In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
zeitgebers pendulum ist eine experimentelle VR-Anwendung zur Manipulation von Zeitwahrnehmung durch räumliche Verzerrung.
Virtual Reality ermöglicht eine beliebig variable und präzise Beeinflussung der (visuellen) Umgebung und somit der Wahrnehmung der Nutzer:innen. Dies gilt dementsprechend gleichermaßen für Wahrnehmung von Zeit.
Wie könnte also eine VR-Umgebung gestaltet sein, die eine „variable und präzise“ Beeinflussung von Zeitwahrnehmung ermöglicht?
Um jene Frage zu beantworten, führten wir im Laufe der Konzeption Interviews mit zwei Wissenschaftlern, die diese aktuell im europäischen Forschungsprojekt VIRTUAL TIMES bearbeiten.
Die Gespräche mit Dr. Marc Wittmann vom Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg und Prof. Dr. Dr. Kai Vogeley von der Uniklinik Köln ließen uns generell verstehen, was Zeitwahrnehmung ist (oder sein kann) und welche Anknüpfungspunkte für Manipulation innerhalb virtueller Realität bestehen.
Im Dialog mit Prof. Boris Müller wurde schließlich eine Formsprache gefunden und der rein „klinische“ (Experiment-Effekt) orientierte Aufbau in einen gestalterischen Kontext gebracht.
Zeitwahrnehmung setzt sich aus externen Zeitquellen, den sogenannten „Zeitgebern“ und daraus resultierend dem internen Zeitgefühl zusammen.
Zeitgeber sind der Sonnenstand, dadurch bedingt Schattenstand, Lichttemperatur und Helligkeit etc., aber auch künstliche Orientierungshilfen wie Uhren oder Pendel.
Die innere Uhr, das Zeitgefühl, synchronisiert sich zunächst mit diesen äußeren Fixpunkten. Außerdem ist es mit der eigenen Körperwahrnehmung und „Ich-Wahrnehmung“ verbunden. Wer mehr auf sich selbst fokussiert ist, dessen Zeitwahrnehmung ist auch verschoben. Dazu gehört auch die „optimale Anstrengung“, der sogenannte Flow. Der cognitive load, also die Auslastung des Arbeitsgedächtnis, hängt direkt mit der eigenen Ich- und dementsprechend Zeitwahrnehmung zusammen.
Auch Farben haben Einfluss auf die Empfindung der Zeit. Grüne Umgebungen stauchen die gefühlte Zeit, während rote diese dehnen.
Schließlich bietet Räumlichkeit eine zeitliche Orientierungshilfe, wenn beispielsweise Distanzen in Zeit geschätzt werden. Darüberhinaus beeinflussen weite/enge Räume die Zeitwahrnehmung.
Basierend auf diesen visuellen und kognitiven Parameter haben wir drei Konzepte für VR-Aufbauten entwickelt, die in die Zeitwahrnehmung der Nutzer:innen eingreifen.
Der Aufbau zu zeitgebers pendulum integriert räumliche Verzerrung und Orientierungslosigkeit bezüglich Distanzen, Belastung des Arbeitsgedächtnis, räumliche Weite und einen externen Zeitgeber.
Für die Nutzer:innnen tritt die Anwendung als VR-Installation in Erscheinung. Als Aufgabe muss ein Würfel von einem Sockel aufgenommen und zu einem interaktiven Objekt gebracht werden. Die erfolgreiche Abgabe des Würfels führt zunächst zum Erscheinen und schließlich zum Wachsen eines weiteren Würfels oberhalb der Nutzer:innen.
Während die Nutzer:innen sich nun zwischen Sockel und Objekt bewegen und immer wieder Würfel abgeben, sind sie umgeben von weiteren Objekten, die auf diese Bewegung sekundär reagieren.
Oberhalb der Nutzer:innen schwingt ein großes Pendel, zunächst mit einer Schwingungsdauer von 3 Sekunden.
Die Nutzer:innen sind dementsprechend vordergründig eingenommen von der Aufgabe und der reaktiven Umgebung. Die Manipulation der Zeitwahrnehmung kann im Hintergrund geschehen:
Es wird lediglich mit zwei Farben (Schwarz und Weiß, ohne Grey-Scaling) gearbeitet, um eine räumliche und förmliche Orientierung zu erschweren.
Mit jedem Schritt, den die Nutzer:innen gehen, vergrößert sich der Abstand zwischen Sockel und dem interaktiven Objekt dezent.
Das Pendel (das zunächst in der durch das Arbeitsgedächtnis bedingten „Dauer der Gegenwart“ von 3 Sekunden schwingt) wird gleichsam langsamer. Diese Veränderungen sind jedoch nicht wahrzunehmen.
Während sich demnach der reale Abstand (beziehungsweise die Dauer des Ablaufens der Distanz von Sockel zu interaktivem Objekt) und die Schwingungsdauer verändern, bleiben diese wahrnehmbar in der VR für die Nutzer:innen gleich.
Um nun eine tatsächlich Manipulation von Zeitwahrnehmung zu beweisen, muss der Punkt gefunden werden, ab dem eine Veränderung der Umgebung wahrnehmbar wird.
Hierfür wird ein Fragenkatalog erstellt, der ebenfalls Teil von Versuchen werden soll, bei denen die zwei weiteren Konzepte als Aufbauten realisiert werden.