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Der Geile Goethe | Type & Print II

Die Vertiefung und Anwendung von Typografie im Rahmen von Chatverläufen und einer anschließenden Publikation.

Einführung – Buchstabe, Wort, Zeile, Kolumne

In dem Kurs Type and Print II ging es um die Vertiefung typografischer Grundlagen. Inhaltlich wurde das Thema anhand von Chatverläufen behandelt und ausprobiert. Im ersten Teil des Semesters ging es um die Verfestigung von theoretischen typografischen Grundlagen, hier wurden speziell die verschiedenen Teile eines Textes betrachtet, Buchstabe, Wort, Zeile und Kolumne. Weiterhin wurden die Themen Schrift- und Druckgeschichte, Schriftarten und Klassifikationen, Schriftsatz behandelt.

Im zweiten Teil des Semesters ging es um die Gestaltung einer Publikation mit einem Chatverlauf unserer Wahl, hier sollten wir aus dem ersten Teil Gelerntes anwenden und weiter vertiefen. Ebenfalls wurden hier mikro- und makrotypografische Prinzipien vorgestellt und erklärt. Weiterhin wurden dabei sowohl gestalterische, als auch redaktionelle Fähigkeiten herausgefordert.

Kollage „Klatscht Es?“

Für die erste Übung haben alle Kursteilnehmende ein paar Zeitschriften mitgebracht, hier durften wir uns eine Nachricht bzw. eine Wortgruppe aus einem Chatverlauf aussuchen, die wir gerne als Kollage darstellen wollen würden. Hier habe ich mich für die Chatnachricht meiner besten Freundin entschieden und diese mit Hilfe von Zeitschriften realisiert. Später wurde „Klatscht Es“ mein Leitthema für den Kurs, das sich auch durch weitere Arbeiten zieht. Es bildet die Klammer vom Anfang bis zum Ende.

Im Arbeiten mit Kollagen war ich bisher nicht sehr erfahren bzw. habe ich auch nicht allzu viel Interesse daran gefunden, jedoch in Zusammenspiel mit einem Hauptaugenmerk auf die Typografie und den textlichen Inhalt, hat die Arbeit Freude bereitet und half mir gut in das Thema Typografie und Chat einzusteigen. Ebenso war ich frei, auch nicht-typografische Elemente mit zu verwenden, hier habe ich mich für ein paar Grimassen aus der Zeitschrift entschieden, da diese zu dem Vibe des Chatverlaufs passen.

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Chatverläufe in verschiedener Stilistik

Um sich weiter der Thematik Chatverlauf anzunähern, durften wir uns mit verschiedenen Chatverläufen bzw. Nachrichtenaustausch beschäftigen und diese in einer typografisch-interessanten Aufmachung präsentieren. Wie in der vorangegangenen Übung im Stile der Kollage, sollten wir einen Rahmen definieren, in dem die Typografie stattfindet und diese eingrenzt.

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Typografie Übung

Die Aufgabe bestand darin, eine Wortgruppe in verschiedenen Varianten typografisch zu realisieren. Hierbei durften wir lediglich eine Schriftart für die ganze Reihe verwenden und sollten uns mit den verschiedenen typografischen Effekten auseinandersetzen. Unteranderem ging es hier um Weißräume, Wiederholung, Weglassen, Zerteilen, Fragmentieren und Richtungsänderung. Hier habe ich mich ebenfalls für meine bereits mehrfach verwendete Wortgruppe „Klatscht Es?“ entschieden.

Diese Übung war eine der Wichtigsten für mich. Hier habe ich den Umgang mit Typografie auf einer großen Fläche gelernt. Mein Horizont hat sich stark erweitert und ich habe angefangen zu begreifen, was Typografie alles kann, wie viel Aussagekraft in der Anordnung und Skalierung liegen kann, Wirkung von Weißraum und Abständen und auch was Abwesenheit von Bildelementen bewirkt. Aufgrund der starken Limitierung auf Format und Schriftart sowie -Schnitt, hat meiner Kreativität viel Raum geschaffen, um neue Dinge auszuprobieren und zu verstehen, wie viel Effekt eine Wortgruppe haben kann.

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Sichtung der Ausarbeitungen im Kurs

Vortrag – Jenny Holzer

Zusammen mit Jannik Tismer habe ich den Vortrag zu der Künstlerin Jenny Holzer ausgearbeitet. Typisch für Holzer ist es, Typografie mit simplen Methoden in den öffentlichen Raum zu bringen und mit Statements aufmerksam zu machen. Hier verwendet sie gerne Zitate und thematisierte beispielsweise am weltweiten AIDS-Tag Missstände bzw. Missverständnisse, dies fand 2018 im New Yorker Stadtraum statt. Für diese Arbeit setzte sie Lastwagen ein, die von innen mit Projektoren eine einfache Grotesk an Leinwände projizierten. Ein weiteres Projekt realisierte sie in Wien und nutzte auch hier Projektoren, um Statements an historische Wiener Altbauten zu projizieren.

Schriftsatzübung

Die Aufgabe bestand darin, zwei Doppelseiten zu gestalten. Wichtiges Augenmerk lag darauf, die Doppelseiten einem original Buch nachzuempfinden, Hier sollten wir uns dann im Nachhinein mit Satzspiegel und Schriftsatz beschäftigen. Hierfür war es wichtig, sich auch mit der Punktgröße, der Laufweite sowie dem Zeilenabstand auseinanderzusetzen.

Aufgrund meiner vorangegangenen Ausbildung als Mediengestalter hatte ich schon ein paar Erfahrungen mit Schriftsatz, jedoch musste ich hier feststellen, dass ich den Text gerne auch zu groß setze. Dies fiel vor allem bei der ausgedruckten Variante auf. Daher habe ich im Nachgang diesen Missstand angepasst und habe am Ende eine befriedigende Arbeit erhalten. Jedoch muss ich im Nachhinein sagen, dass diese Arbeit nicht repräsentativ für meinen Anspruch ist und ich rückblickend eher unzufrieden mit dem Ergebnis der Arbeit bin. Die Kritik an mich selbst ist ganz klar, dass ich gerade hier mehr Zeit investieren sollte und mir zukünftig bei gesetzter Schrift im Arbeitsprozess ein paar Seiten ausdrucken sollte, um den Schriftsatz realistisch prüfen zu können.

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Das Zine

Im zweiten Teil des Kurses ging es allein um die Umsetzung eines Chatverlaufs in einem Zine. Ein Zine ist eine Art künstlerisches Magazin. Hier wurden uns fünf Schriften zur Verfügung gestellt, aus denen wir frei wählen konnten, welche wir verwenden. Die Challenge hierbei war es, maximal zwei Schriften der Gestellten zu verwenden. Eine weitere Herausforderung bestand in der Vorgabe des Formates. Das offene Format sollte ein A4 (210mm x 297mm) sein, somit ein Seitenformat von einer halben DIN-A4-Seite (105mm x 297mm) im Hochformat. Die Mindestanzahl der Seiten betrug 16, nach oben hin waren wir frei, die Seitenanzahl zu erweitern. Selbstverständlich muss diese durch vier teilbar sein, um diese Broschur überhaupt produzierbar zu machen,

Inhaltlich durften wir uns auf einen Chatverlauf beziehen. Hierbei durfte dieser ein Persönlicher sein, er konnte frei-erfunden oder aus dem Internet sein, auch die Arbeit mit KI war möglich. Für die inhaltliche Ausarbeitung durften wir den Chatverlauf nach unserem Ermessen verfremden.

Gestalterisch lag der Fokus auf der Typografie, eine weitere Grafikebene durften wir verwenden, jedoch sollte die Schrift stets im Mittelpunkt stehen und eine einheitlich verständliche Gestaltung sowie das Einhalten des selbstgewählten Schriftsatzes sowie Layout.

Erste Übung

In der ersten Übung zum Zine durften wir bereits in dem späteren Format mit den verfügbaren Schriften arbeiten. Auch hier sollten wir bereits ein Konzept haben. Da ich das hier entwickelte Konzept in der finalen Arbeit verwendet habe, werde ich in dem Punkt „Konzept“ genauer darauf eingehen.

Als Grundlage hier habe ich einen Gruppenchat verwendet. Dieser ist sehr provokativ, da es hier um beschriebene sexuelle Handlungen geht, die im Gruppenchat eher in einem humorösen Ansatz verstanden werden müssen. In dem Chat wird von einer Person eine Art erotische Geschichte erzählt, ein weiteres Gruppenmitglied geht darauf ein und schreibt an der Geschichte mit, die anderen zwei Gruppenmitglieder kommentieren als Zuschauer den Chatverlauf. Hier habe ich versucht, die Geschichte in der Übersicht durch deutlich kleineren Zeilenabstand als zusammengehörig zu markieren.

In dieser Übung konnten wir uns somit erstmals mit den Schriften sowie mit dem speziellen Format auseinandersetzen und annähern. Bereits hier habe ich mich für die inhaltliche Grundlage meines finalen Zines sowie die gestalterische Stilistik entschieden.

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DER GEILE GOETHE

Konzept

Inhaltlich basiert „Der Geile Goethe“ auf dem zuvor benannten Gruppenchat. Allerdings habe ich diesen stark entfremdet. Es ist eine Art Roman in drei Akten, die als „Briefe“ bezeichnet werden. Hier versetze ich mich in die Lage von meinem Freund und das lyrische ich nimmt seine perspektive ein. Allerdings werden hier die Gedanken ernst gemeint, die zuvor eher als Scherz formuliert wurden. Es geht eher um einen Gedankengang in Chatsprache, die in dem Protagonisten vor sich geht. Die angesprochene Person wird genderneutral behandelt, sodass die lesende Person, egal welchen Geschlechts angehörig sich angesprochen und einbezogen fühlt. Ebenfalls wird im Zine ein richtiger Chatverlauf dargestellt, je Brief kann man mitverfolgen, was der Protagonist mit seiner befreundeten Person während seiner Gedankengänge schreibt, somit wird das Thema Chat deutlich aufgegriffen.

Gestalterisch spielt die Art der gesetzten Typografie auf Zensur an. In vielen Zeitschriften, Publikationen oder Büchern werden Sachen zensiert, um sie für die Öffentlichkeit sicher zugänglich zu machen. Ich verdeutliche dies in meinem Zine in dem ich mit dem Zeilenabstand spiele und diesen verlaufsartig verändere. Umso schmutziger der Text wird, desto enger werden die Zeilenabstände, bis hin zur völligen Zensierung im dritten Brief. Das soll auf die Zensur von pornografischem Material aufmerksam machen sowie die Tabuisierung dieser Themen in der Gesellschaft. Auch die lesende Person des Zines muss sich zunehmend mehr bemühen, die Worte lesen zu können, bis diese Möglichkeit komplett verfliegt.

Die Seitenzahlen werden als Uhrzeiten dargestellt, um nicht nur inhaltlich, sondern auch gestalterisch auf das Thema Chatverlauf anzuspielen und der lesenden Person eine zeitlich Einordnung zu bieten.

Typografisch habe ich mich für eine stylische Antiqua, die „Autre Display“ entschieden, sie wirkt trotz der Serifen und dem starken Kontrast der Haar- und Grundstriche zeitlos und modern und unterstützt damit den Romancharakter. Ihr gegengestellt ist die „Ambiant“, eine Grotesk die eher analytisch und technisch wirkt. Der Fließtext ist klassisch wie im Roman in der Antiqua gesetzt, dem gegenüber ein Chatverlauf gestellt. Dieser ist in der Ambiant gesetzt, um den Bezug zum Chatverlauf herauszuarbeiten.

Der Bezug zu Goethe
Wenn man so manches von Goethe liest, denken sich einige sicher, es seien normale Gedichte, doch wenn man zwischen den Zeilen liest, stellt man schnell fest, dass Goethes Gedanken oft nicht frei von Sünde und Wollust waren, das beste Beispiel ist das Heidenröslein, welches ich auch als Referenz in meinem Zine darstelle.

Ich sage, wie es ist – Goethe war in meinen Augen eine Sau, eine Sau, die wusste mit Worten umzugehen und schönste Lyrik zu schreiben, obwohl die Gedanken dreckig waren. Ich habe einen Freund, dessen Gedanken ähnlich schmutzig sind, allerdings drückt er sich selten so poetisch und metaphorisch wie Goethe aus, ich bin jedoch überzeugt, dass beide ähnliche Charakterzüge teilen, weshalb auch an meinem einen Freund „ein kleiner Goethe verloren gegangen ist“.

Entwürfe

In der Entwurfsphase habe ich mich zunächst etwas ausprobiert. Zunächst habe ich die Villardsche Figur für den Satzspiegel angewendet, jedoch bin ich hier schnell an meine Grenzen gestoßen bzw. hat sich der Satzspiegel layouttechnisch nicht so verhalten, dass er mich zufrieden gestellt hätte bezüglich des länglichen Formats. Ich habe mich dann weiter informiert über Satzspiegel und dann mich inspirieren lassen von Unterrichtsinhalten zu diesem Thema. Ein weiteres Problem auf das ich gestoßen bin war die zugroß-gesetzten Wörter. In InDesign sah mein Entwurf sehr annehmbar aus, jedoch habe ich diesen dann einmal ausgedruckt und musste feststellen, dass die Schriftgröße viel zu groß war. Hier habe ich einige Male nachjustieren müssen, bis ich zur finalen Schriftgröße kam.

Konzeptionsentwurf

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Cover

Für die Coverentwürfe habe ich verschiedene Dinge ausprobiert. Wichtig war es mir, das Prinzip der Verringerung der Abstände in der horizontalen Achse aufzugreifen. Durch viel Text auf den Innenseiten, wollte ich das Cover übersichtlich und leichterfassbar halten, es sollte trotz romanartigem Text einen modernen Touch bekommen.

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Der Geile Goethe | Das Zine

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Übersicht vom Zine mit Inhalt

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Besonderheit

Das Zine endet mit der Chatnachricht von einer Person, diese lautet „…Klatscht es?“. Somit spanne ich den Bogen von Anfang bis zum Ende des Kurses, für mich fing der Kurs im Oktober 2023 mit diesem Zitat an und endet im Januar 2024 auch mit diesem.

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Fazit

Ich durfte in diesem Kurs viel lernen und mitnehmen. Auf meinem bereits vorhanden Wissen konnte ich gut aufbauen und wurde in manchen Übungen, wie der Übung zu typografischen Prinzipien s.o. herausgefordert und musste somit meine Komfort-Zone verlassen und konnte daran wachsen. Weiterhin wurde mir der Umgang mit Fließtexten nähergebracht sowie die Herangehensweise im Schriftsetzen. Mitnehmen werde ich aus diesem Kurs vor allem die Freiheit in der Typografie sowie im Bereich Schriftsatz die verschiedenen Arten vom Satzspiegel und wie ich diesen am besten anlege, ebenfalls das Arbeiten mit Absatzformaten und dem optischen Randausgleich bei Blocksatz.

Ich bin sehr glücklich mit dem Kurs und freue mich sehr vieles mitgenommen zu haben und mein Wissen ausbauen zu können. Vor diesem Kurs war Typografie eher ein weniger interessantes Thema für mich, doch nun bin ich sehr aufgeschlossen gegenüber dieser und freue mich zukünftig mich hier weiter zu vertiefen und damit zu beschäftigen.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

Art des Projekts

Studienarbeit im ersten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Christina Poth foto: Giulia Schelm foto: Philipp Koller

Zugehöriger Workspace

Type + Print II

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2023 / 2024

Keywords