In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Ein Kurs, der sich mit der Wichtigkeit von Gefäßen bei unseren wichtigsten Ritualen beschäftigt.
In der ersten Woche haben wir mit der Besprechung unserer Assoziationen zu Ritualen in den Kurs gestartet. Schnell hat sich herausgestellt, dass die Begriffe Routine und Tradition in engem Verhältnis zu Ritualen stehen und für jeden ganz individuelle Grenzen haben.
Die erste Aufgabe war es, eine Skizze mit unseren persönlichen Ritualen und den damit verbundenen Assoziationen anzufertigen. Bei der Besprechung dieser Aufgabe stellte sich heraus, dass es viele gemeinsame Anlässe wie zum Beispiel Weihnachten oder Geburtstage gibt, die jedoch mit ganz eigenen, meist familienabhängigen Ritualen gefüllt sind.
Nach einem Brainstorming zu Ritualen, Assoziationen und den mit Ritualen verbundenen Gefühlen kamen wir zu der Realisierung, dass Rituale nicht umbedingt positiv sind (Genitalverstümmelung), nicht immer freiwillig stattfinden (Zwangsheirat) und unter anderem auch zum Gefühl der Ausgrenzung und nicht nur zu Zugehörigkeit führen können (Begrüßungsritual an dem Neue nicht teilnehmen können)
Für die nächste Einheit sollten wir Rituale in unserem Alltag beobachten und fotografisch festhalten, welche Gegenstände für diese eine wichtige Bedeutung haben.
Mir ist dabei bewusst geworden, dass für mich persönlich Rituale fast schon das Gegenteil von Routinen sind. Ein seltenes Ausbrechen aus den gewohnten, alltäglichen Routinen.
So beinhaltet zum Beispiel meine normale Abendroutine Social Media und Podcasts. Eines meiner Rituale besteht darin, sich bewusst ohne Handy, mit Kerze, Tee und entspannter Musik hinzusetzen und ein Buch zu lesen.
Auch andere Rituale wie an Festen und bei gemütlichen Spieleabenden mit Freunden sind für mich fast gegenteilig zum gewohnten Alltagstrott.
Wichtig bei jedem der Rituale ist für mich die richtige Musik und das passende Lichtsetting.
In der zweiten Woche haben wir als erstes die Hausaufgabe besprochen und auch hier wurde das Problem der Begrifflichkeit wieder sichtbar. Während einige das morgendliche Kaffeetrinken als Ritual empfinden meinen andere dies sei reine Routine.
Nachdem wir über Rituale im Allgemeinen und über den A.T.C.C.- Ansatz, also den Ansatz der 10 Werte (Würde, Ehre, Wahrheit, Treue, Schönheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Gesundheit, Solidarität, Freiheit) gesprochen haben, war es unsere Aufgabe, in Kleingruppen ein Gedicht zu einem zugelosten Ritual zu schreiben, in dem wir außerdem die damit verbundenen Werte einbinden.
Zum Ende der Stunde wurden wir erneut in Kleingruppen eingeteilt, in denen wir uns ein eigenes Ritual und das zugehörige Gefäß überlegen mussten. Wir haben an den Moment des Betretens eines Zimmer in der Uni gedacht und uns überlegt, wie wir dies zu einem Ritual machen könnten. Dafür entwickelten wir eine Art Sparschwein, in das man beim Betreten des Raumes eine Art Solidaritätsbeitrag werfen kann, mit dem dann in der Pause Heißgetränke oder Snacks für alle Kursteilnehmer*innen gekauft werden können.
Meine erste Idee war es, eine Lampe zu kreieren. Sie ist im weitesten Sinne ein Gefäß und da für mich der wichtigste Bestandteil meiner Rituale die Lichtverhältnisse sind, ist eine Lampe die beste Ergänzung zu meinen persönlichen Ritualen.
Die nächste Idee war eine Tasse, die perfekt an die Handform angepasst ist und somit gemütlich zu halten ist. Hierfür waren Fingereindrücke geplant.
Als dritte Idee hatte ich eine Schale, die aber auch als Tasse genutzt werden kann. Diese sollte auch Einmuldungen für die Hände an der Seite haben.
Außerdem sollten wir unser Lieblingsgefäß zur Stunde mitbringen und analysieren warum dies unser Lieblingsgefäß ist, was wir daran gut und schlecht finden u.s.w..
Am 17.11. haben wir dann eine Exkursion nach Berlin zu KPM (Königliche Porzellan Manufaktur) gemacht. Es war super spannend, Einblick in die Produktionsprozesse zu erhalten und zu sehen, was für ein Handwerk und wie viele einzelne Schritte in eine einfache Keramik-Tasse von KPM fließen. Ich fand die Exkursion sehr lehrreich und habe mich danach sehr inspiriert und motiviert gefühlt.
Ziel bis zur nächsten Stunde war es, unsere Ideen weiter auszuarbeiten, eine technische Zeichnung anzufertigen und einen 1:1-Prototyp in richtiger Größe und Form zu bauen. Ich habe mich dazu entschieden, außerdem ein 3D-Objekt in Blender zu entwerfen.
Nach den Besprechungen der Entwürfe und möglichen Komplikationen mussten wir uns dafür entscheiden, welches Material wir für die Mutterform benutzen wollen. Ich habe mich dazu entschieden, es mit Clay zu versuchen. Dafür habe ich als erstes eine Kugel aus Blauschaum angefertigt, die ich als Kern für den Clay nutzte.
Nächster Schritt war es, den Blauschaum Ball grob mit einer mindestens 2cm dicken Schicht Clay einzudecken.
Dafür muss der Clay auf 60 Grad im Ofen erhitzt werden, um weich genug für die Verarbeitung zu sein.
Um die Kugel etwas runder und insgesamt glatter zu bekommen, habe ich den Clay mit einer Raspel und einem Abziehblech bearbeitet.
Idee war es, durch Einkerbungen eine andere Wandstärke und somit auch ein anderes Lichtverhältnis zu schaffen. Da wir aber die Porzellanmasse nicht eindrehen sondern eingießen, wird die Wandstärke im gesamten Objekt gleich sein. Ich hoffe sehr, dass die Einkerbungen trotzdem etwas am abgegebenen Licht verändern werden.
Mit einem Modellierwerkzeug habe ich also im Anschluss organische Linien gezogen und den Rest der Kugel soweit perfektioniert und geglättet, dass meine Clay-Form fertig für den Gipsabdruck war.
Das Gießen der Gipsform war mit viel Vorfreude aber auch viel Respekt verbunden. Zuerst haben wir unsere Mutterformen an der Grundplatte befestigt und für das Gießen vorbereitet. Um ein Volumen für die Gipsform zu schaffen, haben wir eine Folie um die Grundplatte befestigt und mit einem Spanngurt fixiert.
Dann war auch schon das Anrühren des Gipses an der Reihe. Nach langem und vorsichtigem Einstreuen und Verrühren war alles fertig zum Gießen. Es hat sich bei mir relativ schnell herausgestellt, dass meine Folie nicht dicht an der Grundplatte anlag. Meine Gipsmasse ist an allen Nähten ausgelaufen. Nach anfänglichem Schock konnte ich meine Gipsform noch so gut wie möglich retten.
Noch aufregender war das Sprengen der Gipsform.
Nach dem Einsägen der Gipsform (ca. 2 cm) konnten wir die Form mit Meißel und Hammer sprengen. Meine Sprengung war etwas grober als erhofft, da ich nicht tief genug gesägt hatte. Trotzdem verlief sie relativ gut. Leider ließ sich meine Mutterform nicht ohne Probleme lösen. D.h., dass ich meine Mutterform zerstören musste, um sie aus der Gipsform zu lösen.
Letzter Schritt für die Gipsform war es, einen Gießring zu gießen. Dieser hilft dabei, später einen sauberen Rand am gegossenen Objekt zu haben. Hierfür habe ich mit Ton einen Zylinder an meiner Gipsform hochgezogen und oben etwas verschlossen, damit kein flüssiger Gips in meine bereits gegossene Gipsform läuft.
Um den Gießsring sauber aufsetzen zu können, haben wir mit einer Cent Münze 3 Löcher in unsere Gipsform geschraubt.
Nach dem Einschmieren der Gipsform und dem Abdichten mit Ton und Folie konnte nun erneut Gips gegossen werden. Nach einer halben Stunde war mein Gießring trocken, und ich konnte alle Hilfsmittel abnehmen. Diese Gipsform samt Gießring musste über die Weihnachtstage trocknen (mindestens eine Woche).
Nach Weihnachten war es dann endlich so weit. Unsere Formen konnten gegossen werden. Ich habe mich bei der Gießmasse für Porzellan entschieden, da es lichtdurchlässig ist und ich so ein schönes, atmosphärisches Licht mit meiner Lampe erreichen kann.
Zunächst mussten wir unsere Porzellanmasse gut durchrühren, bei einigen Steinzeugmassen musste zusätzlich noch Wasser hinzu gefügt werden.
Nach der Einführung in das Gießen von Maike konnten wir nun endlich unsere Formen vervielfältigen. Hierzu wurde die Porzellanmasse durch ein Sieb in die Gipsform gegossen. Nun mussten wir so lange warten, bis die gewünschte Wanddicke angetrocknet war. Dann wurde die überschüssige Masse wieder zurück zum Rest geschüttet. Dabei war zu beachten, dass keine Nasen an der Innenseite unserer Form entstehen. Dann wurde die Form leicht schräg zum Austropfen auf ein Brettchen gestellt. Erst wenn die Gießmasse nicht mehr glänzend sondern matt ist, können wir die Form umdrehen. Das ist wichtig um „Orangenhaut“ am fertigen Objekt zu vermeiden.
Bei meinem Gießprozess bin ich an die Grenzen meines eigenständigen Arbeitens gestoßen. Da meine Form ein so großes Volumen hat, war es fast unmöglich, die gefüllte Form ohne Hilfe zu stürzen.
Erst nachdem sich das Porzellan leicht vom Gießring gelöst hatte, konnte ich meine Form entformen. Dazu habe ich zuerst den Gießring abgenommen und vorsichtig das überstehende Porzellan abgeschnitten. Dann habe ich vorsichtig beide Hälften meiner Gipsform entfernt. Ich war sehr überrascht davon, wie gut sich meine Form entfernen ließ. Da ich für meinen Gießprozess immer fast einen halben Eimer eingießen musste, wurde meine Gießmasse schon schnell knapp. Letztendlich habe ich 5 Abgüsse meiner Lampe hergestellt.
Da sich durch meine relativ unsaubere Sprengung ein ziemlich sichtbarer Sprengrand gebildet hatte, musste ich meine Abgüsse stark nachbehandeln. Hierzu habe ich mit einem feinen Messer den Sprengrand abgetragen. Im Anschluss bin ich noch vorsichtig mit einem Schwamm über die Stellen gegangen, um alles ineinander zu verblenden.
Somit war nun alles für den Schrühbrand vorbereitet. Der Schrühbrand wurde von Jörg Misch durchgeführt. Nach dem Schrühen konnte dann auch das Glasieren stattfinden. Da ich das natürliche Matt des Porzellans für die Lampe geeignet finde und ich weder eine dichte, noch lebensmittelechte Form benötige, habe ich mich dazu entschieden, mein Porzellan nicht weiter zu glasieren.
Mein Porzellan wurde im Anschluss also ohne Glasur hoch gebrannt. Ich war sehr gespannt, wie das Porzellan den Brand übersteht, und ob alles so klappt, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Während dem Brand kam es zu keinen großen Komplikationen und meine Porzellanformen kamen unversehrt aus dem Ofen. Leider hat sich durch das Brennen das Porzellan so verzogen, dass meine zuvor runde Öffnung nun oval ist.
Es hieß also heraus zu finden, ob meine Porzellankugel auch als Lampe funktionieren wird.
Trotz aller Bedenken scheint das Licht problemlos durch das Porzellan und hat dabei eine einladende, warme Farbe.
Der Kurs Rituale.Formen.Gefäße. hat mir sehr gut gefallen. Die neue Technik des Keramik-Gießens zu erlernen, war für mich super spannend und ich freue mich sehr darauf, in Zukunft noch weiter damit zu experimentieren.
Das von mir gewählte Objekt hat mir Bewusstsein dafür geschaffen, auf wie viele Faktoren zu achten ist, und was passieren kann, wenn man sich in einem Schritt falsch entscheidet. Umso mehr freue ich mich darüber, dass im Endeffekt alles relativ reibungslos verlaufen ist.
Ich bedanke mich bei Maike und Jörg für die Unterstützung bei meinem Prozess und die wunderbare Einführung in die Arbeit mit Keramik und das Aufzeigen der Wichtigkeit von Ritualen.