In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
„Kerzenständer bilden eine Grundlage der atmosphärischen und ästhetischen Identität, sie prägen über Rituale eine Tradition.“ Beim gemeinsamen Gebrauch des Kerzenständers geht es um mehr als nur das Anzünden von Kerzen. Sie lassen uns heimisch fühlen, sie schaffen Raum, wir teilen die gleiche Luft – immer begleitend: Kerzenständer.
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In unserem Brainstorming zu Ritualen erkannten wir, dass sie oft festgelegten Regeln und einem feierlichen und symbolträchtigen Charakter unterliegen. Sie sind in der Regel von bestimmten Wortformeln und vordefinierten Gesten begleitet und können sowohl religiöser als auch weltlicher und alltäglicher Natur sein (Taufe, 1. Mai, Pizza am Strand etc.).
Der Besuch bei KPM war sehr spannend. Die Königliche Porzellan-Manufaktur gibt es seit 1763 in Berlin. Beeindruckend, dass ein Großteil der hochsensiblen und langwierigen Prozesse auch heute noch per Hand ausgeführt werden. Vielen alten Stücken sind Ornamente und ihre mühselige Zusammensetzung abzulesen. Die klassizistische Figur „Prinzessinnengruppe“ nach einem Entwurf von Johan Gottfried Schadow besteht beispielsweise aus 88 Einzelteilen.
Dadurch sind erste Ideen entstanden, die dann auch sehr schnell wieder über den Haufen geworfen wurden, da sie technisch nicht umsetzbar oder zu komplex wären. Hinterschnitt, zu viele Bauteile, Stützmaterial benötigt …
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Nun hieß es die entstandenen Ideen zu simplifizieren und reduzieren, wodurch mein erster Fusion Entwurf entstand. Ein Modell für einen Kerzenständer. Inspiriert durch die Produktreihe „The Uncomfortable“ von Katerina Kamprani. Die darin enthaltenden Werke haben alle eins gemeinsam. Sie sind für ihre ursprüngliche Funktion maximal unpraktisch. Der entworfene Kerzenständer hielt ähnliches Bereit. Er sollte der vermutlich erste waagerechte Kerzenständer seiner Zeit werden.
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Beim erstellen der Mutterform galt es einige Dinge zu beachten. Das Objekt sollte sich in Teile zerlegen lassen, von denen sich ohne Hinterschnitt ein Gipsabguss machen lässt. Sie sollten sich also später einfach entformen lassen ohne zu blockieren. (Notfalls ließe sich das Gipsnegativ auch sprengen, was allerdings schnell zu Qualitätsmängeln führen kann.) Nach dem Entformen werden die Einzelteile wieder aneinander garniert.
Ich ließ mein Modell aus Fusion 3D-Drucken. Das Material war massives Resin. Es ließ sich gut glatt schleifen, was das spätere Entformen erleichtern sollte. Problematisch war, dass das Material einen ziemlich steifen Charakter mitbrachte, was dazu führte, dass mir ein Teil beim verschrauben an der Bodenplatte sprang. Die Fragmente ließen sich zwar wieder zusammen kleben doch musste ich sie mit beidseitigem Klebeband an der Bodenplatte fixieren, um ein weiteres Springen zu verhindern.
Nach dem ich das gegossene Gips um mein Mutterstück hab aushärten lassen, merkte ich recht schnell, dass ich mein positiv nicht mehr aus der negativ Form herausbekomme. Der Kleber und das Klebeband hatten nicht richtig gehalten und die Seife die als eine separierende Schicht zwischen Resin und Gips fungieren sollte hatte auch nicht ausgereicht. Vergeblich sprengte ich die Form. Auch das half nichts, die Materialien waren eins geworden …
Also reflektierte ich mögliche Problemstellen. Erstens, ich sollte das Resin hol drucken lassen, um für etwas mehr Flexibilität im Material zu sorgen und es besser auf der Bodenplatte befestigen zu können. Zweitens, ich sollte das 3D-Modell in Blender überarbeiten, um eine stärkere Verjüngung der zwei Einzelteile zu kreieren. Des weiteren schloss ich die Öffnung, die für die Kerze vorgesehen war und entschied mich dazu, diese später per Hand aus dem Abguss herauszuschneiden. Denn das Problem des Lochs war, dass der eingegossenen Gips durch sein Ausdehnen beim Aushärten das Positiv festklemmte. Gut an dieser Eigenschaft ist, dass der Gips dadurch ziemlich akkurat Strukturen auf der Oberfläche der Mutterform abbildet. Zum Beispiel die Druckschichten des Resins. Zu guter letzt nahm ich mir vor das Positiv diesmal früher aus dem Negativ zu entnehmen. Beim ersten Anlauf hatte ich eine Wartezeit von ca. zwei Wochen, was den Ausdehnungsgrad des Gips durch das Trocknen natürlich enorm steigerte. Je früher ich es entformte, desto lockerer dachte ich.
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Nach den getroffenen Maßnahmen für die Optimierung des Prozesses und ordentlich Seife, war ich sehr gespannt auf den zweiten Anlauf mit dem neuen Druck …
Tadaa, ich hatte zwei einwandfreie Gips Negativ mit ihren Gießringen, die nun fertig trocknen mussten um ihre maximale Saugkraft für Feuchtigkeit für den späteren Abguss zu erhalten. Erleichterung machte sich breit.
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Bei Keratech besorgten wir passende Glasuren, Engoben und das Steinzeug zum Abgießen und Vervielfältigen der Gegenstände. Wir mischten das sich noch in Pulverform befindende Steinzeug an. Die Masse brauchte deutlich mehr Wasser als empfohlen, damit sie sich gut in der Negativform breit machen konnte und sich auch wieder schwungvoll ausgießen ließ. Mit der richtigen Viskosität der Keramik und ausreichender Wartezeit konnte ich drei Abgüsse ohne Bruchstellen entnehmen. Ich entfernte überstehende Reste des Steinzeugs die durch den Gießring entstanden und glättete die Ränder. Die zwei Einzelteile garnierte ich anschließend zusammen, wobei die Schwierigkeit darin lag, dass sich die noch etwas weiche Form nicht durch ihr Eigengewicht beim Aushärten verbog oder gar Risse bekam.
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Zu guter letzt schliff ich die getrocknete Rohform ab und stellte sie für den 900°C heißen Schrühbrand bereit. Nun trug ich die Glasuren auf. Dabei galt es zu beachten, dass die Glasur beim zweiten Brand flüssig wird und dazu neigt am Objekt herunterzufließen. Ich hatte mich für drei verschiedene Farbkombinationen entschieden, die sowohl die Oberfläche als auch das Innenleben einkleideten.
Glasuren:
9450 TRANSPÜNKTCHEN
9524 GRÜNE ALLEE
9315 LARIMAR
9316 MORGANIT
9517 HEIDEKRAUT
9224 AVENTURIN
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Rückblickend hat der Kurs sehr viel Geduld, Ausdauer und Eigeninitiative erfordert. Es häuften sich Fehler, die sich nicht richtig erahnen ließen und viel Zeit und Nerven kosteten. Zum Glück war man dabei nicht alleine, da sich die entspannte Gemeinschaft des Kurses wieder auf die Beine half. Gerade durch die vielen Hürden die überwunden werden mussten, war es umso erfreulicher am Ende all die vielfältigen Werke zu schätzen und auf der Werkschau ausstellen zu dürfen.
Vorkenntnisse in der Holz-Werkstatt (Drechsler, Bandsäge) oder im 3D-Druck / mit CAD-Programmen können je nach Auslegung des Kurses hilfreich sein. Ist durch unsere hilfsbereiten SHK's allerdings nicht notwenig.
Insgesamt ein sehr aufwändiger Kurs, der spannende Einblicke in die Prozesse der Keramik mitbringt und einen sehr freien Spielraum bietet. Und es war generell mal wieder sehr angenehm einfach Analog zu arbeiten.