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Eye-Tracking-Studie: Betrachtung von Orientierungsplänen

Eye-Tracking-Studie: Betrachtung von Orientierungsplänen

Eye-Tracking-Studie zum Vergleich des Leseverhaltens und der Navigation von Lage- und Orientierungsplänen, anhand mehrerer Praxisbeispiele und Proband:innen.

Da wir uns beide sowohl im Bachelor als auch aktuell im Master mit den Themen Signaletik und Orientierung beschäftigen und uns mit dem Aufbau und der Erstellung solcher Lage- und Orientierungspläne schon in zahlreichen Projekten auseinandergesetzt haben, haben wir ein ganz spezielles Interesse an den Ergebnissen unseres Experiments. Für die Durchführung haben wir eine Bandbreite an unterschiedlichen Lageplänen herangezogen, die unterschiedliche Charakteristiken solcher Pläne aufweisen. Dadurch erhoffen wir uns, mögliche Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Darstellungsweisen erhalten zu können.

Aufbau der Studie

Für die Studie haben wir das Remote-System von SMI genutzt.

An unserer Studie am 16. Juni 2022 haben 6 Proband:innen teilgenommen.

Insgesamt hatten wir 10 unterschiedliche Lage- und Orientierungspläne und dazu 9 unterschiedliche Aufgabenstellungen vorbereitet, welche die Proband:innen durchlaufen haben.

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1: Finde die Mensa

Aufgabe:

Finde die Mensa. 

Ein Ziel finden, das nur als Piktogramm aufgeführt ist. (übliches Symbol)

Hypothese:

Verständliche/übliche/gelernte Piktogramme reichen aus.

Handlungsschritte:

> Erkennen: keine Textinfo vorhanden

> Verstehen: nur Piktogramme zur Hilfe

> Erschließen: womit Mensa dargestellt wird

> Besteck als übliches Symbol erkennen

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Textinformationen in Legende als erstes angesteuert

• Ziel wurde zügig gefunden

• Ausschlussverfahren angewendet

> Unübliche oder nicht erlernte Piktogramme würden hier weniger gut funktionieren.

2: Suche deinen Standort

Aufgabe:

Wo ist dein genauer Standort auf der Karte? 

Eine unscheinbare Standortmarkierung finden, die auch in der Legende unvorteilhaft platziert ist.

Hypothese:

Die Standortmarkierung wird intuitiv & direkt angesteuert.

Handlungsschritte:

> Erkennen: keine auffällige Markierung vorhanden

> Verstehen: Hilfsmittel wird benötigt (Legende)

> Erschließen: Kreuz dient als Markierung

> Kreuz auf der Karte finden

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Die meisten fangen tatsächlich direkt in der Karte an zu suchen und wechseln dann zügig in die Legende

• Je schneller zur Legende übergegangen wurde, ­desto schneller wurde insgesamt das Ziel gefunden

• Die Proband:innen, die zuerst nur in der Karte gesucht haben,

konnten den Standort nicht direkt als solchen identifizieren

> Es ist erlernt, dass eine Standortmarkierung auffällig ­gestaltet ist und aus der Gesamtgestaltung heraussticht

> Wenn ich nicht weiß wo ich bin, kann ich mich auch nicht orientieren

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3: Finde den Sportplatz

Aufgabe:

Wo befindet sich der Sportbereich? 

Ein Ziel auf einem Plan in perspektivischer Darstellung ­finden, wobei die Beschriftung fremdsprachig ist und keine Piktogramme verwendet werden. (Sport = Internationalismus)

Hypothese:

Internationalismen in der Nomenklatur helfen fremd­sprachigen Nutzer:innen beim Erschließen von Zielen.

Perspektivische Darstellung von Schrift beeinträchtigt die Lesbarkeit.

Handlungsschritte:

> Erkennen: andere Sprache, keine Piktogramme

> Verstehen: Hilfsmittel wird benötigt (Legende)

> Erschließen: wie wird das Ziel hier bezeichnet

> Erschließen: Nummer des Ziels (Normalschreibung, schwarz auf weiß)

> Nummer im Plan finden (Perspektivschreibung, negativ weiß auf schwarz)

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Die meisten Probanden wechseln zügig zur Legende

• Ziel wird sprachlich überraschend schnell identifiziert

• Unterschiedliche Darstellung der Nummer ruft sichtbare Irritationen hervor

> Eine sensible Auswahl in der Nomenklatur kann ­sprachliche Barrieren abbauen

> Darstellung in Legende und Karte sollte nicht wechseln

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4: Entfernungsberechnung

Aufgabe:

Wie weit ist es ungefähr vom Eingang Tempelhofer Damm bis zum Ausgang ­Oderstraße? (grob in Meter)

Zwei Ziele als Textinformationen auffinden und deren ­Entfernung voneinander ermitteln.

Hypothese:

Die Entfernungsermittlung wird unter Beobachtung ­Schwierigkeiten bereiten und Stress auslösen. Aufgrund vorhandener Strecken-Markierungen wird man nach ­konkreten Angaben in Metern suchen.

Handlungsschritte:

> Suchen: geforderten Ein- und Ausgang

> Erkennen: Rastereinheiten werden bereitgestellt

> Erschließen: welche Größe symbolisiert eine Rastereinheit

> Kästchen zählen

> Nicht mit Streckenangabe in Legende verwechseln

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Ein- und Ausgang wurden schnell identifiziert

• Rasterdefinition wird schnell gesehen aber nicht genutzt oder verstanden

• fast immer Hinweis vom Versuchsleiter nötig, sodass ­Zählung der ­Rastereinheiten erfolgt

• Angaben grob und ungenau, wie gefordert

> Rechnungen werden unter »Stress« gern vermieden, es wird nach einfacheren Lösungen/Angaben gesucht

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5: Finde die Polizei

Aufgabe:

Zeige uns die Polizei im Plan.

Ein Ziel finden, das mit Piktogramm und ­Textinformation ­angegeben ist.

Hypothese:

Es wird angenommen, dass die gegebenen Informationen in der Legende zu einer schnellen Lösung führen.

> Plan > Legende > Plan > Lösung

Handlungsschritte:

> Erkennen: zu viele Piktogramme für schnelle Suche

> Verstehen: Legende zur Identifikation der Polizei nötig

> Suchen: Piktogramm der Polizei auf der Karte

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Gestartet wurde so gut wie immer auf dem Plan (­größter visueller Reiz)

• Wie vermutet als nächstes direkt die Legende angesteuert

• Dann wieder zum Plan mit schnellem Auffinden des Ziels

• Musterbeispiel für guten Ablauf, trotz gesteigerter ­Informationsdichte

> Auffällig ist, dass fast immer der mittlere Teil der Legende angesteuert wird

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6: Raum der Stille

Aufgabe:

Wo befindet sich der Raum der Stille?

Ein Ziel finden, das fälschlicherweise in der Legende ­angegeben, aber im Plan nicht aufgeführt wird. (Piktogramm eher selten benutzt)

Hypothese:

Es wird angenommen, dass es zu häufgigen Wechseln ­zwischen Plan und Legende kommen und wiederholter Überprüfung des Piktogramms kommen wird.

Handlungsschritte:

> Suchen: Piktogramm in der Legende

> Suchen: Piktogramm auf der Karte

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Legende wird schnell angesteuert, Raum der Stille schnell gefunden

• Gestartet wurde oft mittig, wo Dichte der ­Piktogramme ­besonders hoch

• Tatsächlich viele Wechsel zwischen Plan und Legende

• Lange Phase des Suchens, weniger Rückversicherungen als gedacht

• Auflösung der Situation unsererseits nach der ersten ­verbalisierten Irritation

> Auffällig ist, dass die Suche in der Regel gegen den ­Uhrzeigersinn erfolgt

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7.1 + 7.2: Gleicher Park, anderer Plan

7.1

Aufgabe:

Finde die Parkbühne.

Finde die Parkbühne. Ein Ziel in einer nummerierten Legende finden und diese Nummer im Plan finden.

Hypothese:

Aufgrund der Vielzahl an Informationen wird die Suche nach dem Ziel sowohl in der Legende, als auch im Plan ­einige Zeit in Anspruch nehmen.

Handlungsschritte:

> Erkennen: Ziele sind nur als Nummern im Plan verzeichnet

> Verstehen: die Legende wird benötigt

> Erschließen: Nummer des Ziels

> Suchen: Nummer im Plan

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7.2

Aufgabe:

Zeige uns den Weg von der Parkbühne zum Überwinterungsgewächshaus.

Das gleiche Ziel suchen, auf einem Plan in anderer Ausrichtung und mit anderer Gestaltung. ­Ein zweites Ziel suchen und den Weg zwischen beiden per Mausklick aufzeigen.

Hypothese:

Es wird angenommen, dass der Plan als gedreht erkannt wird und Ziel1 schnell wiedergefunden wird. Ziel2 wird Schwierigkeiten bereiten, da der Begriff sehr lang ist und im funktionalen Teil des Parks geleistet ist.

Handlungsschritte:

> Erkennen: dass der Plan gedreht ist

> Verstehen: Ziel1 liegt dementsprechend jetzt weiter links

> Erschließen: Nummer von Ziel2

> Suchen: Nummer von Ziel2 im Plan

> möglichen Weg zwischen beiden Zielen klicken

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Statt des Planes wird direkt die Legende angesteuert (nur eine Probandin sucht wie vermutet im Plan)

• Anschließende Suche im Plan startet geöhnlich an der Stelle, an der das Ziel im vorigen Plan lag

• Suche nach der Parkbühne dauert unerwartet lang

• Headlines, die die Ziele kategorisieren, werden kaum ­beachtet (Headlines über den Textblöcken), wenn ­überhaupt erst nachrangig

• Komplizierter Begriff Ziel2 muss häufig noch mal vom ­Versuchsleiter ­genannt werden

> Die Suche verläuft möglicherweise eher nach ­Handlungsmustern, als nach logischem Verständnis

> Lange Begriffe in der Nomenklatur sind herausfordernd

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8: Im Louvre

Aufgabe:

Du stehst vor der Mona Lisa und möchtest zu The Euphronios krater. Was fällt dir auf? Zwei Ziele in einer Legende mit Darstellungen finden, wobei das zweite Ziel gesperrt ist.

Hypothese:

Unübersichtliche Darstellung und schlechte Kontraste zum Hintergrund wirken sich auf die Entschlüsselung der ­Information aus.

Handlungsschritte:

> Erkennen: Ziele mit Bild- und Textinformationen gegeben

> Verstehen: unbekanntes Objekt nur mit Textinfo zu finden

> Erschließen: Raumnummer von Ziel2

> Suchen: Position im Plan

> Erkennen: Zielraum ist mit Schraffur versehen

> Verstehen: Schraffur bedeutet Raum ist gesperrt

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Farbabweichung von Blau (Codierung des Museums) zu Schraffur Gelb gar nicht als Irritation wahrgenommen (Raumplan/Darstellung re.)

• Suche nach Legende oft nur nach Hinweis des ­Versuchsleiters

• Obwohl so nah am gesuchten Objekt, Legende schwer ­gefunden, da heller Farbton auf grau und Informationen in allen Ecken

> Für unbekannte Objekte ist die Darstellung nicht hilfreich und Text zu klein

> Durch mangelnden Kontrast Informationen nicht erkannt

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9: Barrierefreier Weg

Aufgabe:

Du bist in Begleitung einer Person im Rollstuhl. Diese Person möchte zur Toilette. Welchen Weg nehmt ihr? 

Start und Ziel auf unterschiedlichen Etagen finden.

Hypothese:

Übersichtliche Darstellung von Etagen übereinander, ­verbunden mit der dazugehörigen Textinformation, trägt zur schnellen Orientierung bei.

Handlungsschritte:

> Suchen: aktuellen Standort

> Suchen: barrierefreies WC

> Erschließen: barrierefreier Weg per Aufzug möglich

> Weg mit per Mausklick aufzeigen

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Beobachtungen + Erkenntnisse:

• Standort wurde schnell gefunden, da auffällig in Farbe

• Ziel wurde schnell per Legende und Piktogramm ermittelt

• Suche nach Aufzug dauert etwas

> Professionell gestaltete Darstellungen, die intuitiv ­funktionieren, werden schnell verstanden

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Fazit

Durch das Projekt hatten wir beide die Möglichkeit zum ersten Mal Erfahrungen mit dem Thema des Eye-Tracking zu sammeln. 

Der Kurs und unsere durchgeführte Studie haben uns geholfen, uns intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und insbesondere das SMI-System kennenzulernen.

Durch unsere detaillierte Vorarbeit und den strukturierten Aufbau unserer Studie, konnten wir die Durchführung ohne Probleme durchlaufen und die 6 Proband:innen gut durch die unterschiedlichen Aufgaben leiten.

Gerade die Analyse der erhobenen Daten war für uns sehr interessant und hat uns gezeigt, dass sich doch einige unserer zuvor angenommenen Thesen nicht erfüllt, bzw nur teilweise bewahrheitet haben. Die Daten anschließend so zu analysieren und mögliche Gründe für die Abweichungen der Ergebnisse herauszufinden, war sehr interessant und lehrreich.

Des Weiteren war es sehr spannend, wie sich die verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten auf die Analyse auswirken, um eine möglichst gute Datenlage aus den Ergebnissen zu präsentieren.

Wir beide gehen gestärkt und mit viel neuem Input aus dem Kurs und sind und sicher, auch in weiteren Projekten oder in unseren Masterarbeiten das Thema Eye-Tracking positiv integrieren zu können.

Yves Thimian und Niklas Schneeberger

(Falls gewünscht, laden wir gerne noch weiteres Material oder die exportierten Videos der einzelnen Proband:innen hoch. Diese haben wir aus Gründen der Datengröße nicht in die Dokumentation eingefügt.)

Fachgruppe

Interfacedesign

Art des Projekts

Forschungsprojekt

Betreuung

foto: Prof. Dr. Frank Heidmann foto: Martin Pötter

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2022

Keywords