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Bilderbuchlabor -

Hier dokumentiere ich die Entstehung meines Bilderbuchs und die daraus gewonnenen Erkenntnisse aus dem Sommersemester 2024 und dem Wintersemester 2024/25 im Kurs „Bilderbuchlabor“ bei Prof. Sven Völker.

1 | Inspirations- & Ideenfindung

Die erste Aufgabe sollte die entscheidenden Weichen für den weiteren Arbeitsprozess des Semesters stellen. Es galt, unsere ersten drei Konzepte zu entwickeln und diese vorzustellen, um gemeinsam eine Auswahl zu treffen.

Ob poetisch oder wortkarg, wimmelig oder statisch – alles war erlaubt, solange es als Gesamtheit funktioniert. Bei so einer großen Fülle an Möglichkeiten werde ich schnell überwältigt und weiß gar nicht, wo ich zuerst hindenken soll. Deshalb nahm ich mir Svens Empfehlung zu Herzen und machte mich auf den Weg in den Buchladen, um die Scheu vor dem Anfang zu verlieren und Inspiration zu sammeln.

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Beim Erkunden kamen mir dann auch schon die ersten Ideen in den Kopf – manche gut, manche weniger. Trotzdem versuchte ich, unvoreingenommen alle erstmal aufs Papier zu bringen. Fragen an mich selbst halfen mir, verschiedene Aspekte zu bedenken:

Welches Thema ist mir wichtig? Was beschäftigt mich?

Welches Bilderbuch hätte ich mir als Kind gewünscht?

Ist mein Ansatz eher humorvoll, ernst oder liebevoll?

Welche Botschaft möchte ich vermitteln?

Fiktion oder Sachbuch?

Was ist die größere „Story“ (Liebe, Tod, Natur, Reisen, Abenteuer etc.)?

Wie funktioniert die Geschichte im Kleinen?

Wer sind die Protagonisten der Geschichte?

Was ist das Setting, die Welt, in der es spielt?

Welche Bücher sind ähnlich, und welche anderen Autor*innen gibt es in diesem Bereich?

Wer ist die Zielgruppe (Babys, Kindergarten, Vorschule, Erstleser oder gar Erwachsene)?

Was könnte den Vorlesenden (den Erwachsenen) gefallen?

Gibt es Momente der Interaktion (zum Beispiel etwas zählen oder etwas im Wimmelbild finden)?

Was an meinem Buch macht es künstlerisch besonders?

Welche „Klischeefalle“ könnte drohen (Piraten, Einhörner, Autobücher für Jungs, Prinzessinnenbücher für Mädchen)?

Es kam auf die Masse an. Aussortieren konnte und musste ich am Ende ja immer noch. Das war eine gute Übung, um meine ergebnisorientierte Denkweise abzulegen und mich besser auf den Prozess einzulassen. Schließlich entschied ich mich, diese drei Ideen den anderen vorzustellen. Die Wahl fiel dann auf Idee Nummer 1.

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2 | Konzeption & Charakterdesign

Es war an der Zeit, Titel, Storyline, Szenerie und Charaktere herauszuarbeiten.

Zunächst entschied ich mich für den Titel „Da“, der doppeldeutig im Sinne von Ort und Zustand stehen sollte. Nach einigen Überlegungen einigten wir uns jedoch auf „There“, um den Titel international verständlicher zu machen.

Ich lernte, wie wichtig es ist, bei der Entwicklung der Erzählung nicht zu kompliziert zu denken. Schließlich standen nur etwa 32 Seiten zur Verfügung, auf denen die Geschichte aufgebaut, eine Wendung eingebaut und zum Ende geführt werden muss. Etwas Prägnantes mit Wiedererkennungswert sollte entstehen. Dafür müssen oft mehr ursprünglich geplante Handlungen und Wendungen weggelassen werden, als man zunächst denkt.

In unserem Hauptcharakter sollte nach dem Erblicken des noch lächerlich kleinen, roten Etwas die enorme Ambition hochkochen, alles Erdenkliche tun zu müssen, um die Störung seines perfekten Lebens für immer zu beseitigen. Egal ob energisches Wischen, wütendes Herausreißen oder gar verzweifeltes Einschlagen – jeder Versuch, das Etwas zu vernichten, macht es nur größer und bedrohlicher. Bis es schließlich platzt und das gesamte Interieur sowie den Protagonisten selbst in ein knalliges, unübersehbares Rot taucht. Vom Schock paralysiert, erkennt er, dass ihm nur noch ein Ausweg bleibt. Sich geschlagen gebend, ändert er seinen Umgang mit der Situation und beginnt, den Rest seines Hauses im gleichen Knallrot zu streichen. Beschämt denkt er darüber nach, dass er nun nicht mehr einer von den anderen ist, während eben diese ihm bei seiner Arbeit zusehen. Entgegen seiner Erwartung wird er jedoch eher zu einem Aktivisten für ein bunteres Leben in der monotonen Stadt. Jeder nimmt die Farbe seines eigenen Etwas zur Hand und pinselt los.

Ich wollte die Geschichte an einem Ort spielen lassen, der so zusammengehörig und geordnet wirkt, dass das rote Etwas möglichst offensichtlich aus dem Rahmen fällt und einen starken Kontrast bildet. Ich stellte mir eine Stadt vor, ähnlich dem Vorstadtviertel einer amerikanischen Spießerfamilie: ein Rasen, bei dem jeder Grashalm perfekt sitzt, genauso wie die Föhnfrisur und das Betonlächeln der Anwohner. Die visuelle Wirkung wollte ich außerdem durch die technische Umsetzung verstärken, indem ich alles außer dem roten Etwas mit nur einem Stift zeichnerisch darstellte.

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Das Charakterdesign war mit großer Sicherheit die herausforderndste und gleichzeitig erfüllendste Aufgabe des gesamten Prozesses. Ich hatte eine Idee im Kopf, konnte diese aber stilistisch noch nicht visuell konkretisieren. Es war unheimlich wichtig, einfach loszulegen, ehrliches Feedback von den anderen einzuholen und immer wieder zu iterieren. Ich begann also, viel zu zeichnen, verschiedene Ausdrücke, Stile und Stifte auszuprobieren. Hierbei verlor ich mich ein wenig. Ich konnte mich nicht festlegen und erlebte ein Tief, auf das uns Sven schon vorbereitet hatte. Inmitten der Vielzahl möglicher Umsetzungen begann ich, all meine Entscheidungen zu hinterfragen. Ich sah in meinen Zeichnungen und Ideen nichts Besonderes mehr. Es war schwer, weiterzumachen, aber nur so konnte ich dieses Tief überwinden.

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Schließlich war es mir durch einen Zufall möglich die nötige Entscheidung zu treffen. Ich skizzierte nach etlichen Experimenten mit einem blauen Druckbleistift. Uns wurde bewusst, dass es das ist. Ein skizzenhafter, etwas wirrer Stil ist das, was mein Charakter brauchte. Ich würde die Geschichte nur in diesem Blau und einem knalligen Rot umsetzten. Ohne Text – sich nur von dem Ausdruck des Protagonisten leiten lassen.  

Irgendwann erkannte ich meine Vorstellungen in der Illustration und seinem Charakter wieder. Damit konnte ich die Umsetzung der Seiten starten.

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3 | Umsetzung & Ausarbeitung

Das Storyboard ist der beste Freund eines Bilderbuchmachers/einer Bilderbuchmacherin. Ich habe gelernt, dass es enorm hilft, einen roten Faden zu entwickeln und die Geschichte sowie die Wirkung des Illustrationsstils als Gesamtheit zu betrachten. Mit einem Seitenplan fällt es einem viel leichter, den Fluss der Geschichte auszuarbeiten und notwendige Änderungen zu erkennen und durchzuführen. Sobald das fertige Storyboard steht, kann man Seite für Seite illustrieren und abarbeiten, aber auch gelegentlich die Chronologie durchbrechen. Denn der Zeichenstil verändert sich im Laufe des Prozesses, da man mit der Zeit vertrauter wird, was weniger auffällt, wenn man flexibel arbeitet.

Einige überflüssige Szenen und Handlungen in meiner Geschichte , wurden mir erst in dieser Phase des Prozesses bewusst. Somit wurde meine Erzählung flüssiger und markanter.

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Für die Ausarbeitung der Seiten arbeitete ich ausschließlich mit dem Lichttisch und einem blauen Druckbleistift.

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Jede Seite bearbeitete ich mehrfach – von der groben Skizze über das Hinzufügen von Details bis hin zur fertigen Illustration. Stück für Stück zeichnete ich die letzte Skizze nach und verbesserte sie durch eine neue Zeichnung mithilfe des Lichttischs. Diese Methode ließ mir die Möglichkeit, auch analog Dinge auszubessern, die mir in der Vorzeichnung nicht gefielen. Nun ging es eher um die technisch-handwerklichen Aspekte der Bilderbuchgestaltung, was mir besonders viel Spaß machte.

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Zwischendurch erhielten wir reichlich Inspiration durch die Vorstellung und das gegenseitige Vorlesen verschiedenster Bilderbücher aus Svens Repertoire und den Besuchen von erfahrenen Gesichtern der Bilderbuchwelt. Wir lauschten vielen wertvollen Ratschlägen und Learnings zum Workflow beim Gestalten bishin zur Vorstellung beim Verlag, die wir schließlich in unsere eigene Arbeit einfließen lassen konnten.

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4 | Cover & fertige Seiten

Für mein Bilderbuch, hielt ich es für die richtige Entscheidung mit der knalligen Farbwirkung des roten Etwas zu spielen und ein simples Cover zu gestalten. Also ging ich mit Entwürfen zu Sven.

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Entgegen meiner Erwartungen lernte ich, dass solch einfache Coverdesigns im Bücherregal und bei Verlagen oft schwerer wahrgenommen werden. Es musste etwas Auffälligeres her.

Ich entschied mich für eine dynamische Schriftart, die den Charakter des Protagonisten widerspiegelt. Dennoch wollte ich unbedingt weiterhin mit dem anfangs kleinen roten Etwas spielen und es zentral platzieren, um beim Betrachter Neugier zu wecken, was es mit dem roten Punkt wohl auf sich hat. Außerdem arbeitete ich mit verschiedenen Orten und Objekten, die im Laufe der Geschichte zu entdecken sind, und integrierte sie ins Cover. So kann der Betrachter diese Seite für Seite wiedererkennen und entdecken – wie ein kleines Spiel neben der Handlung.

Somit entstand das Cover parallel zu den Seiten.

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Im Sommersemester 2024 konnte ich bisher nur die Seiten eins bis zehn vollständig illustrieren. Allerdings habe ich für die Werkschau einen gedruckten Dummy zur Ansicht erstellt, in dem ich alle restlichen Seiten digital skizziert habe. Der daraus entstandene Seitenplan wird mir im kommenden Semester sehr helfen, die restlichen Illustrationen analog anzufertigen und somit mein Bilderbuch bis zur Bilderbuchmesse in Bologna 2025 fertigzustellen.

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5 | Werkschau & Reflexion

Anlässlich der Werkschau präsentierte jeder von uns Skizzen, Illustrationen, einen Dummy und sogar Buttons mit den Designs unserer Geschichten. Gegen Ende wurde es für mich beim Gestalten der restlichen Seiten noch einmal richtig stressig, ich bin jedoch sehr froh, dass ich einen ersten Entwurf meines haptischen Buches vorstellen konnte.

Es war schön, all die Ergebnisse unserer Mühe gemeinsam gesehen zu haben.

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Jeder Kurstag bereitete mir Freude. Vor allem, weil ich das machen durfte, was mich am meisten erfüllt, aber auch wegen der total schönen Atmosphäre. Ich fühlte mich in diesem Kurs besonders wohl, meine Ideen und mein Feedback ehrlich und authentisch vorzustellen. Sogar der finale Pitch vor zwei Verlegern von „RAUM italic“ meisterte ich mit einer positiven Einstellung, obwohl ich sehr aufgeregt war. Dieses Gespräch war für mich eine wirklich wichtige Chance, am Abschluss des ersten Kurs-Semesters einschätzen zu können, zu welchem Verlag mein Buch stilistisch passen würde. Natürlich half der Kurs mir sehr dabei ein Verständnis für stilisiertes Charakterdesign und interessantes Storytelling zu bekom- men, sowie das Überwinden von Selbstzweifeln besser zu meistern. Auch stärkte ich durch die intensive Ausarbeitung meiner Zeichnungen, meine Leidenschaft zur Illustration und habe nun große Lust im nächsten Semester mein Bilderbuch fertig zu gestalten und in der Zukunft an weiteren Bilderbücher zu arbeiten sowie weitere Herangehensweisen auszuprobieren, um mich näher an meinen Stil heranzutasten.

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Ein Projekt von

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

Art des Projekts

Studienarbeit im zweiten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Sven Völker

Zugehöriger Workspace

Picture Book Lab – Sommer 24

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2024