Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre

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Was fühlst du?

Heutzutage geht es beim Gestalten und Entwickeln von Produkten nicht nur um den Verkauf eines Gegenstandes, der einen Zweck erfüllt, sondern darum, ein Lebensgefühl zu vermitteln. Dazu gehört das Gestalten von Sinneserfahrungen, und diese gehen über die passiven Sinneswahrnehmungen und den praktischen Nutzen hinaus. Produkte können aktiv Gedanken im Menschen wecken und somit Emotionen oder gar Erinnerungen auslösen. Eine ganz zentrale Rolle spielt dabei die haptische Oberfläche als Schnittstelle zwischen Mensch und Objekt.

Beweggrund

In der Designwelt gibt es mehrere Herangehensweisen an die Gestaltung und ihre Schwerpunkte, es ist nicht unüblich, dass die Optik als der wichtigste Sinneseindruck (beim Kauf von Produkten) angesehen wird und daher der ausschlaggebende Punkt bei der Gestaltung eines Objekts ist.

In dem Projekt „Was fühlst du?“ geht es darum, Objekte aus ihrem haptischen Erlebnis heraus zu gestalten und aktiv den Tastsinn des Menschen zu wecken. Es testet aus, inwiefern Erlebnisse auf Materialien und Bearbeitungsweisen übertragen und manipuliert werden können. In Zeiten der Pandemie und der Digitalisierung wird nicht nur die Gestaltung der digitalen Oberflächen wichtiger, sondern gerade auch die in der realen Welt.

Aufgrund des Infektionsschutzes waren wir alle mit uns selbst in unseren vier Wänden beschäftigt und das hat bei einigen dazu geführt, dass das Zuhause und die Gestaltung dessen an Stellenwert gewonnen hat. Es zeigten sich im Interiordesign klare Trends, auf einmal wurde die vielseitige Nutzung des Zuhause zu einem großen Thema, einerseits musste Platz für das Homeoffice geschaffen werden, andererseits durfte die Gemütlichkeit und das ausleben der Hobbys nicht zu kurz kommen. Außerdem wurde dem Outdoorbereich mehr Aufmerksamkeit geschenkt, da er nun der Ort für das soziale Zusammenkommen war. (1) 

Ein weiteres großes Thema, das durch die Pandemie mehr in den Fokus gerückt wurde, ist Mental Health, die psychische Gesundheit des Menschen. Die Definition der WHO dazu lautet: „Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann.“ (2)(3)

Durch das Pandemiegeschehen war dieser Zustand bei vielen Menschen gestört, ein Grund dafür war die soziale und physische Isolation zu ihrer Außen- und Alltagswelt. Dazu gehören dementsprechend auch das ausbleiben von Berührungsreizen und Körperreizen, diese sind für den menschlichen Organismus aber lebenswichtig und wenn diese wegfallen kann es zu erheblichem Unbehagen, Stress und Depressionen führen.

„Allein, dass jetzt der vertraute Handschlag wegfällt, bereitet einigen von uns schon erhebliches Missbehagen. Insofern ist die körperlichen Zurückhaltung aktuell gegenüber allem und jedem eine erhebliche Stresssituation, die nicht jeder gut verkraftet.“ Prof. Dr. Martin Grunwald. (4) 

Natürlich kann ein Produkt die zwischenmenschlichen Reize nicht in gleichem Maße stimulieren wie ein Handschlag oder eine Umarmung das kann, das Projekt „ Was fühlst du?“ beschäftigt sich mit der Frage, ob sie aber vielleicht den Tastsinn dazu anregen können etwas zu erfühlen und so vielleicht Erinnerungen und damit verbundene Emotionen zu wecken, die dem entgegen wirken können.

Ich habe in meinem Studium gelernt, dass das experimentelle und erforschende Arbeiten mit Material und Techniken ausschlaggebend ist für meine gestalterische Arbeit. Sowohl das ausreizen von Möglichkeiten, als auch das unkonventionelle Kombinieren dieser ist das woraus ich Inspiration schöpfe und in meinen Augen noch Innovation möglich ist. Dies werden also auch meine Strategien in diesem Projekt sein.

Zusätzlich werde ich eine theoretische Recherche zu dem Thema Haptik mit einbinden und eine Umfrage zu Tastsinneserfahrungen starten.  

(1) https://www.imm-cologne.de/magazin/design-und-architektur/wohntrends-zu-corona-zeiten/ https://www.westwing.de/inspiration/trends/einrichtungstrends/trend-report-august-unsere-top-10-wohntrends-in-corona-zeiten/
__ (2) https://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0006/404853/MNH_FactSheet_DE.pdf
__(3) https://econtent.hogrefe.com/doi/epdf/10.1026/1616-3443/a000574
__(4) https://www.uniklinikum- leipzig.de/presse/Seiten/Pressemitteilung_6986.aspx

Auszüge aus der Arbeit:

Materialexperimente

Aus einer objektiven Perspektive heraus wird der haptische Eindruck eines Objektes geprägt durch die Wahl des Materials, der Textur und der Form. Meist sind die Texturen geprägt durch die traditionellen Bearbeitungsmethoden eines Materials, wie zum Beispiel die Stricktextur traditionell aus Wolle einen gemütlichen Eindruck auf uns macht. Kann man das manipulieren? Im Rahmen des Projektes „Was fühlst du?“ wurde ein Materialexperiment erarbeitet, welches sich mit folgender Frage beschäftigt:

Unterscheiden sich die haptische Wahrnehmung und Qualität einer Oberflächentextur bei verschiedenen Trägermaterialien und beeinflussen sie unseren Bezug zu ihr?

Dafür sollten Texturen gewählt werden, zu denen die meisten Menschen bereits eine Meinung oder Erinnerung haben, die einem potentiell im Alltag bewusst und unbewusst begegnen, um auf dieser Grundlage auch die Frage nach dem persönlichen Bezug und der Manipulation nachzugehen. Mit Hinblick auf diese Faktoren erlangten Raufasertapete, Luftpolsterfolie, Strick und Rattan im Alltag besondere Präsenz.

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Umfrage

Bei den Recherchen zu diesem Projekt wurde recht schnell deutlich, dass der haptische Eindruck von einem Objekt oder einer Fläche etwas sehr persönliches ist und jeder eine subjektive Meinung dazu hat. In Gesprächen zeigte sich, wie unterschiedlich die Vorlieben und Abneigungen sind und wie schwer es ist, haptische Eindrücke mit Worten zu beschreiben. Sowohl für Menschen die sich tagtäglich aktiv damit beschäftigen, als auch für jene, die das nicht tun.Um herauszufinden, worauf Menschen achten und welches Vokabular sie bei der Beschreibung haptischer Eindrücke verwenden, wurde eine Online Umfrage erstellt.

Sie ist in mehrere Teilabschnitte gegliedert und behandelt haptische Eindrücke von Materialien, Texturen, dem eigenen Zuhause und Erinnerungen. Ein Ziel war es, ein möglichst breites Spektrum an Menschen zu erreichen und viele verschiedene Eindrücke zu sammeln. Besonderes Interesse galt denen, die sich nicht professionell mit Gestaltung beschäftigen, da eine intuitive und unbefangene Herangehensweise mehr Möglichkeiten und Sichtweisen zulassen kann. Bei der Auswahl und Formulierung der Fragen war es entscheidend, dass die Fragen konkret genug und verständlich sind, um die Teilnehmer durch die Umfrage zu leiten und sie gleichzeitig nicht in ihrer Meinung und ihrem Vokabular zu beeinflussen.

Haptische Gestaltung in der Praxis

Nach den abgeschlossenen Recherchen für das Projekt begann der Versuch der Umsetzung der These: Objekte aus ihrem haptischen Erlebnis heraus zu gestalten und aktiv den Tastsinn des Menschen zu wecken. Im Laufe des Projektes wurden einige Erkenntnisse und Ansatzpunkte gesammelt, hier werden nun die aufgezeigt auf die sich in der Gestaltung bezogen wird:

Es gibt die haptische (aktive) und die taktile (passive) Wahrnehmung. Der Mensch fühlt also nicht nur mit seinen Fingern, sondern mit dem ganzen Körper, wenn auch unterschiedlich intensiv.

Zum Tastsinn zählt nicht nur das aktive Ertasten von Strukturen, sondern auch die Wahrnehmung von Temperatur und Druck.

Grundsätzlich werden natürliche Materialien, weiche Textilien und strukturierte, aber glatte Texturen bevorzugt.

Bei den ersten Entwürfen und Skizzen entstanden grundsätzlich zwei Ideen. Da wir einen Großteil unserer Zeit und Aktivitäten sitzend verbringen, lag es nahe, ein Sitzobjekt zu gestallten. Zum anderen wuchs auch die Idee von einem Objekt, das den Drang an etwas „rumzuspielen“ befriedigen kann.

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Die ganze Arbeit

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Was fühlst du?_Lena Weber Digital.pdf PDF Was fühlst du?_Lena Weber Digital.pdf

Ein Projekt von

Fachgruppe

Produktdesign

Art des Projekts

Bachelorarbeit

Betreuung

foto: Prof. Silvia Knüppel foto: Prof. Sven Völker

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2022