In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Ziemlich überrumpelt mit der Situation - und sogar den ersten Inputtag verpasst, also gefühlt mit 0 Plan - stand ich im Archiv des Schwulen Museums und sollte mir nach der Führung und Einweisung ein Thema aus den fetten Heftern mit Themen-Überschriften aussuchen und das Material bestellen. Ich habe ein bisschen geblättert und dann einfach beschlossen, alles zu bestellen, bei dem ich dachte „gibt sicher 'paar Fotos dazu“ und weil ich aus Erfurt komme, wollte ich gerne sehen, was sie zu den thüringischen Städten im Keller haben.
Paar Tage später: riesiger Stapel an Material - genug für fast 200 Seiten Buch :-)
Inspirationsquelle war das Flaneur Mag, Florian Lamms Arbeit und mein Fotobuch (Archivmaterial) zu Evelyn Richter.
Inhaltlich geht es um Repression, Einengung und Bedrängnis, aber auch um Entfaltung, Entwicklung und Diversität.
Motive der Gestaltung sind also: Maximalismus, Individualität, Komplexität, Offenheit, Dynamik, Enge
Mittels fetten, schwarzen, platzeinnehmenden Überschriften, die sich sehr dicht an den Text drängen wird die Enge, aber auch der Maximalismus dargestellt. Durch weite, unterschiedlich gestaltete Zitate, einige Formensätze, und der Einsatz des vollen Glyphensatzes der Schrift DinDong stellt sich Individualität und Komplexität dar. Unterschiedliche Papiere, Formate und Drucktechniken bringen Dynamik und Diversität in die Publikation und unterstreicht den Maximalismus. Dem „Schubladen Denken“ wollte ich entgegen treten, in dem ich dem Buch kaum Seitenzahlen und nur ein grobes Inhaltsverzeichnis gab. Ruhe und Strenge bringt das feste Konzept der Textblöcke (mit Auflockerung durch lebhaften Flattersatz) und die Fotografien, die ihren Raum bekommen. Um auf das Archiv Bezug zu nehmen, also die Quelle, entschied ich mich durch Rasterung einiger Fotos den „Zeitungsdruck“-Charakter beizufügen. Mit dieser Optik versah ich alle Überschriften, Kapiteltrenner und den Einband.
Als Leseschrift entschied ich mich für ABC Marist Book 10,5 / 12pt von Dinamo, da ich sie als klassische und anspruchsvolle Schrift empfinde, passend. Dass sie von Männern entworfen wurde, fand ich auch vertretbar, da der große Teil im Buch von männlich gelesenen Personen handelt. Auszeichnungen hier mit Ligaturen. Für Zitate habe ich wiederum bewusst die Schrift Dindong < 3 von Clara Sambot aus der Typoèque Byebye Binary gewählt. Die Headline Schrift ist ABC Gravity Italic Variable von Dinamo. Es ist 7-spaltig mit 2 freien Spalten zur Mitte. Fotos sind von der äußeren Kante aufgezogen und das Endformat ist 26x18cm.
Ich begann mit Sichtung aller Zeitungsartikel und habe versucht, sie nach Themen zu ordnen und minimal auszusortieren. Ich fand's irgendwie sinnig, wie ich das Material bestellt habe und habe es tatsächlich genau so gelassen und basierend auf der Bestellung das Inhaltsverzeichnis aufgesetzt.
Ich hatte zu Beginn sehr viel probiert und hatte viele Ideen umsetzen wollen. Ich musste Entscheidungen treffen. Das Thema erschien mir irgendwann so ernsthaft und sachlich, dass diese experimentelle Gestaltung nicht wirklich passte. Gerne hätte ich ausgefallenere Formensätze, Bildanordnungen und dynamische Linien ins Design eingefügt. Ich entwarf einen Mittelweg, der die Ernsthaftigkeit nicht zunichte machte, aber dennoch ein modernes und spannend/ individuell gestaltetes Printprodukt ermöglichte, was zu mir passte.
Ich blieb immer beim Konzept, nur änderte ich einige Details als ich aus der Gestaltungsphase in die Ausführungsphase kam. Mit meinem Aufbau war es z.B. schlüssiger Bilder von oben außen aufzuziehen, statt von jeweils unten links.
Ich hatte einige wenige Artikel über Lesben in meinem Archiv. Aus persönlichen Interesse hat mich die Topic über weibliche Personen mehr gecatcht und durch Internet Recherche kam ich zu so interessanten Themen, dass ich mein Buch darum erweiterte, so ist Kapitel 3 fast ganz aus andere Quelle.
Eine große Entscheidung musste ich kurz vor dem Druck treffen: ich plante von Beginn an mit bunten Papieren, fand hierzu allerdings einfach nicht das richtige Material. Kurzer Hand beschloss ich, nach einem Testdruck doch weißes Papier (mit nur wenig Gelbstich) zu nehmen und Neonpapier als Sonderpapier zu wählen- auch mein Wunsch von Stunde eins, ich war direkt glücklicher mit der Entscheidung. Kill your Darlings
Steps - erste und letzte Printtests und ein Versuch den Inhalt zu planen, da mir der Einstieg in Kapitel 1 sehr schwer fiel.
Gestaltungsprozess des Covers - ich hatte von dem Moment, als ich die Optik bestimmt habe, eine Idee im Kopf, die ich dann kurz vor dem Druck recht rational umgesetzt habe. Ebenso bei den Kapiteltrennern, die noch mal eine laute Unterbrechung im Buch geben sollte.
Trigger - langwierig, schwieriger Start aber zum Ende sehr zufriedenstellend und zu empfehlen. Wie im Kurs besprochen exportiert, war das für ihn aber nicht richtig. Bis mein gewünschtes Endformat aus seinem Drucker kam, dauerte es 4 Stunden. Dann hatten wir es irgendwann, wir waren beide sehr geduldig :-)
bts Werkstätten - auch langwierig und unvorhersehbar wie immer. Ich wollte so gerne Irisdruck ausprobieren, das war eine meiner ersten Ideen für das Projekt. Das Design bzw der Hintergrund für die Kapiteltrenner ist nicht so optimal für die Lesbarkeit durch die, sich ergebenden Strukturen der verschiedenen Farben. Ich entschied mich aber, es dennoch so zu drucken, denn mit weniger Farben wurde es nicht besser. Dafür habe ich kurzer Hand das Motiv in s/w auf Transparentpapier mit Laser gedruckt und mit eingebunden- es ist damit ruhiger und lesbarer. Es gefällt mir gut, die unterschiedlichen Materialien und Formen im Buch zu haben, da es die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Flyer und Zeitungen aus dem Archiv widerspiegelt. Riso ging zum Glück sehr fix und hält gut, auch das einbinden der kleinen Hefte war später kein Problem. (Eine Idee, die ich auch von Beginn an hatte, aber mir offen hielt, aus Zeitgründen)
Danke an Annalu, Bene und Tilmann an der Stelle. following photobomb: manchmal find ich Farben richtig klasse, Maßeinheit in Schokolade, breakdance fingers und Annalus hübsche Hände
work and process - messy Arbeitsplatz - Kunst für sich
Ich steckte so viel Zeit und Liebe zum Detail in das Buch. Die Arbeitszeit war übermäßig. Ich prüfte die Gevierte an jedem „-“und prüfte den Aufbau der Quellen 5 mal auf 176 Seiten. Ich war echt fertig am Ende und zwischendurch fand ich es meist nur anstrengend. Aber ich bin ungemein stolz darauf und sehr zufrieden, hat sich also gelohnt. Ich war überrascht, wie dick das Ding ist. Ich hab gemerkt, es ist okay für ein rundes Design Kompromisse zu treffen und dass es schwer ist, so lange an einem Design zu arbeiten und ich immer wieder unzufrieden mit Details wurde- oder allem. Atm würde ich erstmal wenig anders machen, beim aktuellen Buchprojekt denke ich noch mal mehr über die Schriftherkunft nach :-) und versuche Entscheidungen rationaler zu treffen und schneller zu sein. Gelernt hab ich natürlich viel und ausprobieren konnte ich auch einiges.