In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
DIGITALLY AUGMENTED PRINTDESIGN
gemeinsam mit julia hoffmann (M.A. politologin, journalistin, DGB) erörtere ich (evtl. bald B.A. kommunikationsdesign) diese großen dichotomien menschlicher existenz. im dialog miteinander vergleichen wir wo wir heute sind, wo wir früher waren; was das leben in freiheit brachte, was nicht.
was uns verbindet.
was ist geblieben vom spirit of 89, jenem großen 'anything goes' der 90er jahre - nach dem zusammenbruch der das 20. jahrhundert prägenden dichotomie zweier blöcke, der als ende der geschichte (fukuyama, 1989) gelesen wurde, sich jedoch als auftakt zum clash of civilizations (huntington, 1996) heraustellte?
30 jahre später hat sich unsere medienkultur rasant verändert, klassische medien wurden durch neue digitale publikationsformen ergänzt; mediale öffentlichkeit findet heute in den erweiterten räumen des digitalen statt. „Dem Einfluss der digitalen Öffentlichkeit ist dabei kaum zu entkommen, sie verlangt Positionsbezug.“
DICHOTOM verbindet verschiedene mediale strategien (journalismus, editorial design, typedesign, video und augmentation) stark explorativ und versucht einen gestalterischen positionsbezug in den heutigen medialen und politischen realitäten der auflösenden gewissheiten.
FUKUYAMA (1989)
Der westliche Liberalismus habe sich durchgesetzt, die Zeit der ideologischen Konfrontationen und die aufopferungsvollen Kämpfe für große Ideen wie Freiheit seien Vergangenheit. Kriegerische Konflikte würden zwar auch in der Zukunft noch stattfinden, so Fukuyama, aber eher Indianerüberfällen ähneln, die das Weiterziehen des großen Trecks bestenfalls stören, aber nicht aufhalten könnten
HUNTINGTON (1996)
Der Westen, warnte Huntington, sei zwar militärisch, technisch und ökonomisch auf dem Höhepunkt einer etwa 400jährigen Entwicklung – aber ab jetzt gehe es bergab. Die historisch gesehen relativ kurze Zeit weitgehender Kontrolle des Westens über den Rest der Welt neige sich dem Ende entgegen. Selbst die Blockkonfrontation sei letztlich das Produkt einer politischen Tradition, die im Westen ihren Ursprung hatte. Mit dem Ende der Blockkonfrontation träten nichtwestliche Akteure in den Vordergrund, ihre Ökonomien und ihre Bevölkerung seien im Wachstum begriffen. Eine Zeit der neuen Unordnung beginne.
(JW)
zäsuren prägen geschichte, konfrontationen manifestieren sich an orten, sichtbar wird dies im städtischen raum: entlang der ehemaligen mauer, wirkstätten, tatorten. ein versuch, geschichte neu zu vermitteln und crossmediale infotainment-strategien zu entwickeln: verbildlichung und verortung von inhalten. philosophy reclaims the street.
GESPRÄCHSNOTIZ
abends erstes telefonat, nachdem sich das kinderchaos bei hoffmanns gelegt hat. julia knallt mir gleich mal ein paar intellektuelle perlen um die ohren: beuys sei mist, weil der politischen kunst oft die politische analyse fehle. es brauche viel mehr, um politisches und ästhetisches miteinander verbinden zu können.
wir bräuchten einen leitfaden, denn ein geführtes interview wird es nicht werden. das gespräch geht um politsche kommunikation in zeiten von social media, auswirkungen auf berichterstatttung, gatekeeper der wahrheit. laut rudolf augstein/stefan aust sei
journalismus sagen, was ist.
wahrheit gäbe es aber nicht, wir befänden uns in einem dilemma; es drehe sich eher um die auflösung der gatekeeper-schaft durch social media > bürgerjournalismus. ich verweise auf den beitrag von on platforms von dis.art, der die diskreditierung und zersetzung öffentlicher institutionen und ihrem woken ersatz in cloudbasierten diensten ohne strassengebundene öffentlichkeit und nicht angreifbaren infrastrukturen thematisiert; einem prozess von dem letztendlich nur die sozialen platformen selbst – und ihre betreiber – profitieren.
gemäß brechts radiothese (1927-32) fungiere wahrheit als gesellschaftlicher katalysator: würden allen eine stimme gegeben werden, wandle sich eine gesellschaft in eine demokratischere, pluralistische form.
später entstand die situatistische linke unter verwendung von kommunikative guerilla-taktiken, um gezielt zu verwirren. das thema der fakenews sei damit kein zeitgenössisches phänomen. wer massenkommunikation beherrsche, habe die deutungshoheit. dies beginnt mit den volksempfängern und spannt einen bogen zu social media. wer sie bespielen kann, habe die macht. der offensichtliche defizit an wahrheit und die kritik an sozialen medien führte zum einsatz von faktencheckern, die die platformen selber etablierten.
die aktuellen bilder von leichen auf dem boden berühren den komplex der ethik: kann man diese bilder überhaupt zeigen, wenn man seriös journalistisch arbeitet? die antwort ist nein und doch finden diese bilder verbreitung über andere kanäle.
könnte ein roter faden die frage der wahrheit sein? von der philosophischen kategorie zu den guerilla-kommunikations-taktiken bis zu social media und ihren dummen kerls …
erweist sich die grundanahme, allen eine stimme zu geben führe zu demokratisierung einer gesellschaft als falsch? julia erzählt von ihren jugendlichen credo das ungesagte sagen: die möglichkeit zu senden schaffe wahrheit. erste journalistische gehversuche in unserer schülerzeitung gottfried, die von der schulleitung zensiert wurden, da zum verantwortungsvollen drogenkonsum informiert wurde. oder ihrer studienzeit bei radio unerhört in marburg …
allen eine stimme zu geben führe zu mehr wahrheit und demokratisierung. das stimme nicht. und doch wünschen wir uns die zeit nicht zurück, in der das telefon festinstalliert aus der wand kam und das war's an sozialen kanälen. heute brauche es jedoch enorm viel mehr medienkompetenz. der verlust an wahrheit sei nicht nur den sozialen medien geschuldet, sondern auch anderen faktoren wie der erosion der arbeitswelt, …, etc.
abschließend befragen wir uns – oder stellen vielmehr fest – was uns persönlich verband und immer noch verbindet. dies ist nicht quantitativ, sondern eine emotionale verbundenheit, die aus geteilten erfahrungen, miteinander verbrachter zeit und gemeinsamer sozialisation entstand; die inspiration und intellektuellen kicks, die wir uns früher gaben als wir uns eher als social outlaws fühlten und uns jenseits des mainstreams unseres offenbacher schuljahrgangs im raucherghetto in unserer abi-clique zusammenfanden, die retrospektiv betrachtet sehr divers und eher unhipp war. resonanz.
last but not least stellt julia die gretchenfrage:
ist REALITY das selbe wie WAHRHEIT?
*öööhm* – das muss ich erst mal eruieren …
BEGRIFFSKLÄRUNGEN
der begriff der wahrheit ist problematisch. es handelt sich vielmehr um perspektiven auf realität und fakten.
katrin eigersdorf, zdf-korrespondentin/kiew (phoenix-runde, 07.04.22)
Wahrheit, allgemein der im Rahmen eines sprachlich-intersubjektiven Bezugssystems (Kategorien-, Normen- oder Wertesystems) stehende, mit Gründen einlösbare und insofern haltbare Geltungsanspruch von Aussagen beziehungsweise Urteilen über einen Sachverhalt. Im Bezug auf das Sichverhalten einer Sache (Gegenstand, Handlung, Person) werden Sachverhalt und Sache als so und nicht anders sich verhaltend oder bestehend gekennzeichnet.
wahrheit, unter: https://brockhaus.de/ecs/enzy/article/wahrheit, (zugriff am 08.04.22).
Wirklichkeit [mittelhochdeutsch würke(n)lich, würklich, eigentlich »tätig«, »wirksam«, zu Werk] alltagssprachlich meint das Adjektiv »wirklich«, dass etwas in einer nicht mehr bezweifelbaren Form »tatsächlich« genommen werden kann oder auch als nachprüfbar »wahr«; […]
Gesellschaftstheorie und Neue Medien
In besonderer Weise schärfen seit einigen Jahrzehnten die sozialwissenschaftlichen und die medienwissenschaftlichen Forschungen den Sinn für die Differenzen in der Wahrnehmung dessen, was als »wirklich« angesehen wird: Menschliche Lebenswelten unterscheiden sich stark, auch innerhalb einer Kultur oder einer Stadt. Was wir für selbstverständlich halten, ist außerdem zunehmend das jeweilige Ergebnis einer massenmedialen Vermittlung. Die Kategorie der Wirklichkeit wird daher heute zunehmend im Plural verwendet. Sie erlaubt es dann, gruppenrelativ je bestimmte »gesellschaftliche« oder »soziale« Realitäten zu identifizieren .
wirklichkeit, unter: https://brockhaus.de/ecs/enzy/article/wirklichkeit, (zugriff am 08.04.2022).
1. TREFFEN: MACHT, GELD, LIEBE, WAHRHEIT, KUNST
Die moderne, funktional differenzierte Gesellschaft ist laut Luhmann besonders stark durch die fünf symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien Macht, Geld, Liebe, Wahrheit und Kunst geprägt.
Der Begriff Kommunikation beschreibt in der soziologischen Systemtheorie nach Niklas Luhmann eine Operation, die soziale Systeme erzeugt und erhält. Kommunikation ist bei Luhmann eine Einheit aus den Selektionen Information, Mitteilung und Verstehen. Diese Einheit stellt ein soziales System her und erhält es aufrecht, so lange wie die Kommunikation anschlussfähig bleibt und weitere Kommunikationen folgen. Der Kommunikationsbegriff basiert auf der These der operationalen Geschlossenheit der Systeme. Kommunikation als Einheit dreier Selektionen verläuft gleichzeitig mit, aber operational getrennt von psychischen Systemen. Soziale und psychische Systeme sind durch strukturelle Kopplung miteinander verbunden.
kommunikation, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunikation_(Luhmann), (zugriff am 06.04.22).
bei einem treffen zum thema schickt mich julia auf den luhmann-film, nachdem ich von meiner recherche zur informationsübermittlung des berliner senats auf dem gsw-gebäude berichte: 1963 wird ein laufband auf dem dach installiert, das botschaften der freien welt in den osten sendete. oft wird damit fälschlicherweise der springer-konzern in diesem zusammenhang genannt, eine medienkampagne der ddr-regierung folgte. nach anfänglichen überlegungen, diese botschaften durch blendscheinwerfer zu unterbinden, entschloßt sich die staatsregierung der ddr dafür, die sicht auf das prominent an der sektorengrenze stehende gebäude zu verbauen. der wohnkomplex leipziger strasse entstand in den 70ern und diente als springer-decker städtebaulich alleine diesem zweck.
ich komme mit einem ersten gestalterischen grundmotif (in freier anlehnung an kandinsky) an: DOT - TEXT - INFO
julia schlägt eine politische schnitzeljagd vor, in der wir den einsatz von augmented reality und dem innewohnenden _gamification_-charakter mit einem augenzwinkern verbinden könnten, um dem thema die schwere zu nehmen und nicht zu erschlagend zu werden.
wir sprechen über das internet als medium der demokratisierung. sie führt beispielsweise die wlan-community freifunk.net in den 00er jahren an (siehe youtube-link unten).
nach wie vor seien soziale medien in demokratischen regimen teil eines kommunikativen diversifikations- und demokratisierungprozesses, jedoch nicht in autokratischen regimen, die sich diesen prozessen durch zensur oder abschaltung (siehe russland/china) zu entziehen versuchen.
grundsätzlicher mangel an einer differenzierten medienkritik, seitdem die afd durch populistisches wording wie lügenpresse eine kritisch-objektive auseinandersetzung erschwert hat.
definition crossmedia:
Crossmedia bezeichnet die Kommunikation über mehrere inhaltlich, gestalterisch und redaktionell verknüpfte Kanäle, die den Nutzer zielgerichtet über die verschiedenen Medien führt und auf einen Rückkanal verweist
crossmedia, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Crossmedia, (zugriff am 10.04.22).
CAVE: konzeptionelle schärfung
INHALTLICH
_kontrolle von massenkommunikation = deutungshoheit
_demokratisierung von medien als offener prozess
_wirklichkeit (reality) vs. wahrheit (truth)
GESTALTERISCH
motif: DOT becomes TEXT becomes INFORMATION
rasterungen | verzerrungen
gamification/kreidezeichen (AR)
ebene der objektivität 'zeigen was ist' in abstraktion der subjektivität/interpretation überführen > satellitenbilder, perspektive von oben, kühl, rational, keine menschliche perspektive. gradwanderung vom gegenständlichen zum gegenstandslosen über rasterung/überlagerung
(dort)
AR
menschliche perspektive, angereichert durch subjektiv-kuratierte informationen, erinnerungen oder bezügen zwischen akteuren und orten
verbindendes narratives element: konfrontationslinien, verwerfungen, zäsuren (im berliner stadtraum)
(hier)
SCHNITZELJAGD: 5 SITES, 5 ASPEKTE VON AUGMENTIERUNG
videografische ebene (historische dokumentation: videofootage/aerials) + literarische quellen/zeitzeugen/radioreportagen (rezeptive ebene: audiofiles)
kontextualisierung/verortung im stadtraum: partielle immersion, verschmelzung der narrativen ebenen bis zur grenze der wahrnehmungsirritation, untersuchung der bezüge nach 5 aspekten:
_INSTALLATION: botschaften | flucht
[ _KONFRONTATION: berlinkrise, panzeraufmarsch]
[ _KAUSALITÄT: medien > demo > volksaufstand ]
_JUXTAPOSITION: stürzen | einstürzen
_IMMERSION: event bücherverbrennung
einleitende aspekte wie typografie, animation, improvisation.
verbindende narrative ist ein stadtspaziergang im radius um berlin-mitte von süd nach nord, der im zentrum endet: dem forum fridericianium – einem ort feudaler repräsentation mittels architektur, die selbst zum medium der machtdemonstration wird.
[ + INTRO (bild-/tonmontage) ]
+ EPILOG: DIALOG (kant/hegel)
[+ EDITORIAL: motivation ]
[kein AR]
arsendorpf, dirk: auch dieses bild kann täuschen, unter: https://www.zeit.de/2022/16/bilder-ukraine-satellitenaufnahmen-geheimhaltung-taeuschung/komplettansicht (zugriff am 21.04.2022).
Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit, Untersuchungen zu einer Kategorie einer bürgerlichen Gesellschaft, Neuauflage Suhrkamp, Frankfurt 1990.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege, Rowohlt, Hamburg 1963.
Hegel. Georg W. F.: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, Frankfurt am Main, 1970.
Kant, Immanuel: Idee zu einer Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, dtv, 1969.
Kant, Immanuel: Schriften zur Geschichtsphilosophie, Akademie Verlag, 2012.
Kant, Immanuel: Zum ewigen Frieden. Ein Philosophischer Entwurf, Reclam, 1986.
Luhmann, Niklas: Einführung in die Systemtheorie, (Transkription einer Vorlesung Luhmanns von 1991/92, 2002).
Luhmann, Niklas: Systemtheorie der Gesellschaft, (Manuskript von 1975, postum herausgegeben von Johannes F. K. Schmidt und André Kieserling 2017).
Melcher, Carl: Die Berechenbarkeit der Zukunft, unter: https://jungle.world/artikel/2018/33/die-berechenbarkeit-der-zukunft, (zugriff am 05.04.22).
Huntington, Samuel P.: The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order, Simon & Schuster, 1996.
Fukuyama, Francis: The End of History and the last Man, in: The National Interest No. 16/1989, pp. 3-18, Center for the National Interest, 1989.
medienstuff:
freifunk net wlan-community (2001), unter: https://www.youtube.com/watch?v=uDFrRGqI8d4, (zugriff am 06.04.22).
marshall mcluhan, unter: https://youtu.be/XyPo2p7jajk, (zugriff am 07.04.22).
the medium is the message, unter: https://www.youtube.com/watch?v=ImaH51F4HBw, (zugriff am 08.04.22).
Aesthetics of destruction in contemporary science fiction cinema, unter: https://era.ed.ac.uk/handle/1842/25992?show=full:, (zugriff am 13.05.22).
zum verhältnis von journalismus und politik:
putin war in seiner ersten amtszeit eine chance für europa (2015), unter: https://www.youtube.com/watch?v=yzLiwWVZCOk, (zugriff am 22.05.22).
let's be basic: carbonindustry & geopolitic:
Russia's Catastrophic Oil & Gas Problem, unter: https://www.youtube.com/watch?v=Eo6w5R6Uo8Y, (zugriff am 07.06.22).
inspiration:
President of Ukraine Zelensky, dancer in a music video, https://www.youtube.com/watch?v=UPT4oGTOHRo, (zugriff am 06.04.22).
The Untold Story Of Volodymyr Zelensky | Full Biography Of Ukrainian President, unter: https://www.youtube.com/watch?v=RVg-EVC3uio, (zugriff am 22.06.22).