In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
„Das Netzwerk von […] Banknoten, die von Hand zu Hand weitergereicht werden, kann nicht einfach so ausgeschaltet werden – genauso wenig wie die politische Opposition.“ (Corinne Gisel)
Im Kurs Grundlagen Experiment & Strategie mit Torsten Lesszinsky entwickelten wir Konzepte und Projekte zum Thema Klimakrisen-Kommunikation.
„Veränderung ist möglich. Wenn wir uns klar machen, wie akut die Krise ist, werden aus Lösungen, die vorher wie reine Utopien erschienen, auf einmal sehr rationale und machbare Wege.“, betonte Sara Schurmann am Ende ihres Vortrages im ersten Treffen unseres Seminars. Dass ich in diesem Kurs mit einem brandheißen und dem wohl wichtigsten Thema unserer Zeit zu tun haben werde, war mir schon von Anfang an bewusst, nur eine solche Zuversicht war mir schon lange nicht mehr begegnet.
Als Autorin von „Klartext Klima“ konnte uns Sara Schurmann viel Wissenswertes für unsere eigenen Recherchen mitgeben. Wir lernten über die wichtigen Kipppunkte der Klimakrise und Multisolving-Lösungsansätze, im Anschluss sprachen wir im Kurs über unsere persönlichen Emotionen und Gedanken zum Thema.
In den folgenden Wochen konzentrierten wir uns erstmal auf Recherche und sprachen über verschiedene Formen des Protests. Mit Hilfe unseres Miro-Boards sammelten wir jede Woche neue Artikel, Informationen, Buchempfehlungen, Podcasts, Filme, Veranstaltungen und vieles mehr. Diese teilten wir mit der Gruppe. Eine Methode, die uns in die direkte Auseinandersetzung mit der Krise und den Nachrichten brachte. Nach einigen Wochen war ich so viel aufmerksamer für alles in Bezug auf die Klimakrise.
Das Miro-Board weiter parallel bestückend fingen wir an, Woche für Woche in Büchern nach Ideen, Inspirationen oder einfach nur kleinen Gedankenanstößen zu suchen und diese in Entwürfen zu verarbeiten.
STRIKETHROUGH – Typographical Messages Of Protest von Silas Munro beschäftigt sich mit allen Botschaften des Widerstandes in Form von Schrift und Typografie. In meinem ersten Entwurf sollte ebendiese im Zentrum stehen und Botschaften des Klimaprotestes beleuchten. Im Hintergrund unterstützen Schwarz-Weiß-Fotografien die Message.
Ein visuell sehr eindrucksvolles Buch war THE ART OF PROTEST der Agentur gestalten, in dem viele verschiedene Werke von politischer Kunst und Aktivismus vorgestellt wurden. Hier inspirierten mich auch wieder typografische Werke wie die von Martin Fidel oder Glenn Ligon.
Was ich aus den ersten beiden Entwürfen mitnehmen konnte, war der Drang nach klaren typografischen Statements, die auch in meinem finalen Projekt Platz finden.
In Woche 3 versuchte ich, mich mit ART AND POLITICS von Claus Mewes und angetan von den darin vorgestellten Werken von Arthur Köpcke weg von der zweidimensionalen, typografischen Darstellung und hin zu einer eher plastischen Umsetzung zu bewegen. Zufällig stolperte ich über das Projekt eines niederländischen Design-Studios, die Klimadiagramme als grafische Textilien und Decken neu interpretierten.
Von Materialien und der Konstruktion etwas Neuem animiert, beschäftigte ich mich daraufhin mit WELCOME TO PLANET B, ein Begleitbuch zum ARS Electronica Festival, und verschiedenen Bioplastiken. Ich wusste, dass diese Idee schon zu sehr in Richtung Produktdesign gehen würde, jedoch inspirierte es mich auch, ganz neue Blickwinkel auf das Thema Klimaschutz zuzulassen.
In der letzten Entwurfs-Woche begleitete mich PROTEST. EINE ZUKUNFTSPRAXIS der Zürcher Hochschule der Künste und des Museums für Gestaltung Zürich und bescherte mir meine finale Idee. Das Kapitel AUF PROTEST GEMÜNZT erzählte von Banknoten und Münzen als Träger von Botschaften der politischen Opposition. Angetan von der winzigen Größe des Mediums und der aktivistischen Energie dieser Gestaltungsidee formulierte ich in den folgenden Wochen mein Konzept.
„(Machthaber mögen zwar alles Erdenkliche unternehmen, um die Verunstaltung und Verbreitung von Geld mit politischen Aussagen zu unterdrücken, aber) Das Netzwerk von Münzen und Banknoten, die von Hand zu Hand weitergereicht werden, kann nicht einfach so ausgeschaltet werden – genauso wenig wie die politische Opposition.“ (Corinne Gisel)
Banknoten sind ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen Netzwerkes, das wir Handel nennen. Sie durchdringen alle Schichten der Gesellschaft, sind dauerhaft im Umlauf. Geldscheine werden nicht ignoriert, sie werden nicht weggeschmissen, in den seltensten Fällen zerstört. Welches Medium ist also besser geeignet für den Transport wichtiger, gesellschaftlicher Botschaften?
In meinem Projekt Time For Change – Climate Initiative werden Banknoten zu Botschaftsträgern von Klimaaktivismus. Ich habe dazu 15 Stempel der Maße 30 × 40 mm und einen Logostempel mit dem Durchmesser 25 mm designt und produziert.
Die Klimabotschaften sind größtenteils typografische Statements aber auch Illustrationen von aussterbenden/ausgestorbenen Tierarten und Portraitskizzen. Die korrekte Nutzung der Stempel sieht vor, dass ein Motiv auf der Rückseite eines Geldscheines gepaart mit dem Logostempel platziert wird. Dieser sorgt für Wiedererkennung und die thematische Zuordnung.
Durch die Verbreitung bestempelter Geldscheine soll eine größere Sichtbarkeit des Klimaprotestes in allen Bevölkerungsschichten erreicht werden, das Medium des Stempels sorgt für eine schnellere Reproduzierbarkeit der Motive.
Der gestalterische Ausdruck der Motive ist spontan, trotzdem bestimmt und bewusst gestaltet sowie gewollt trotzig. Sie sind schnell gescribbelte Gedanken einer jungen, zu oft ignorierten Generation. Das Logo ist im Gegensatz zu den Stempelmotiven ein runder Stempel mit negativ ausgeschossenem Text und einer kleinen Subline. Gestalterisch erinnert dieses an eine kleine Münze. Die Ausarbeitung des Logos brauchte einige Versuche. Hier war es sehr wichtig, die Lesbarkeit der Head- und Subline zu gewährleisten, bei doch sehr kleiner Fläche. Die Farbgestaltung ist monochrom schwarz, um die Farbe der Geldscheine für sich stehen zu lassen.
Die ersten Skizzen der Motive habe ich mit Fineliner auf Papier gezeichnet, später eingescannt und in Adobe Illustrator vektorisiert, für die Stempelgravur optimiert und dann auf eine Gummi-Platte gelasert. Die Stempelgriffe sind aus Buchenholz, darauf ist eine Zellgummi-Matte und die gravierte Gummi-Platte angebracht.
Das gravieren der Gummi-Platte mit einem Laser-Cutter hat definitiv einige Versuche verlangt, ich hatte dafür aber sehr gute Unterstützung. Ich musste viel mit der Linienstärke der gravierten Worte rumprobieren. Ich habe vor allem gelernt, filigrane Linien digital doch etwas dicker zu machen, da Kanten beim Gravieren immer ein wenig dünner werden und so ganz verschwinden können. Einige Motive eignen sich zudem besser zum Stempeln als andere. Sehr kleinteilige Buchstaben mit sehr dünnen Linien zum Beispiel treiben die Fähigkeiten des Lasers eher an seine Grenzen als große, klare Linien. Trotzdem war es total schön zu sehen, dass die Motive letztendlich alle sehr gut funktioniert haben und auch gestempelt werden konnten.
Ein weiterer spannender Schritt in diesem Projekt war die Werkschau. Hier konnten wir als Kurs einen ganzen Raum bespielen und überlegten uns, wie wir alle Arbeiten bestmöglich präsentieren würden, damit Besucher:innen damit interagieren können.
Für mein Projekt entschied ich mich, eine Stempel-Station aufzubauen, auf der vor Ort Geldscheine bestempelt werden konnten und sollten. Hinter der Stempel-Station sind alle Motive auf einem A2-Plakat abgebildet und ein Mobile mit bedruckten Banknoten zeigt direkt, wie die Stempel im Hinblick auf die Positionierung und die Zusammenwirkung mit dem Logo-Stempel genutzt werden sollen.
Was mich von Anfang an an diesem Kurs gereizt hatte, war der Ansatz, experimentell aber auch strategisch mit dem Thema Klimakrisenkommunikation zu arbeiten. Mir war bewusst, dass die Ideenfindung schwierig werden würde, da die Debatte aber auch die aktuelle Situation so vielschichtig und aktuell ist.
Es war zu Beginn wirklich herausfordernd, in jeder Woche neue Ideen für Projekte zu haben. Rückblickend war die Methodik mit den Büchern aber gerade deshalb gut, weil wir uns so erstmal eine sehr fundierte Grundlage zum Thema Klima, Kunst und Protest bilden konnten und immer wieder auch mit den Entwürfen der anderen konfrontiert waren.
Meine Projektidee kam mir so also auch eher spät und fast sogar zufällig – aber durch den ständigen Diskurs mit Torsten und dem Kurs habe ich schnell gemerkt, dass ich da an etwas dran sein könnte. Letztendlich hat mir die die Konzeptentwicklung, die grafische Umsetzung sowie die Produktion unglaublich viel Spaß gemacht und ich hatte in diesem Kurs das Gefühl, mit meiner gestalterischen Arbeit endlich mal ein bisschen die Welt verändern zu können.