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Grow your Fashion

Die Projektdokumentation zur Station „Mode und Kleidung nach der Dominanz des Menschen” für das Zirkeltraining im Kurs »It's the End of the World as We Know It. Xtopien für eine Welt von Morgen« bei Prof. Myriel Milicevic im Sommersemester 2021.

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Was wäre, wenn wir unsere Kleidung nicht kaufen müssten, sondern sie mit uns und unserem Leben wachsen würde? Kleidung, die nicht nur nachhaltig, sondern organisch oder vielleicht lebendig ist. Mode, die nicht nur dem Menschen nutzt und gefällt, sondern Mode von welcher Tiere und Pflanzen im selben Maß profitieren. Die Leitfrage im Mittelpunkt des Kurses und unserer Ausarbeitungen ist: Wie funktioniert diese eine xtopische Welt nach der Dominanz des Menschen.

Hintergrund und Kontext

Mode trägt einen großen Teil zu den Weltproblemen bei, durch Umweltverschmutzung durch Plastik, Chemikalien, Kohlenstoffdioxid, Ausbeutung der Natur, Tieren und Menschen. Ein Teil des Problems ist unsere Konsum- und Wegwerfgesellschaft.

Zur Herstellung von einem T-Shirt benötigt man im Durchschnitt 2,700 Liter Wasser (bis zu 15,000 Liter), ungefähr 18 Badewannen voll. Für eine Jeans sind es 11,000 Liter Wasser also 73 Badewannen, die mit Wasser gefüllt werden könnten. Auch das Abwasser der Klamottenproduktion ist durch Chemikalien verschmutzt und giftig und auf den Baumwollfeldern werden Unmengen von Pestiziden versprüht.

Wir haben alle einen vollen Kleiderschrank, doch 40% underer Kleider werden nicht getragen. In einer Designerkette gibt bis zu 24 neue Kollektionen pro Jahr. Mode ist fast schon ein Wegwerfprodukt, wir wollen billig und viel. Doch bei der Produktion bleibt es nicht, jeder Schritt bis zur Entsorgung verbraucht unendlich viele Ressourcen.

Die Modebranche muss sich drastisch verändern, dazu gibt viele neue Wege mit viel Potenzial.

Was ist die Idee?

Es werden immer wieder neue Materialien für die Textilindustrie erfunden, die unumsetzbar klingen, aber funktionieren. Bei unserer Station wollen wir diese Xtopien in die Gegenwart holen. Alle Teilnehmer sollen Altbekanntes beiseite legen und einfach ihrer Fantasie und ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die Leute sollen sich über Kleidung, deren Zwecke, Materialien und ihrer Zukunft Gedanken machen. Unter anderem sollen sich die Leute mit Fragen beschäftigen wie: Was werden wir in der Zukunft anziehen und warum? Aus welchen Materialien werden Klamotten bestehen? Was wenn es gar nicht mehr „Klamotte“ in der Zukunft heißt? Was bedeutet nachhaltige Mode? Was für neue Erfindungen könnte es geben? Was wäre wenn wir alle das selbe tragen? Was bedeutet Kleidung für dich?  

Als diesem Gedankenanstoß heraus liegen insgesamt fünf verschiedene Kartenstapel bereit, von denen man der Reihe nach zieht. Materialität, Lebensraum, Textur, Funktion und Fragen. Die ersten drei Kartenstapel bilden die Aspekte zur Grundlage des Klamottenentwurfs. Die Funktionen für die einzelnen Stücke würde man sich selbst überlegen und dazu notieren. Die Fragen kommen zuletzt und geben verschiedene Denkanstöße und regen zur Diskussion an. Im Prozess wird man merken, dass es eine Herausforderung ist, sich funktionelle Kleidung mit unbekannten Materialien und fernen Lebensräumen zu überlegen. In wie weit diese selbstgeschaffene Xtopie umsetzbar ist, umsetzbar wird oder umsetzbar sein sollte spielt im Entwurf erstmal keine Rolle.

Die Skizze einer Figur ist in so viele Körperteile geteilt, je nachdem wie viele Leute die Aufgabe zusammen absolvieren möchten. Nachdem jeder seinen Teil entwirft werden sie am Ende wie ein Puzzle zusammengefügt. Die Einzelarbeit wird zur Teamarbeit und bildet die Grundlage für den weiteren Verlauf. Nun werden über die verschiedenen Ideen gesprochen und diskutiert. Abschließend setzt man sich noch einmal tiefer mit dem Thema Mode und Zukunft auseinander und erhält im besten Fall eine Reihe verschiedener neuer Perspektiven.

Wir haben uns für die Puppenskizzen entschieden, denn ein selbst entworfenes Werk, bei dem man zuerst aus der eigenen Perspektive und dann aus der eines anderen hinsieht, nicht so schnell wieder vergisst. Jedes Wer ist sehr persönlich und einzigartiges. Außerdem ist es sowohl für Kinder als auch Erwachsene einfach zu verstehen und sofort mitzumachen.

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Wie funktioniert es?

Step 1

Zu Beginn haben wir ein paar neue Textilerfindungen sichtbar in kleine Petrischalen mit Erläuterungen und zugehöriger Recherche gelegt. Auf Podesten läd hier beispielsweise Seide aus Orangen, Garn aus Algen oder Fasern aus Bambus zum neugierig werden ein. Diese Inspirationen zeigen das fast alles möglich ist und es keine Grenzen der Fantasie gibt. 

Step 2

Die Skizze der Figur, die je nach Anzahl der Teilnehmer/Innen in gleichgroße Teile geteilt sind (von zwei bis fünf Körperteile) liegen jetzt bereit. Jeder nimmt sich ein Körperteil und zieht dazu vier Karten, eine jeweils von einem Stapel: Lebensraum, Material, Textur und Funktion.

Step 3

Bim Entwerfen der Kleidung soll man nun darauf achten, die gezogenen Begebenheiten (Lebensraum, Material und Textur) mit einzubinden. Die Funktion ist wie bereits erwähnt selbst auszudenken und in der eigenen Skizze zu notieren. Für das Kreative stehen den Teilnehmer/Innen Bunt- und Filzstifte zur Verfügung.

Step 4

Wenn alle fertig sind werden die Körperteile zu einem zusammengefügt und jeder erzählt von seiner Idee/Entwurf. Vom letzten Kartenstapel mit Fragen, die noch mal die Auseinandersetzung mit dem Thema vertiefen sollen, kann abschließend gezogen werden.

Step 5

Am Ende überlegt man sich gemeinsam einen Titel für das gesamte Werk. Auch dieser kann völlig fiktiv sein, er sollte nur das Werk bestmöglich repräsentieren. 

Step 6

Je nach Belieben darf die Zukunftskollektion mit nach Hause genommen oder an einer Pinnwand ausgestellt werden.

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Prozess

Anfangs waren wir uns noch keiner festen Xtopie bewusst und haben uns deshalb vor allem auf die aktuelle Problematik in der Modeindustrie konzentriert. Dazu gestalteten wir drei Learnings.

Zuerst stünden die Teilnehmer/Innen vor zwei Bottichen - der eine voll mit Wasser der andere leer. Mithilfe eines Eimers sollte nun der Wasserverlust von einem Garn Baumwolle geschätzt werden, indem man das Wasser in den leeren Behälter schöpft. Hierbei würde auf eines der größten Probleme in der Textilindustrie aufmerksam gemacht: Einerseits der extreme Verbrauch des knappen Rohstoffs Wasser und andererseits das Abwasser als riesiger Chemikalienstrom zurück in die Natur, der irgendwie wieder abgebaut werden muss. Neben dieser praktischen Einschätzung hätte parallel ein Plakat auf weitere Schattenseiten der Branche aufmerksam gemacht.

Im nächsten Schritt wollen wir die Form unserer gegenwärtigen Mode in Frage stellen. Dazu gestalten wir eine Art experimentelles Memory. Auf einer Folie mit angedeuteter menschlicher Silhouette liegen Formen die auf den ersten Blick völlig willkürlich erscheinen. Diese physischen Plättchen würden jetzt der Silhouette angezogen werden, indem man sie ohne sie umzudrehen auf die gewünschte Position schiebt. Soweit fertig wird wie Folie mir den Plättchen laminiert und umgedreht. Jetzt wird ersichtlich das die seltsam aussehenden Plättchen auf der Rückseite einfach nur die standardisierten Formen unserer heutigen Kleidung sind, also zum Beipeiel das Symbol für Hose, T-Shirt, Rock etc (siehe Abbildung). In diesem Moment würde das zweite Learning einsetzten, denn man habe die Hose beispielsweise an den Kopf angezogen und den Hut als Bluse. Hier soll der/die Teilnehemer/in erkennen, dass es möglich ist alte Raster aufzubrechen, dass es Spaß machen kann und vor allem, was am wichtigsten ist, neues kreiert wird.

Mit dieser Erkenntnis widmet sich der/die Teilnehmer/in der letzten Station, der Anwendungsphase. Hier sollen die BesucherInnen mit verschieden natürlichen Materialen eine Holzpuppe bekleiden. Zur Verfügung stehen Hölzer, Blüten, Früchte, Schalen, Gräser und ähnliches. Ziel ist es soll so frei und zukunftsorientiert wie möglich zu arbeiten.

Leider haben wir nach mehreren Feedbackrunden im Prototyping gemerkt, das wir zu sehr gegenwartsbasiert sind und dem/der Teilnehmer/in zu wenig xtopische Ansätze als Grundlage bieten. So wurden trotzdem Röcke und Hüte gebastelt und mehr gespielt als logische Zusammenhänge hergestellt. Wir machten zwar auf das Thema „Nachhaltige Mode“ aufmerksam, aber von Xtopie oder Ende der Dominanz des Menschen war noch nicht die Rede. Uns fehlte die Grundlage, die Aktivität der Besucher und eine eindeutige Message. Also verworfen wir unsere Station komplett und begannen, mit Erfolg wie wir finden, nochmal von Neuem.

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Evaluation

Die Resultate der Station „Grow your Fashion“ sind die Skizzen und die darauf aufbauende Diskussion über das Thema Mode in der Zukunft. Etwas handfestes und der Austausch darüber. Eine eigene Kreation und der anschließende Blick über den Tellerrand. Die Station gilt als erfolgreich, nachdem man sich an eigenen xtopischen Gedanken versucht hat, Kritik und Ideen geäußert und selbst reflektiert hat. Die TeilnehmerInnen werden dazu angeregt ihre eigene, gegenwärtige Mode zu hinterfragen. Welche Materialien trage ich? Warum genau diese Form? Welche Funktion und Ästhetik verspreche ich mir davon? Wie nachhaltig bin ich und wie nachhaltig möchte ich sein. Dadurch testen die TeilnehmerInnen ihre individuellen Grenzen und Ziele ihrer eigenen zukünftigen Kleidung aus. Die Methode der Xtopie soll dabei vor allem für die Zukunft motivieren und gegenüber neuen Ideen öffnen.

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Reflexion und Potenzial

Trotz Startschwierigkeiten konnten wir vor allem mit dem zweiten Versuch richtig durchstarten. Die Station scheint den Leuten Spaß zu machen und trotz fixer Xtopie sind die Gespräche und der Output sehr vielfältig und hatten oft unendlich viel Potenzial. Unsere Recherche hat uns zuerst in die falsche Richtung geführt, war dann aber unser Ass im Ärmel. Die Modewelt hat noch einen weiten Weg vor sich, weg von Fast Fashion hin zur Nachhaltigkeit und zum spezienübergreifenden Nutzen. Im Hinblick auf die Forschung wäre es zum Beispiel auch interessant zu sehen wie verschiedene Altersgruppen die Station meistern: Wer wie flexibel und wie kreativ ist. Wer welche Abstiche machen würde und welche Sehnsüchte hat.

Durch das Zirkeltraining können interessante Projekte ins Rollen geraten und wir sind gespannt auf das echte Training in Eberswalde. Am meisten würden wir uns freuen wenn im Kollektiv neue Ideen geborenen werden, die die Welt der Mode durch unsere Perspektive der Xtopie vorantreibt.

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Quellenangaben

Neue Erfindungen (zur Inspiration):

Bio-based, vegan cactus „leather“: https://desserto.com.mx

Pineapple „leather“: https://www.ananas-anam.com

Mushroom „leather“ - Mylo: https://boltthreads.com/technology/mylo/

Seide aus Orange: http://orangefiber.it

Verschiedene Textilien: https://thepangaia.com/pages/impact-innovative-materials

Verschiedene Textilien (Pineapple, Apple, Mango, Cactus, Corn, Linings): https://luxtralondon.com/pages/materials

Technik in Stoffen: https://atap.google.com/jacquard/

Haptische Technologie: https://www.wearablex.com/pages/about-us

Fachgruppe

Gestaltungsgrundlagen

Art des Projekts

Studienarbeit im ersten Studienabschnitt

Zugehöriger Workspace

It's the End of the World as We Know It. Xtopien für eine Welt von Morgen

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2021