In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Entwicklung eines eigenen Fonts mit 26 Kleinbuchstaben, 10 Zahlen und 4 Zeichen. Ein Produkt des Kurses Schriftgestaltung bei Luc(as) de Groot.
Wie Luc(as) de Groot gerne betont ist der Grundkurs, also die Geschichte und Entwicklung der Schrift für ihn eher als Werkzeuglehre zu verstehen. Wie gestalten Menschen Schrift, welche Konzepte und welche Linienführung verfolgen sie.
Beispielsweise basieren die essenziellen Buchstaben der griechischen Schrift auf dem Phönizischen (früherer Libanon). Am Ende der Zeile wurde einfach die Richtung gewechselt - der sogenannte Ochsenpflug. Eines von vielen Fun Facts, die mir vor allem im Kopf geblieben sind:
• Die Erfindung von Kleinbuchstaben resultierte aus Schlampigkeit.
• Die drei Grundformen der Schrift sind Kreis, Dreieck und Quadrat.
• Fast alle griechische Großbuchstaben sind symmetrisch. Ihre Serifen waren oftmals eher praktisch, nämlich für das Meißeln in Stein.
• Das „J“ wurde erst sehr spät erfunden.
• „U“ war „V“ und „W“ war „Doppel U“.
• Im Arabischen wird das Werkzeug immer um ca. 60 Grad gedreht.
• Das Indische hat 6 Schriftsysteme.
• Laut Luc(as) de Groot seien die Italiener nicht gut im Rhythmus (die symmetrische Verteilung der Weißflächen), obwohl das Römische das Rhythmischste überhaupt sei.
• Das Spiegeln von Schrift ist immer verboten.
• Im Arabischen gibt es Vokalisationszeichen - verschiedene Punkte, die den Buchstaben verändern. Oft werden diese aber weggelassen, deswegen braucht man viel Kontextverständnis.
• Eigentlich haben unsere arabische Zahlen 6 und 8 haben eine Oberlänge und Zahlen 3, 5, 7 und 9 eine Unterlänge.
Diese und noch viele weitere Erkenntnisse darüber, wie Schrift entstanden ist und wie sie funktioniert, bildete eine solide Grundlage für das eigene Experimentieren und Entwerfen von Schrift, Zahlen und Zeichen.
Unser neuer bester Freund sollte ab jetzt Tusche werden, als geeignetes Medium zur Buchstabengestaltung. Nicht radierbar, perfekt mit seinen Klecksen und Patzern. Wir sollten nicht nachdenken, wir sollten ausprobieren und ein Gefühl dafür entwickeln. Das darf mit Pinsel und Leinwand, mit Stempeln oder Bürsten oder was auch immer sein. Durch Künstler wie High On Type wurde mir bewusst, was möglich ist und wie weit man es treiben kann.
Für den Kurs wurde uns von Luc(as) de Groot dann aber auch ein Kalligrafie-Set mit Spitz- und Breitfeder zur Verfügung gestellt. Der Umgang mit den Federn ist ein Muss für jeden Schriftgestalter. Anfangs haben wir uns an vorhanden Schriften geübt und die Technik verinnerlicht. Wie viel Tusche, wie viel Druck, wann drehe ich das Werkzeug wie und welcher Bewegungsablauf erzeugt welche Ergebnisse.
Zu Beginn habe ich einfach wirr ausprobiert und vor allem billiges Butterbrotpapier vollgekritzelt. In mehreren Etappen habe ich immer wieder spannende Formen und Buchstaben markiert oder ausgeschnitten und daran dann weitere Buchstaben angelehnt.
„Wörter sind beides abstrakt und konkret.“
Zur Variation habe ich schließlich auch seitenlang denselben Buchstaben in verschiedensten Ausführungen und Stilen runtergeschrieben. Danach dasselbe Prinzip: markieren und weiterentwicklen.
Im letzten Schritt habe ich erneut Butterbrotpapier über meine Favoriten gelegt und anhand der exakten Formen ein ganzes Alphabet aufgebaut.
Unsere erste konkrete Abgabe sollten vier Wörter werden in jeweils einem konstruierten Schriftstil, dabei sollte jedes Wort mindestens sechs Buchstaben umfassen.
Diese erste Festlegung auf vier interessante Gestaltungsrichtungen sollte unsere Ideen bündeln und ließ uns einen ersten Fokus setzen. Die vier Schriften „Mumbai“, „Texican“, „Tuiamo“ und „Teaparty“ konnten für mich unterschiedlicher nicht sein und doch konnte ich aus diesen Favoriten Elemente erkennen und zu meiner finalen Schrift zusammenbauen.
Auf dem kursbekannten Miroboard „Skizzendumpplatz“ wurden vor jedem Kurs alle Zwischenergebnisse hochgeladen. Neben der Dokumentation der eigenen Entwicklung und den sehr hilfreichen Feedbackrunden von Luc(as) de Groot diente das Board auch für neue Inspiration und gegenseitiges Schulterklopfen.
Immer abwechselnd haben wir entweder unsere Fortschritte besprochen oder lauschten weiterem Input von Luc(as) de Groot über Monotype, Serifenlängen, Ink traps, Bézierkurven, Heatmaps, Spikes & Inshapes, Spationierung, Kerningpaare, …
Nach Korrekturen und Nachbesserung stand die analoge Schrift haleluja letztendlich. Mit Ecken und Kanten, kleinen und großen Macken aber in ihrer Form ziemlich sympathisch.
Um meine eigene Schrift nun zu formen und kontinuierlich voneinander abzuleiten digitalisierte ich die Pfade in Adobe Illustrator.
Ich arbeite zuerst an Ausrichtung und Größe, dann versuchte ich die Dynamik und den Stil der einzelnen Buchstaben weiter zu definieren. Letztendlich waren dann die Serifen und Weißräume dran.
Oft sahen sich bestimmte Buchstabengruppen sehr ähnlich aber hatten gleichzeitig eine gewisse optische Distanz zum Rest der Schrift.
Eine große Herausforderung bestand für mich außerdem in der Gestaltung und Vereinheitlichung der quaderförmigen Tropfen, welche den Charakter in jedem Zeichen bilden.
Außerdem gestaltete ich in Illustrator Punkt, Komma, Ausrufe- und Fragezeichen.
Um die Schrift letztendlich zu einem funktionierenden Font fertigzustellen, verwendete ich das empfohlene Tool Glyphs. Vor allem konzentrierte ich mich hier auf Kerning und Spationierung. Außerdem musste ich die Buchstaben manuell nochmal glätten da mir die vielen Ankerpunkte der Pfade beim Import Probleme bereitet hatten. Letztendlich konnte ich daraus dann meine fertige Font-Datei exportieren.
Dieser Kurs war für mich eine tolle Möglichkeit experimentell und gleichzeitig nach bewährten Regeln zu arbeiten. Ich hatte total Spaß auf das Ziel, eine eigene Schriftart zu entwicklen, hinzuarbeiten. Vor allem fand ich es hilfreich einmal den genauen Workflow dafür kennenzulernen. Die sehr sympathische und amüsante Art von Luc(as) de Groot machte den Kurs nur noch leichter und schwungvoller. Danke für den Input und den Prozess.