In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
A poster series.
Seit den späten dreißiger Jahren fotografiert Helmut Newton auf der ganzen Welt und arbeitet später auch mit angesehenen Models für große Modelabels wie die Vogue.
Dass viele der Fotografien provokant und teils sogar sehr problematisch sind, ist spätestens seit dem Gespräch mit Susan Sontag während einer französischen TV-Show 1979 klar. Doch wie viele Reproduktionen von Sexismus sind noch nötig, um das Problem zumindest zu erkennen?
Tausende minutiös komponierte, perfekt beleuchtete Bilder von makellosen, starken, skulpturalen Körpern und Gesichtern, dramatisch und filmisch in Pose und Ausdruck.
Der Dokumentarfilm „The Bad and the Beautiful“ von Gero von Boehm lässt – berechtigterweise – nur Frauen zu Wort kommen, die durchweg liebevoll von ihm sprechen. Grace Jones, deren Porträt (in Fußfesseln) gar eine Klage gegen den „Stern“ ausgelöst hat, lacht das Untragbare, das man in dem Bild sehen kann, glaubwürdig weg. Selbst Susan Sontag, die man in einer Talkshow auf Newton treffen sieht, verhehlt die Sympathie für den Mann nicht, dessen Werk sie dort als „very misogynous“ (sehr frauenfeindlich) bezeichnet.
Newtons Fotografien zeigen seine Fantasie von der starken, dominanten, überlebensgroßen Frau. Geradezu zeichnerisch streng im genau kalkulierten Licht des Schwarz-Weiß und malerisch leuchtend in seinen farbigen Ausnahmen.
Auszug aus dem Artikel „Sind Helmut Newtons nackte Frauen langweilig geworden?“ des online Journals welt.de vom 30.10.2020.
Die meisten Fotografien müssten im Zusammenhang ihrer Zeit gesehen werden, so Gero von Boehm. In den 1970er-Jahren habe es die sexuelle Revolution bereits gegeben und der nackte Körper sei kein Tabu mehr gewesen. „Das kam zusammen mit einer notwendigen Revolution in der Modefotografie.“ Bis dahin sei dort alles sehr lieblich und harmlos gewesen. „Jetzt war plötzlich Provokation angesagt“, so Boehm. „Wer hätte das besser bedienen können als Helmut Newton.“
Heute würden diese Bilder wohl nicht mehr in Auftrag gegeben werden und kein Magazin würde sie mehr drucken. „Aus Rücksicht auf bestimmte Empfindlichkeiten“, sagt Gero von Boehm. Dabei werde aber oft verkannt, dass Newton der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten wollte. „Wenn Nadja Auermann da mit offenen Haaren auf einem Hotelbett liegt wie eine weggeworfene Barbiepuppe, dann will uns Newton sagen: Du behandelst deine Frau wie eine Barbiepuppe. Du willst, dass sie im Minirock rumläuft, aber sie ist eigentlich viel mehr.“ So interpretiere das Nadja Auermann selbst in seinem Film.
Auszug aus dem Artikel „„Reine Objekte waren die Frauen sicher nicht““ des online Journals deutschlandfunkkultur.de vom 31.10.2020.
In demselben Film kann man zudem einen Ausschnitt aus einem Gespräch während einer französischen TV-Show von 1979 sehen, in dem die berühmte Feministin Susan Sontag und Newton aufeinandertreffen. Newton verteidigt Sontags Vorwurf der Frauenfeindlichkeit mit einem simplen „But I love women“, was natürlich mitnichten eine Absage an den Sexismus ist.
Susan Sontag antwortete darauf dann auch sehr wahr: „A lot of misogynistic men say that. I am not impressed.“ Newtons Argumentation ist somit exemplarisch dafür, wie uninformiert die ganze Debatte um Sexismus in der Fotografie oftmals noch stattfindet.
Nun ist Newton nicht der erste und vor allem auch nicht der letzte Fotograf, der sich Vorwürfen des Sexismus in seinen Bildern stellen muss. Andere Beispiele sind Terry Richards, Mario Testino, Bruce Weber und viele, viele mehr.
Alle der eben genannten Fotografen sind Modefotografen, haben für das Verlagshaus Condé Nast und andere große Namen gearbeitet und zeigen, dass gerade die Fashionfotografie mit oftmals noch sehr jungen Mädchen und den mehr als doppelt so alten, einflussreichen, männlichen Fotografen ein großes, strukturelles Sexismusproblem hat. Ein Problem, für dessen Lösung es nicht ausreicht, den einen oder anderen Fotografen wie Terry Richardson nicht mehr zu beauftragen.
Zumal sich die Frage stellt, wie viele Reproduktionen von Sexismus, mit welcher Intention auch immer, wir noch brauchen, bevor wir das Problem zumindest erkennen.
Die Lösungsfindung wird uns wohl noch über Jahre hinweg begleiten. Vielleicht ist ein Fazit daraus, dass noch mehr Frauen hinter die Kamera müssen. Die Bilder von Alice Springs, Newtons Frau, sprechen eine völlig andere Sprache und zeigen ein im gegenseitigen Dialog stattfindendes Empowerment, welches die Person zeigt und nicht die Projektionen eines Mannes.
Auszug aus dem Artikel „But I love women“ des online Journals kwerfeldein.de vom 09.12.2020.
3 Kommentare
Please login or register to leave feedbackJa, ganz wunderbar und so wichtig!
Megaaa!
liebs!!