In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Gestaltung einer lyrischen Sammlung mit politischen & gesellschaftskritischen Gedichten.
Wir beschäftigen uns in diesem Kurs mit einer Sammlung von Gedichten, welche mahnen und warnen können. Zusammen erarbeiten wir uns eine Auswahl an von uns gestalteten Gedichten und bringen sie in ein Buchformat.
1. Gestaltung der Gedichte
Im ersten Teil des Kurses lernen wir die Gedichte kennen und jede*r erstellt für sich eine Auswahl, welche er/sie gestalten möchte. Es gibt über mehrere Wochen Feedback zu der visuellen Form der Texte und am Ende steht unsere Auswahl für den Druck.
2. Risodruck des Gedichtblocks
Die ausgewählten Gedichte werden kuratiert und von Vivienne und Alexander im Risodrucker gedruckt. Der gesamte Druck ist in blau.
3. Konzept Buchgestaltung
In Gruppen oder allein geht es jetzt an die Gestaltungsentscheidungen für das Cover und die Seiten, welche nicht die Gedichte beinhalten. Dazu gehören ein Vorwort, kurze biografische Texte über die Autor*innen, ein Inhaltsverzeichnis, die Namen der Studierenden und das Impressum. Ein Konzept soll über diese Seiten hinweg erkennbar sein und den Gedichtblock einrahmen.
4. Animation
Es soll eine Animation zu den Gedichten entstehen.
Bei der Auswahl der Gedichte versuchte ich auf unterschiedliche Längen und Entstehungszeiten zu achten.
Das Gedicht Karawane wurde final aus der Sammlung gestrichen, doch ich fand es spannend einen Gestaltungsweg für ein Lautgedicht zu finden. IN meinen drei Varianten, wollte ich drei verschiedene Ansätze testen. Einmal eine relativ klassische Gestaltung um den verwirrenden Inhalt zu kontrastieren. Das zweite Bild zeigt eine wie ich finde eher Textunterstreichende Variante, in der ich das vorgetragene Gedicht gehört habe und lautere Passagen auch größer dargestellt sind. Die Handgeschriebene Variante war der Versuch dem großen künstlerischen Wert des Gedichts gerecht zu werden und keine erstellte Font zu benutzen
Die Gestaltung des Gedichts von Eugen Gomringer war interessant, da das Gedicht sich nur aus dem Wort schweigen zusammensetzt. Da für mich der Inhalt ziemlich deutlich war, versuchte ich grafisch mit dem Text zu arbeiten. In allen Varianten arbeitete ich mit einem extrem verengten Zeilenabstand, sodass eine Art Block entsteht. Die erste Gestaltung ist vertikal ausgerichtet und erzeugt für mich, durch die nach links ausgerückte zweite Zeile, eine Art Ausbruch. Der Titel wurde sozusagen schon voraus geschossenen. In der zweiten Variante setzte ich die drei Komponenten Titel, Autor und Gedicht so zueinander, dass ein Gesicht mit verschlossenem Mund entsteht. Dieses soll den Eindruck des Schweigens vertiefen. Die letzte Gestaltung ist relativ klassisch wie das Original geblieben. Nur der Zeilenabstand ist ebenfalls vermindert.
Die Gestaltung des Gedichts stand relativ schnell fest. Meine Idee war es die im Gedicht scheinbar zusammen hanglosen Metaphern, die aneinandergereiht werden, in der Gestaltung aufzugreifen. Die Lesenden werden zudem von auf dem Kopf stehenden Zeilen unterbrochen und müssen aktiv das Blatt drehen. Jede Zeile steht für sich und sitzt anders im Format. Es bildet sich ein verkanteter Weg, dem die lesende Person mit den Augen folgen muss. Ich arbeite sehr viel mit dem Weißraum und den Formen die durch die unterschiedlich Anordnung der Zeilen entstehen. Die Varianten zeigen die verschiedenen Anordnungsoptionen (die dritte ist im Buch zu sehen).
Font: Actually Grotesk Light
Der Aufbau des Gedichts Todesfuge von Paul Celan erinnert an das musikalische Kompositionsprinzip einer Fuge (lat. Fuga = Flucht). Der Aufbau der Strophen ähnelt sich und das Leitmotiv „schwarze Milch der Frühe“ bildet eine formale Klammer. Zudem treten immer wieder die Worte morgens, mittags, abends und nachts auf. Durch die ständige Wiederholung wurde die Dringlichkeit deutlich und die unaushaltbare und aussichtslose Situation. Deshalb wurden diese vier Worte auch Teil meiner Gestaltung. Mit ihnen sollte die Dringlichkeit die Lesenden noch mehr anspringen. Ich probierte sehr viele Varianten aus bis ich bei dem finalen Entwurf landete, der in der fünften pdf zu sehen ist.
Das Gedicht von Walther von der Vogelweide ist das älteste unserer Sammlung (ca. 1200). In dem Gedicht geht eine Person ihren Gedanken nach, während sie auf einem Stein sitzt. Ich versuchte hier die Situation hervorzuheben, indem ich das Gedicht auch auf einen Stein setzte. Der Stein ist hier als grafisches Element auf einen Umriss beschränkt. Der Textblock ist dieser Form angepasst und steht ,in der finalen Version, leicht drüber hinweg. Genauso wie der Autor und Titel ebenfalls.
Die Gruppenstruktur unserer Gruppe änderte sich im Prozess leicht. Ich begann mit Vincent und Clara zu arbeiten. Wir waren sehr inspiriert von den Siebrucken auf Ton der hfg Offenbach und wollten diese Technik auch testen. Der destruktive Charakter, der durch verschiedenste Verformungen beeinflussbar ist, passt sehr gut zur Thematik des Buches. Wir entschieden uns zwei Covervarianten zu siebdrucken. Einen Tag vorher bereiteten wir 5 A4 Tonplatten vor, welche über Nacht trockneten damit das Sieb nicht am Ton hängen bleibt. Als Farbe wollten wir bei blau bleiben, wie auch der Risodruck. Nach dem bedrucken der Platten gingen wir ins Reprolabor und fotografierten jeden Schritt der Verformung. Wir arbeiteten mit eckigen und runden Vertiefungen.
Nach Entscheidungsschwierigkeiten arbeitete ich nur noch mit Clara zusammen. Wir entschieden uns für die Variante mit den harten Kanten. Bei dieser Variante hatten wir schon vorher die Idee die Worte Poetry & Club auf die U1 und U2 aufzuteilen. So bildet es einen Rahmen um das gesamte Buch. Mit der digitalen Bearbeitung versuchten wir den Ton grau-weißer wirken zu lassen aber trotzdem die Struktur und Materialität des Tons zu erhalten. Den Untertitel fanden wir auf dem Cover zu klein, deshalb setzten wir ihn auf die erste Seite.
Das Element Ton sollte uns weiter im Prozess begleiten. Wir fotografierten weitere Strukturen im Ton um ihn als unser Rahmenelement des Buches zu nutzen. Die Seiten U2 & U3 ergeben wenn man den Buchblock hochhält ein Bild. So leiten sie den Lesenden ins Buch hinein, als auch hinaus. Genauso befindet sich eine zweite Struktur vor und nach dem Gedichtblock. Die Tonstruktur funktioniert hier wie ein Durchatmen und kündigt einen neuen Abschnitt an.
Um mit der Gestaltung zu beginnen, sortierten wir erstmal alle Informationen die in das Buch gehören. Wir erstellten eine Seitenübersicht um deutlich zu sehen, welche Bestandteile wo auftauchen.
Wir arbeiteten mit den Fonts Baskerville und Favorit. Der Kontrast zwischen der alten Baskerville und der modernen Favorit soll die unterschiedlichen Entstehungsdaten der Gedichte aufgreifen.
Die Favorit ist immer kursiv und wird als Überschrift in Größe 140pt verwendet. Im gesamten Buch verwenden wir einen linksbündigen Flattersatz. Der Fließtext ist in Baskerville gesetzt und ist immer einspaltig. Ausnahmen sind die Autor*innen Seite und die der Studenten.
Die Regel der Überschrift in Favorit kehrt sich zweimal im Buch um. Auf der ersten Seite wird der Titel klein in Baskerville geschrieben. Genauso auf der Studenten Seite sind die Namen groß in Favorit. Diese Größenveränderung von Inhalt und Überschrift bringt mehr Lebendigkeit in das Buch.
Die Überschriften der Sinnabschnitte sitzen alle im Anschnitt und sind mittig auf dem Blatt orientiert.
Wir druckten bei Copy Trigger am Kottbusser Tor. Als Papier für die Innenseiten verwendeten wir 170g Recyclingpapier. Das Cover ist ebenfalls auf Recyclingpapier (300g) gedruckt um die Struktur des Tons zu unterstützen.
Nach dem Drucken, falzten wir die Druckbögen und begannen mit dem Binden in der Buchbindewerkstatt. Final arbeiteten wir mit einer 3-Stich-Fadenbindung. Bei manchen Exemplaren ist das Ende des Fadens außen sichtbar, bei den übrigen endet er auf der mittleren Doppelseite. Wir testeten die Fadenfarben blau, schwarz und weiß und empfunden weiß am Ende als passendstes Ergebnis.
Techniken: Risodruck in blau (Gedichtblock), Offsetdruck (Rahmeninformationen), Siebdruck (Coverbearbeitung)
Papier: Cover = 300g Recyclingpapier, Rahmengestaltung = 170g Recylingpapier, Gedichtblock = 115g Munken
Schriften: Baskerville, Favorit
Satzspiegel: linksbündiger Flattersatz
Bindung: 3-Stich-Fadenbindung (weiß)
Für die Animation habe ich die Fotos aus dem Reprolabor vom Cover hintereinander abspielen lassen. Das Wort Poetry wird zerstückelt und wirkt so leicht bedrohlich. Leider bin ich nicht wirklich dazu gekommen noch eine weitere Animation zu gestalten, doch der Kurs hat mich motiviert mich in Zukunft damit auseinanderzusetzen.
Ich fand den Kurs sehr spannend. Besonders lehrreich war das Gestalten von Typografie von klein nach groß. Angefangen mit der Gestaltung der Gedichte auf einer Seite bis zu der Gestaltung über acht Doppelseiten wurden einem viele Tipps gegeben. Die Inputvorträge waren sehr interessant und hilfreich. Besonders in der Anwendung von typografischen Mitteln wie Satzspiegel oder Layout und im redaktionellen Gestalten. Die Themen haben einen sehr gut auf die Semesterarbeit vorbereitet. Nur beim Risodruck und manchen Absprachen bezüglich des Formats und festgelegten Vorgaben hätte ich mir eine bisschen klarere Kommunikation gewünscht.
Am Ende des Kurses konnte ich sehr viel mitnehmen aus dem Projekt und bin zufrieden mit der Gedichtsammlung. Es war ein intensiver und toller Kurs, danke Susanne!