprinzip des sozialismus (kühne, 1981)

_gestaltung: gebrauchswert versus geltungswert (begenau, 1967)

MIRO

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③ FORM 1: PODCAST MYDDAR

④ FORM 2: PROTOTYP STELENWALD (WARENFETISCH)

⑤ FORM 3: DAS FIKTIVE OST-BERLIN

⑥ DOKUMENTATION

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konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_01_EINLEITUNG.pdf PDF konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_01_EINLEITUNG.pdf

konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_02_INDUSTRIELLE BAUKULTUR.pdf PDF konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_02_INDUSTRIELLE BAUKULTUR.pdf

konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_03_ARTEFAKTGEBUNDENES ERINNERN.pdf PDF konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_03_ARTEFAKTGEBUNDENES ERINNERN.pdf

konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_04_ENTWURF.pdf PDF konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_04_ENTWURF.pdf

konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_05_CONCLUSIO.pdf PDF konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_05_CONCLUSIO.pdf

konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_06_ANHANG.pdf PDF konstantin_arnold_6262_MA_THESIS_06_ANHANG.pdf

⑦ FAZIT

◷ zentrale frage: wie wird ostdeutscher erinnerungskultur multiperspektivisch gedacht?

◶ diagnose | befund: das gesamtdeutsche interesse an einer spezifisch ostdeutschen identität hält sich stark in grenzen. in der DDR erfolgte der versuch einer verschränkung von ästhetischen und politischen programmen: funktionalismus wurde als formierungsprinzip des sozialismus aufgefasst.

◵ strategie: empirische sozialforschung/oral history liefert die software des erinnerns an sich, architektur ist als hardware die schriftform der erinnerung. alltagsobjekte und architektur sind hierbei als teil einer weiter gefassten erinnerungskulturellen matrix aus einem erweiterten designverständnis zu lesen.

◴ intermedialität architektur – digitale artefakte: AR fungiert als narratives scharnier der vermittlung zwischen vergangenheit und gegenwart, das hand held device wird zu einem sensor in eine digitale parallelwelt sowohl im print design als auch in der digitalen denkmalskommentation vor ort.

ausgehend von den grundlegungen der bachelorthesis konstellation (2023) wurde gleichsam in einem zweiten band aura_1989 die ehemalige sozialistische zentrumsfläche um das marx-engels forum untersucht. hierbei wurden baugebundene artefakte als zentrale identifikationsstiftende elemente identifiziert. in einer fusion von architektonischen und artefakten der konsumkultur erfolgt die entwicklung eines zweiten AR prototypen am marx-engels-forum im verständnis von stadt als gedächtnisraum.

⑧ CASEFILM

⑨ AUSBLICK

die masterthesis bereitet ein weiteres forschungsinteresse zu intermeditalität/paragone vor. hierbei sind in einer übertragung auf die neuzeit intermediale bezüge zwischen architektonischen und digitalen artefakten interessant (also speziell die anwendung auf die zeitgenössische digitalkultur in form von augmentierung und 3D artefakten).

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[*] Lemke, Grit (2024): Was war das denn?, unter: https://www.zeit.de/2024/19/ostdeutschland-identitaet-kanzleramt-westen-ostbeauftragter, (Zugriff am 01.05.2024).