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Praxissemester beim Startup Aivy

Ich habe ein sechsmonatiges Praktikum bei Aivy absolviert, einem Startup, das gamificication-basierte Recruiting-Lösungen anbietet. Durch ihre App, die mit Hilfe von Psychometrie und maschinellem Lernen passende Karrieremöglichkeiten für Nutzer:innen ermittelt, hilft Aivy Unternehmen, passende Bewerber:innen zu finden und Personalprozesse zu optimieren. Getan wird das mit verschiedenen Produkten. Die breite Öffentlichkeit kann sich im App-Store eine App herunterladen, mit der Minispiele gespielt werden, die das Persönlichkeitsprofil und die Problemlösungsstrategie analysieren. Anschließend werden passende Arbeitgeber vorgeschlagen, die vorher einen umfassenden Fragebogen zu der entsprechenden Stelle ausgefüllt haben

Was habe ich bei Aivy gemacht?

[ passwort: praktikum ]

Während meines Praktikums bei Aivy habe ich mich, bedingt dadurch, dass ich der einzige Desiger war, mit einer breiten Palette an Projekten beschäftigt. Das beinhaltete:

- Arbeit an Aivy’s Plattform zur Anforderungsanalyse

- Ideation der Umsetzung neuer Features für die mobile App

- Arbeit an der Landingpage

- kleinere Social Media Posts

- Brainstorming von langfristigen Strategien.

Generell war vieles davon UI-Arbeit und Feinschliff, da es kaum fertige UI-Komonenten oder eine Design Library gab, auf die ich hätte zurückgreifen können (verglichen mit einer größeren Firma).

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Einziger Designer → Wenig Betreuung & viel Entscheidungsfreiheit

Die Arbeitskultur in Startups kann intensiv sein und Aivy war da keine Ausnahme. Als einziger Designer fühlte ich mich oft „dran“, da mehrere Projekte gleichzeitig liefen und ich ständig unter Stress stand. Diese Position brachte mich häufig in Entscheidungsprozesse ein, die über meinen traditionellen Aufgabenbereich hinausgingen, was mir einzigartige Einblicke in das Geschäft gab und meine Fähigkeiten als Designer stärkte.

Ich habe gelernt, wie man verschiedene Stakeholder einbezieht, um ein vollständiges Bild der Anforderungen und Ziele eines Projekts zu erhalten. Der Umgang mit Menschen, die nicht-designbezogene Anforderungen an meine Arbeit haben, ist eine Herausforderung, die im Studium meiner Meinung nach oft zu kurz kommt. Trotz der kreativen Freiheit, die mir durch das Fehlen von Designkolleg:innen gegeben wurde, musste ich lernen, dass die Arbeit im echten Leben oft an finanzielle Parameter gebunden ist und viel davon besteht, bestehende Produkte zu verbessern oder darauf aufzubauen.

Anfangs fand ich die Entscheidungsfreiheit, die mir durch das Fehlen von Designkolleg:innen gegeben wurde, sehr gewöhnungsbedürftig. Ich machte zuerst viele Variationen von Entwürfen, in der Erwartung, dass erfahrenere Mitarbeiter:innen die finale Entscheidung treffen würden. Doch mit der Zeit und einem klärenden Gespräch mit dem CEO habe ich gelernt, meine Designentscheidungen klar zu kommunizieren und zu begründen, sowie Feedback von Nicht-Designern zu integrieren.

Leider hatte ich niemanden, den ich bei Designspezifischen Fragen fragen konnte und Analytics waren nicht ausreichend in die Produkte integriert. Dies hat mich in meiner Arbeitssuche nach dem Praktikum bestärkt, bei einer größeren Firma anzufangen und die Anwesenheit von „Senior“-Designer:innen zu suchen, um weiter zu lernen. Trotz dieser Schwierigkeiten, hat meine Zeit bei Aivy dazu beigetragen, meine Fähigkeiten als Designer zu stärken und meine Arbeit auf das Gesamtbild und die Ziele des Unternehmens auszurichten.

Größtes Projekt: die Anforderungsanalyse

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In meiner Rolle bei Aivy konzentrierte ich mich intensiv auf die Anforderungsanalyse, eine wichtige Seite des Produkts Aivy, die hauptsächlich von Unternehmenskunden verwendet wird. Die Anforderungsanalyse fragt das Persönlichkeitsprofil ab, dass eine bewerbende Person in der Firma eines unserer Kunden haben muss. Dieses Projekt lief für mich über circa 3 Monate.

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Da alle Änderungen das Nutzerverhalten beeinflussen konnten, musste ich eng mit den Datenwissenschaftlern des Unternehmens zusammenarbeiten. Um sicherzustellen, dass die Ergebnisse der alten Version der Anforderungsanalyse mit denen der neuen Version vergleichbar sind.

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Die alte Anforderungsanalyse tat zwar ihren Job, wurde aber aufgrund des Looks und mangelnder Transparenz von den Kund:innen als Pain Point wahrgenommen. Um das Verständnis der Nutzer:innen zu verbessern, entwarf ich Features wie eine Seitenleiste zur Navigation, eine Mobile-Variante, neue Hinweistexte und Animationen.

Auch wichtig war es, die bestehende Aivy-CI in dieses Design einfließen zu lassen. Die alte Version der Anforderungsanalyse hatte leider ein völlig eigenes Design, bei dem nur die Farben an Aivy’s Brand erinnerten.

Am Schluss des Prozesses lernte ich auch noch einiges über Handoff und die Zusammenarbeit mit Entwickelnden. Hier lernte ich, wirklich jeden kleinsten Edge Case zu bedenken und mir auch vorher schon zu überlegen, wie z.B. eine Animation “hinter den Kulissen” umgesetzt werden könnte und die Assets entsprechend vorzubereiten.

Sprung ins kalte Wasser: Requirements Engineering

Was Requirements Engineering ist, wusste ich vor meine Praktikum ehrlich gesagt gar nicht. In meiner Arbeit als Freelancer waren die Projekte stets klein. Die Anforderungen relativ klar und meine Ansprechpartner:innen oft nur ein bis zwei Personen.

Das war bei Aivy anders: hier wurden Projekte basierend auf mittel- und langfristigen Visionen vom Management angestoßen. Anschließend musste ich als Designer den Input von der Sales-Seite, den Data Scientists einholen und dann die technische Umsetzbarkeit mit den Entwicklern abgleichen. Da jede Seite der Firma ihre eigenen Ansprüche an das finale Design hat, war dies oft ein komplexer Prozess, den ich in diesem Maße vorher gar nicht kannte. Es war in vielen Projekten oft eine 50/50-Verteilung zwischen Requirements Engineering und der “eigentlichen” Design-Arbeit.

Im Endeffekt habe ich gelernt, dass dieser Prozess mit nicht super viel Spaß macht. Ich ziehe es (zurzeit jedenfalls) vor, klare Anweisungen und Anforderungen an ein Design zu bekommen. Das hängt aber vermutlich auch damit zusammen, dass ich den Großteil meiner Karriere im Studium verbracht habe. Ich hoffe, dass diese Aufgaben mir mit der Zeit leichter fallen werden.

Designer:innen designen nicht nur

In den letzten Wochen meines Praktikums hatte ich intensiven Kontakt mit dem Lead-Entwickler und Mitgründer, mit dem ich zuvor kaum zusammengearbeitet hatte. Unser Hauptfokus lag auf der Konzeption eines neuen Dashboards, das Kunden verwenden können, um Tests an potentielle Bewerber zu senden und zu verwalten. Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass meine Rolle hauptsächlich darin bestand, als Sparringpartner aufzutreten, anstatt konkrete Lösungen zu entwerfen und zu iterieren. Es hat viel Zeit gekostet, mich aus dem „Design-Modus“ zu lösen und in den „Big Picture Vision“-Modus zu wechseln. Auch völlig “verrückte” Entwürfe zu machen, die dann als Diskussionsanstoß dienen können ist auch eine Rolle, die ich davor nicht eingenommen hatte.

Unser Ziel war nicht nur die Entwicklung einer neuen Version des Dashboards für unsere Kunden, sondern auch die grundsätzliche Frage nach der Rolle und Gültigkeit dieses Dashboards zu stellen. Es war das erste Mal, dass ich in Überlegungen einbezogen wurde, die sich auf die nächsten Jahre des Produkts bezogen, nicht nur auf die nächsten Monate. Es war eine Herausforderung für mich, in den Gesprächen mit dem Lead-Entwickler nach konkreten Aufgabenstellungen zu suchen. Ich war zu sehr auf das Visuelle fixiert und begann sogar, Wireframes zu erstellen. Stattdessen hätte ich mich auf die Erstellung von großen Prozessdiagrammen und Mindmaps konzentrieren sollen, um den Prozess und die Rolle des Dashboards als Ganzes zu überdenken.

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Unternehmenskultur & Office

Während des Praktikums bei Aivy war das Bürokultur-Erlebnis leider recht begrenzt. Von den sechs Monaten Praktikumsdauer wurden vier in einem schicken Co-Working Space in Berlin-Wedding verbracht, der im Rahmen eines Startup-Accelerators zur Verfügung gestellt wurde. Trotz der Nähe zur Wohnung der Praktikantin wurde der Büroraum oft nur von mir genutzt, da die meisten Mitarbeiter im Home-Office arbeiteten, zum Teil bedingt durch große Entfernungen zwischen ihren Wohnorten und Berlin.

Diesen Mangel an regelmäßigem, direktem Austausch mit dem Team bedauere ich, denn die Tage, an denen persönliche Gespräche und gemeinsame Mittagessen möglich waren, wurden als sehr wertvoll empfunden. Sie boten Gelegenheiten, viel über die Funktionsweise eines Startups und die Vielfalt der unternehmerischen Herausforderungen zu lernen. Auch trugen sie zum Zugehörigkeitsgefühl und zur Wertschätzung des Beitrags zum Erfolg der Firma bei.

Wichtige Elemente der Firmenkultur waren die vierteljährlichen „Quarterly“-Meetings, in denen sowohl Rückblicke als auch Zukunftspläne, Herausforderungen und Ziele diskutiert wurden. Jeder Mitarbeiter hatte die Möglichkeit, Kritik und Feedback zu äußern. Die offene Kommunikation und Transparenz in Bezug auf Unternehmensdaten wie Umsatz und Auftragslage stärkten das Gefühl der Verbundenheit mit der Firma. Trotz der physischen Distanz wurde somit eine starke Bürokultur und ein Gefühl der Verbundenheit innerhalb des Teams gefördert.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Sonstiges

Art des Projekts

Keine Angabe

Zugehöriger Workspace

2.23-PS Praxissemester - Praktikum & Praxisbericht

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2023