In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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Projekttagebuch im Kurs Experimentelle Strategien im Grafikdesign.
Im Kurs „Experimentelle Strategien im Grafikdesign“ bei Sven Völker beschäftigten wir uns mit dem Thema „Together | Gemeinsam“ und setzen uns dabei mit der Parabel „Wenn die Haifische Menschen wären“ von Bertolt Brecht auseinander. Ziel des Kurses war eine grafische Publikation, aber vor allem der Weg dorthin. Das experimentelle Bild-er-finden. Wir bekamen Einblicke in die Grafik Werkstatt und verschiedene Druckverfahren. Wir lernten in wöchentlichen Vorträgen viel über Künstler*innen/Designer*innen und über den experimentellen Prozess und Ansatz ihrer Arbeiten. Insbesondere lernten wir über das Semester jedoch uns selbst kennen, die Sicht auf unsere Umwelt und den eigenen visuellen Ausdruck.
Die Dokumentation zeigt meine Schritte von der Ideenfindung über den Prozess bis hin zum finalen Druck. Es ist eine Art Projekttagebuch gefüllt mit Bildern, Notizen und Reflexionen, welche einen Einblick in meine Arbeit und Herangehensweisen geben.
Am Ende entstand ein kleines 20-seitiges Bilderbuch.
Zu Beginn des Kurses bekamen wir die Aufgabe uns zunächst 10 Wörter aus dem vorgegebenen Text herauszuschreiben und zu diesen Fotografien bzw. visuelle Ausschnitte aus unserer Umgebung zu kombinieren. Zu jeder Wort-Bild-Kombination fertigten wir einzelne Zeichnungen an. Ich probierte mich dabei mit meiner eigenen Handschrift und digitalen Zeichenwerkzeugen aus. Die Fotografien entstanden bei einem Ausflug in die Natur.
Es war eine wirklich tolle Aufwärmübung, um sich dem Experimentieren und Bilder erfinden zu nähern.
WORT ZU BILD
WORT-BILD ZU ZEICHNUNG
Bevor ich mich mit visuellen Mitteln zur Ideenfindung beschäftigte, widmete ich mich zu aller erst dem Text. Ich wollte für mich analysieren und herauszufinden, welche Aussagen mich ansprachen und was mich bei den Inhalten berührte. Mich faszinierte von Anfang an die narrative Darstellung einer Unterwasserwelt, die sich durch den Eingriff des Menschen in ein System einordnete, welche keiner naturnahen Lebensweise einer Kultur ähnelte.
Für mich handelt Brechts Text, um das Kultur formen, um die Gestaltung des Zusammenlebens in einer Gemeinschaft. Bei der der Mensch jedoch durch den Wunsch nach Kontrolle und auferlegten Werten, ein Unterdrückungssystem schafft, in dem kein natürliches Wesen Luft zum Atmen hat. Wie sieht solch eine Unterwasserwelt aus?
RECHERCHE
Ich durchstöberte die Bibliothek nach allen möglichen Medien, die mich auf eine Spur bringen könnten, wo es für mich und mein Projekt hinging. Ich stoß in der Architektur Abteilung auf ein Buch was mich direkt ansprach. „alltagsformen - bauhaus-moderne in der ddr“
In der fotografischen Dokumentation einer Lebenskultur in einem Land, welches geprägt war durch eine sozialistische Ideologie, aber auch durch Unterdrückung, sah ich viele Bezüge zum Text.
Das Setzen von Bild und Schrift in Kästen und Blöcke passte für mich direkt zum Thema. Der Einsatz der Farbe Blau im Schriftbild des Buches faszinierte mich nachhaltig.
ERSTE ENTWÜRFE / TESTS
Bei meinen ersten Entwürfe versuchte ich zunächst meine Idee und Auffassung des Textes zu visualisieren und brachte verschiedene Textauschnitte mit Fotografien in Verbindung. Ich versuchte damit für mich eine formale Ebene zu finden mit der ich weiterarbeiten konnte und experimentierte mit Textsatz, Form und der Farbe Blau.
Im Grafik Labor hatten wir die Möglichkeit uns mit einzelnen Druckverfahren experimentell auszuprobieren. Jedoch merkte ich ziemlich schnell, dass von den angebotenen keine Technik für mein Projekt funktionierte. Ich recherchierte weiter nach der Farbe Blau und stoß auf eine fotografische Drucktechnik, die mich sofort bewegte - Cyanotypie.
EINEN RAHMEN FINDEN
Es wurde Zeit all meine Ideen und Recherchen zusammenzufügen und einen Rahmen für mein Projekt zu finden. Ich arbeitete folgende Punkte heraus mit denen ich mich visuell auseinandersetzen wollte:
analoge arbeiten [druck, foto, pflanzenmaterial]
scans
farbe: blau (meer/wasser)
leitsystem text ? [.] blau
IDEE | CYANOTYPIE
fotografien/scans/druck (direkt-abstrakt)
bezüge mensch-natur-system
pflanzenstudien/abstrakte unterwasserwelt (naturale formen/freiheit)
[ in kontrast mit ] menschlich konstruierte welt/kultur (objektbezogene - geometrsiche formen/system)
MOODBOARD
Cyanotypie ist eine fotografische Drucktechnik bei der eine Mischung aus zwei Chemikalien (Ammoniumeisen(III)-Citrat & Kaliumferricyanid - Ich habe mir diese direkt in einem Künstler*innenbedarf gekauft) auf (in meinem Fall) Papier gestrichen wird und diese unter UV-Strahlung belichtet wird. Legt man nun Gegenstände auf das Papier entwickeln sich durch die Schatten monochrome Abbilder der Gegenstände auf dem Papier. Nach einer bestimmten Zeit nimmt man das belichtete Papier aus der Sonne und wäscht es in einem Wasserbad. Bei diesem Prozess kann man genau beobachten wie sich das Bild immer mehr im Wasser entwickelt.
Ich bedruckte einerseits Film und belichtete dann das Negativ. Für die meisten Drucke probierte ich mich jedoch frei mit allen möglichen Gegenständen und Pflanzen aus und es entstanden direkt die Ergebnisse die ich mir aus dem Druckverfahren erhofft hatte. Das Ganze machte unglaublichen Spaß. Ich fand den ganzen Prozess total faszinierend und es passte so gut zum Thema, dass das Material sich auch unter Wasser entwickelte. Es entstanden in zwei längeren Sessions mehr als 20 Drucke die jedes für sich ein Unikat sind.
Als ich die fertigen Cyanotypien vor mir hatte viel es mir erst schwer diese in ein grafisches Konzept einzuordnen. Ich experimentierte weiter, bedruckte erneut, machte Scans. Ich entschied mich dann letztendlich mit den Scans der Originaldrucke digital weiterzuarbeiten.
cyanotypie - abstrakte unterwasserwelt
bezüge mensch-natur-system
pflanzen (naturale formen/freiheit-kultur) [ in kontrast mit ] materialien, objekte (geometrische formen, menschlich konstruierte welt-system)
cyanotypie scans
formal in „kästen“ gefasst - einfaches layout
überlagerungen - effekte - multiplizieren
kontrastfarbe blau (cyanotypie) - text
weiß-schwarz | multiplizierte farben
zwei schriftarten (?)
bezüge zum text strukuriert nach themenabsätzen
schlüsselwörter hervorheben
restlichen text in absätzen - blocksatz (kästen)
ZWISCHENPRÄSENTATION
ENTWÜRFE
Meine weiteren Entwürfe nahmen nun immer mehr Form an. Ich arbeitete zu dem Zeitpunkt noch allein mit Vollflächigen Doppelseiten. Durch die Transparenz-Effekte und das Multiplizieren von verschiedenen Bildern entstand eine interessante und spannende Bildsprache, die mir sehr gefiel. Ich merkte dabei schnell, dass ich das Ganze ins Unendliche ausreizen konnte. Ich versuchte nun zu einzelnen Textabschnitten passende Bilder zu entwerfen bei denen ich die textlichen Aussagen durch das Visuelle auf den Punkt bringen konnte.
Typografisch war ich mir zu dem Zeitpunkt noch ziemlich unsicher. Ich probierte zunächst zwei Schriftarten übereinander zulegen, um auch hier die Überlappung aufzugreifen jedoch merkte ich immer mehr, dass die sehr abstrakten Bilder eine strukturierte Komponente im Schriftbild benötigten.
Im Laufe des Prozesses wurde die Bildsprache dann noch minimalistischer und durch das Feedback von Sven brachte ich auch immer mehr Weißraum in die Entwürfe ein.
SCHRIFTEINSATZ
Ich recherchierte erneut nach typografischen Lösungen für meine Entwürfe und entschied mich für eine Kombination aus Versalien und Blocksatz.
In Versalien setzte ich nun jene Textauszüge und einzelne Wortgruppen, die ich zum Bild hervorheben wollte. Diese zogen sich dann teilweise über die Doppelseite. Längere Textausschnitte setzte ich in Blocksatz. An diesen Regeln orientierte sich der Großteil des Heftes, an kleineren Stellen brach ich daraus jedoch auch aus und verwendete Schrift freier angeordnet. Nach längerer Suche entschied ich mich für die Schriftart Satoshi Regular.
TYPOGRAFIE MOODBOARD
Am aller schwersten am ganzen Projekt fiel mir das Entwickeln einer narrativen Struktur durch das Heft. Wie erzähle ich die Geschichte anhand der Seiten so dass visuelle Spannungen und eine Dramaturgie erzeugt wird? Ich schaute mir dafür zunächst narrative Mittel und Umsetzungen in anderen Bilderbüchern an und durch Svens Hilfestellungen entwickelte ich eine Struktur die funktionierte.
Die Cyanotypien boten mir eine gute Grundlage mit Spannungen zu spielen und 20 Seiten gut mit abwechslungsreichen Material zu füllen. In der Textstelle in der Krieg thematisiert wird liegt der Höhepunkt des Heftes, bei dem ich das farbliche Konzept das erste mal ändere. Ich greife nun eine gelbliche Farbe auf, die bei dem chemischen Entwicklungsprozess der Cyanotypien teilweise an den Rändern entstanden ist. Auf einmal wirkt das Blau des Wassers verdreckt und rostig. Ich spielte beim Aufbau der Seiten viel mit Weißraum und Full-Size Bildanordnungen. Somit werden die Betrachter*innen je nach Seite intensiv in die Welt der Geschichte hineingezogen, gewinnen aber auch immer wieder Abstand und könnten das Erzählte von einer visuellen Distanz aufnehmen. Die in Versalien hervorgehobenen Textausschnitte geben einzelnen Stellen mehr Tiefe.
So entstand ein einfach gehaltener Aufbau des Heftes, welcher aber durch die intensive und abstrakte Bildsprache eine eindrucksvolle Atmosphäre schafft.
ABSCHLUSSPRÄSENTATION
+ erste fertige Entwürfe
Jedem Heft fügte ich auf der letzten Seite noch einen originalen Cyanotypie Druck hinzu.