In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Bei unserem ersten Treffen haben wir den Ort, den es zu analysieren galt, besucht. Mit kurzen Zeichenübungen haben wir versucht die Umgebung in ihre Einzelteile zu zerlegen und so uns näher beschäftigen.
Bei den Zeichenübungen galt es in einem bestimmten Zeitraum auf Details aufmerksam zu werden und so sich bestimmten Dingen bewusst zu werden, die im ersten Augenblick nicht aufgefallen wären.
Es entstanden in einem 9er Feld Skizzen zu den Themen:
1. Rechtecke
2. Typografie
3. Beobachtung der Umgebung
4. Beobachtung der Umgebung
Durch die Erkundung des Raumes wurden viele verschiedene Eindrücke gesammelt, mit den man sich einen ersten Eindruck verschaffen konnte. Die Skizzen erinnern an bestimmte Entdeckungen des Raumes, jedoch bleiben sie durch die farblosen Schraffierungen leblos. Zugegeben, so war auch der Eindruck des Gebiets. Es war ein grauer, trister Tag und der Ort bietet zwar an einigen Stellen Grünflächen, wird aber vor allem durch Industrie und Verkehr dominiert.
Auf dem Weg über das Gebiet habe ich in regelmäßigen Abständen Bilder aufgenommen und wollte meinem Eindruck auf die Spur gehen. War der Ort wirklich so farblos und trist?
Nach der Selektierung meiner Bilder, habe ich sie in quadratischer Form nebeneinander gesetzt und mir 6 davon herausgesucht und sie in ihre Farbräume zerlegt.
Im Anschluss der Hausaufgabe beschäftigten wir uns intensiver mit dem Thema Farbe und deren Vorkommen im abgesteckten Raum. Welche Farben sind uns im Gedächtnis geblieben? Welche sind besonders hervorgestochen und welche verbinden wir mit dem Ort?
In den nächsten Aufgaben ging es genau darum, diesen Fragen auf den Grund zu gehen.
Durch die intensive Auseinandersetzung mit den Farbräumen des Ortes, wurde unterbewusst ein Bild geweckt, das es als Hausaufgabe umzusetzen galt. Die Aufgabe bestand darin, aus den verschiedenen Farben eine Karte des Ortes zu gestalten, mit der Schwierigkeit möglichst ohne Hilfsmittel den Ort darzustellen. Durch den Einsatz von Farben ließ sich der Raum leicht aufteilen:
In der nächsten Woche entfernten wir uns von den bisher erforschten Gebieten und wandten uns dem Thema der Strukturen zu.
Fragestellung: Wie stellt man Strukturen im analogen Zeichnen dar?
Mit dieser Aufgabe begannen wir kleine Scribbels zu erstellen und zeichneten wild drauf los.
Die Aufgabe war schwieriger als gedacht, denn Strukturen lassen sich leichter in Worten beschreiben, als zu zeichnen. Außerdem was macht eine Struktur eigentlich so interessant bzw. warum lässt sich das Auge so schnell auf eine Art von Struktur ein?
In der unmittelbaren Umgebung gibt es zahlreiche Strukturen aller Art und das Auge findet mit Leichtigkeit eine Regelmäßigkeit. Dieser, für das Gehirn, interessanter Bereich ist es, den eine Struktur ausmacht. Es ist der Bereich zwischen einem Rauschen, etwas was ich wahrnehme aber nicht im Gehirn umsetzen kann und der perfekten Symmetrie, die ich bei starker Anstrengung wahrnehme aber direkt wieder aus den Augen verliere, weil es zu regelmäßig ist. Die Struktur bietet hier den Mittelpunkt und macht es für uns als Mensch umso interessanter, sich damit zu beschäftigen.
Nach der kurzen Einführung ging es weiter mit verschiedenen Aufgaben zur Erstellung großformatiger Strukturen. Auf A4 fertigten wir Strukturen an, die geradlinig und organisch sein sollten. Erst separiert und dann zusammengefasst in einem Entwurf. Folgende Strukturen sind dabei entstanden:
Die Kombination aus Strukturen und Farben war der nächste Schritt in der Analyse des Raums. Wir erstellten 10 Quadrate mit Strukturen in den Farben des abgesteckten Ortes.
Kombination aus Formen und Strukturen in digitaler Form
Formen in analoger Form mit Erweiterung in die Dreidimensionalität
Als Hausaufgabe galt es die erstellten Formen in eine Animation zu verwandeln. Dabei entschied ich ich für zwei Kombinationen: Form+Farbe und Form+Struktur.
Zoe und ich beschlossen recht früh im Kurs, die Möglichkeit zu nutzen und eine Gruppenarbeit daraus zu machen.
Für das Abschlussprojekt hatten wir die Idee, wissenschaftliche Texte zum Ort zu schreiben. Es sollten die wichtigsten Gebäude zusammengefasst und ihre Bedeutung für die Umgebung erklärt werden, um dem aussenstehenden Betrachter:innen zu zeigen, wie der Raum definiert wird.
Die Informationen sollten in einem 20-seitigen Leporello zusammengetragen und von einem Hardcover mit zwei Klappen umschlossen werden. Nach dem Öffnen der Publikation, sollte eine analoge Mappe zu sehen sein, die sich über die erste Seite des Leporello und die zwei ausgeklappten Seiten links und rechts ziehen sollte. Auf den dahinterliegende Seiten sollten die Texte in Kombination mit Fotografien und Grafiken folgen. Für die erste Besprechung hielten wir folgende Anhaltspunkte fest:
-Publikation in Form eines Leporello mit Hardcover
-Format: A5
-Inhalte: wissenschaftliche Texte, Fotografien und Texte
-Produktion: für den Inhalt Druckerei und Hardcover in Zusammenarbeit mit einer befreundeten Buchbindwerkstatt
Nach der ersten Besprechung wurde uns schnell klar, dass wir uns viel mehr an die Themen des Kurses halten wollten: grundlegende Gestaltungstechniken. So entschieden wir uns von den wissenschaftlichen Texten zu trennen und einen eher kreativen, gestalterisch freieren Weg zu gehen.
Ich erinnerte mich an ein Projekt einer Kommilitonin aus dem letzten Semester, die mithilfe von Cyanotypien eine Publikation illustriert hat. Mithilfe von einer chemischen Lösung, die auf einer Oberfläche aufgetragen und Sonnenlicht (UV-Strahlung) ausgesetzt wird, reagiert die Lösung und verfärbt sich. Nachdem man die Lösung von der Oberfläche abwäscht, verfärbt sich diese blau.
Wenn man nun Schatten auf der Oberfläche erzeugt ergo keine bzw. weniger UV-Strahlung mit der Lösung reagiert, entstehen abdrücke, die sehr interessant aussehen können.
Mit dieser Technik hatten wir nun die Idee, Gegenstände aus dem Gebiet des Westhafens zu sammeln und auf Papieren durch das Verfahren der Cyanotypie abzubilden. Die Ergebnisse wollten wir im Layout als Inhaltsteil zusammenfassen, so dass wir die Betrachter:innen einladen unsere subjektive Wahrnehmung des Ortes nachzuempfinden.
Für die Cyanotypien benötigt man in der Regel nicht viel. Im Internet gibt es einige Anleitungen, wie man sich die Lösung zuhause selbst mischen kann. Es gibt jedoch auch schon fertige Mischungen, die man bei Modulor und Co. einfach kaufen kann.
Die Mischung wird vor Gebrauch gut geschüttelt und in einem dunklen Raum aufgetragen (damit kein UV-Licht mit der Lösung reagiert). Als Untergrund haben wir verschiedene Papiere in unterschiedlichen Stärken zusammengetragen, um Oberflächenstrukturen austesten zu können. Wir haben außerdem bedruckte Papiertüten bestrichen, da wirklich jede papier- oder stoffähnliche Oberfläche genutzt werden kann.
Hier kommen wir auch schon zur ersten großen Schwierigkeit: unser Projekt ist im Wintersemester entstanden. Bedeutet, es wird sehr früh dunkel und es gibt kaum Sonnenschein (keine direkte UV-Quelle). Das UV-Licht, welches durch eine dicke Wolkendecke kommt, ist wie wir nach unseren ersten Versuchen bemerkt haben, zu schwach um eine starke Reaktion hervorzurufen.
Schnell brauchten wir eine andere Lösung: UV-Lampen.
Wir haben im Internet eine kleine UV-Taschenlampe bestellt, die Sonnenlicht nachempfinden sollte. Bei unserem zweiten Anlauf konnten wir schon wesentlich bessere Ergebnisse erzielen, jedoch war der Radius der Taschenlampe zu klein, um große Oberflächen gleichmäßig zu belichten. Es entstanden also nur kleinformatige Cyanotypien.
Trotz der UV-Lampe waren die Ergebnisse nicht kontrastreich genug. Nach dem Entfernen der chemischen Lösung müssen die Papiere getrocknet werden. Wir hatten das ein oder andere Mal Glück und haben starke Kontraste und Sättigungswerte der Cyanotypie-Mischzung erzeugt jedoch blieb oftmals das kräftige Blau aus...
Eine bessere UV-Lampe musste her. Durch Glück habe ich bei einer Freundin eine Lampe entdeckt, die sie vor allem für ihre Maniküre verwendet.
Auf den ersten Blick erschien die Lampe stärker als unsere Taschenlampe zu sein, da sie auch über mehr Lämpchen verfügte. Mit neuer Lampe und neue bestrichenen Papieren bauten wir uns eine Arbeitsstation, mit der wir gute Belichtungen erzeugten.
Viele Versuche später, hatten wir ein gutes Repertoire an Papieren. Wir waren noch immer nicht zufrieden mit den Blautönen und kamen im Bearbeitungprozess auf die Idee alle Papiere schwarz-weiß zu färben. Dadurch konnten wir viel mehr mit Hell- und Dunkeltönen arbeiten, sowie verschiedene Ebenen erstellen, bestimmte Objekte ausschneiden und wieder einfügen. Die Ästhetik einer dunklen Publikation gefiel uns gut uns so setzen wir den Bearbeitungsprozess fort, bis das Layout stand.
Auf die erste Seite sollte noch ein Text platz finden, der das Projekt kurz erklären jedoch auch nicht zu viel verraten sollte.
Die Produktion war schwieriger als gedacht, da ein Leporello mit mehr als vier Seiten nur im Offset gedruckt werden kann, was bedeutet:
-Stückzahl ab 25-1000
-hohe Kosten
-Druckzeit
-max. 10 Seiten (Vorder- und Rückseite zusammen/ also 5 auf der einen und 5 auf der anderen)
Wir standen nun vor dem Problem, entweder das Layout zu verkleinern und hohe Kosten zu tragen oder eine andere Möglichkeit zu finden. Hier kam Zoes Idee ins Spiel, da man einfach die einzelnen Seiten doppelseitig bedrucken und aneinander nähen könne.
Gesagt, getan und Zoe nähte, was das Zeug hält.
Nachdem wir das Problem gelöst hatten, konnten wir den Inhaltsteil in der Buchbinderei abgeben. Nach einer kurzen Besprechung, entschieden wir uns für eine Prägung als Titel auf der rechten Klappe des Hardcovers. Produktionszeit ca. 5 Werktage.