In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
40% unserer Kleidung wird nicht oder nur selten getragen. Das ist nicht nur problematisch für unser Klima, sondern zeigt, dass wir nicht nutzen, was wir konsumieren. Kleidung ist kein Wegwerfartikel und sollte wieder geschätzt, gepflegt und repariert werden. Dazu visualisieren wir Kleiderproblematiken, Daten und Tips, um dem Leser einen bewussten Umgang mit Kleidung zu ermöglichen.
Um uns auf ein Thema festzulegen und die Darstellungsform zu konkretisieren, arbeiteten wir drei unterschiedliche Konzepte aus. Dass wir uns dem Thema des enormen Kleidungskonsums und Fast Fashion annähern wollten, war klar. Damit dieses Thema aber zugänglich und vor allem auch umsetzbar für die Leser*innenschaft blieb, entschieden wir uns, die Rubrik aus der Perspektive der Leser*innen aufzubauen. Die Frage sollte nicht sein Was läuft falsch?, sondern Was kann ich machen?. Und da man bekanntlich ja vor der eigenen Haustür kehren sollte (und die Arbeitsbedingungen in Bangladesch zwar ein unglaublich wichtiges Thema sind, aber eben auch Welten von dem persönlichen Einfluss entfernt scheinen) beschäftigt sich unsere Rubrik vor allem damit: dem eigenen Kleiderschrank. Insbesondere mit dem Umgang mit der Kleidung, die wir bereits im Kleiderschrank hängen haben. Denn auch wenn Fair Fashion und Second Hand gute Ansätze sind, so sind sie doch Konsum. Und wenn 40% der Kleidung im Kleiderschrank nie oder selten getragen wird, wieso sollte man dann noch weiter konsumieren? Oder wie Goethe schon sagte: Es fällt ihm [dem Menschen] mehr auf, was ihm fehlt, als das, was er besitzt.
Wenn wir die Zeit, die wir mit konsumieren verbringen, mit dem tatsächlichen Nutzen unserer Anschaffungen verbringen würden, dann hätten wir gar keine Zeit mehr für weiteren Konsum. Genau diesen Ansatz wollen wir mit unserer Rubrik und der Instandhaltung, Nutzung und dem Wissen über unsere Kleidung vertreten.
Für ein besseres Verständnis der Leser*innen, auf die wir mit unserer Rubrik den Fokus legen, haben wir zusätzlich die Eigenschaften der/des typischen Tagesspiegel-Lesers/in analysiert und eine Persona entwickelt, die dabei helfen soll, unseren ursprünglichen Ansatz beim Gestalten nicht aus den Augen zu verlieren.
Nachdem wir uns entschieden, das dritte Konzept mit einem infografischen Ansatz weiter auszuarbeiten, überlegten wir uns die konkrete Umsetzung. Da sich unsere Rubrik mit dem Thema Bekleidung beschäftigte, war es sinnvoll, die Fotoillustration mit Stoff umzusetzen um so den Bezug zum Thema herzustellen. Für die Darstellung von Siegeln & Gütezeichen überlegten wir uns, die Siegel alle an einem T-Shirt anzubringen, um so zu zeigen, dass es theoretisch jedes einzelne dieser Siegel brauchen würde, um alle Sozial- und Umweltstandards angemessen abdecken zu können. Für die Materialkunde entschieden wir uns, das T-Shirt entsprechend den Anteilen der Faserproduktion weltweit zusammenzunähen. Markant für das Thema Greenwashing sind die sogennanten 7 Sünden des Greenwashings, welche wir anhand unterschiedlicher Stofflichkeit visualisieren wollten.
Beim Anlegen des Dokuments wurde schnell klar, wie schwierig es werden würde, die Visualisierung in einem passenden Format unterzubekommen, da wir viele Informationen neben der großen Grafik hatten. Darüberhinaus entwickelten wir zu diesem Zeitpunkt noch auffordernde Titel, die den Leser mit einer klaren Aussage oder Frage direkt ansprechen sollten. In einem Einleitungstext sollte das Thema näher erläutert werden, während eine Infobox den Leser/innen Tips für den Umgang im Alltag mit der Problematik mitgeben sollte.
Bei der Produktion starteten wir mit dem T-Shirt zu den Anteilen der weltweiten Faserproduktion. Dazu wählten wir zu den jeweiligen Fasern passende Materialien aus und verwendeten kontrastreiche gedeckte Farben, die einen leichten „Ökotouch“ haben. Für das Fotoshooting probierten wir sowohl eine hängende als auch eine liegende Variante aus. Dabei gefielen uns bei der liegenden Variante vor allem die ordentliche Abbildung des T-Shirts, bei der hängenden Variante andererseits die Dynamik des T-Shirts. Für das finale Shooting wählten wir daher schlussendlich eine Kombination der beiden Varianten.
Auf das hilfreiche Feedback des Kurses hin hatten wir uns zur Zwischenpräsentation entschieden, die Visualisierungen der Themen ausschließlich anhand des T-Shirts auszuführen. Dies sollte zum einen den Rubrikcharakter der Serie aufgreifen, zum anderen ist das T-Shirt – unisex und alltagstauglich – das zugänglichste Kleidungsstück, was sich bei wohl jedem im Kleiderschrank finden wird. Auch der Wiedererkennungseffekt sollte so verstärkt werden.
Wir hatten uns auf den Rubriktitel Bis zum letzten Hemd geeinigt, welcher die T-Shirt-Thematik sowie die Nutzung unserer Kleidung aufgreifen sollte. Uns wurde auch bewusst, wie unglaublich groß die Rubrik bis dahin angelegt war, und kürzten sie zunächst auf eine Viertelseite im dreispaltigen Layout des Tagesspiegels. Die Infobox bekam den Titel Und was jetzt?, um einen schnellen Zugang zur Information zum Mitnehmen zu bekommen. Um zu zeigen, dass sich das Konzept auf viele unterschiedliche Thematiken anwenden lassen würde, entwickelten wir konkrete Themenvorschläge mit passenden Titeln und weiteren Gestaltungsansätzen.
Nachdem die erste T-Shirt Produktion gut geklappt hatte, besorgten wir das Material für die restlichen T-Shirts, die Rebekka anschließend nähte. Neben drei weißen T-Shirts zum Batiken für das Greenwashing entstand daneben noch das T-Shirt mit den unterschiedlichen Siegeln & Gütezeichen sowie ein aus Altkleidern und Stoffresten zusammengesetztes T-Shirt.
Wir entschieden uns die Prozentzahlen der Faseranteile und der Weiterverarbeitung der Altkleider, sowie die Illustrationen für das T-Shirt zum Thema Minimalismus zu sticken, um noch eine weitere visuell-illustrative Ebene einzuarbeiten. Dafür druckten wir zunächst die Vorlagen auf Papier und übertrugen sie dann auf die T-Shirts. Für die Illustrationen zum Thema Minimalismus haben wir als Grundform ein Quadrat gewählt, das in einem gleichbleibenden Raster auf dem T-Shirt angelegt wurde. Für jeden Minimalismus-Tip wählten wir hierbei eine andere Visualisierung aus, die auf der Form des Quadrates basiert.
Für das Shooting reservierten wir für einen Tag das Fotostudio an der FH. Wir nutzen einen neutralen weißen Hintergrund und hängten das T-Shirt an einer Stange an dünnen weißen Fäden auf. Zum einen erlangten wir so eine gleichmäßige und gerade Ausrichtung des T-Shirts, und zum anderen hatte es dadurch eine dynamischere, dreidimensionalere Optik als eine liegende Aufnahme. Besonders herausfordernd war es hierbei, die Fäden so auszurichten, dass möglichst wenig Falten in dem T-Shirt sichtbar waren. Auch das korrekte Setzen des Lichts und ordentliches Bügeln kurz vor dem Shooting halfen dabei, das T-Shirt optisch möglichst hochwertig abzubilden.
Neben der Konkretisierung der visuellen Darstellung der Rubrik reflektierten wir erneut über den Namen der Rubrik – Bis zum letzten Hemd schien uns zu altmodisch und kämpferisch für die Richtung, in die sich unsere Grafik entwickelt hatte. Zufällig stießen wir auf den Begriff Stoffwechsel – ein aktueller, fortschrittlicher Begriff, der sowohl unsere Textilthematik als auch die organischen Prozesse der Industrie sowie unserer Umwelt aufgreift. Das Entfernen der Einleitungstexte sowie die Einführung eines beschriebenen Untertitels für die Grafik halfen bei der direkten Vermittlung der Thematiken an den Leser. Auch eine weitere Kürzung der Texte unterstützte die Grafik in ihrer plakativen Darstellung, die das T-Shirt zum schnell erfassbaren Informationsträger macht. Bei der Schriftart entschieden wir uns für die Museo, die zum einen charakteristische Züge besitzt und außerdem modern und relativ schlicht ist. Für die Hintergrundfarben der T-Shirts wollten wir zum einen ausreichend Kontrast zur jeweiligen T-Shirt Farbe erzeugen und zum anderen auch ein stimmiges Gesamtbild mit allen Infografiken erzeugen. Die Farben sollten genau wie sie Stoffe auch einen leichten Schwarzanteil haben und den ökologischen Gedanken widerspiegeln. Die weiße Schrift brachen wir mit einem geringen Beigeanteil, damit sie nicht zu sehr hervor sticht. Die schwarze Schrift passten wir ebenfalls an die jeweilige Hintergrundfarbe an.
Die größte Schwierigkeit bei der Umwandlung unserer Grafik in die unterschiedlichen digitalen Formate war die Anpassung in ein Querformat. Damit die digitalen Medien entsprechend geeignet bespielt werden konnten, entwickelten wir unterschiedliche Ansätze, die den jeweiligen Vorteil des Mediums herausstellen sollten. Bei den regulären Aufmacherbildern für Desktop und Mobil lassen sich alle Informationen der Infografiken auf einen Blick erfassen und verstehen. Die Idee der Teaserbilder nahmen wir wortwörtlich und entschlossen uns, nur ein kleines Detail des T-Shirts sowie den Rubriktitel abzubilden. Genug, damit vertraute Leser/innen die Rubrik sofort wiedererkennen können, aber so wenig, dass Spannung aufgebaut wird und sich unbekannte Leser/innen fragen würden, was sich hinter den Zahlen oder dem Anschnitt verbirgt. Für Instagram wird die Möglichkeiten des Swipes verwendet, um dem _Und was jetzt?-_Format einen angemessenen Rahmen zu geben. Für den Newsletter wird die Grafik schließlich wieder im Hochformat verwendet, um die Eigenständigkeit der Grafik zu unterstreichen.
Da die unterschiedlichen T-Shirts eine unglaubliche Vielfalt in ihrer Stofflichkeit und Haptik aufweisen, wäre es eine geeignete Möglichkeit, zusätzlich kurze Videosequenzen auf der Website oder auf Instagram einzubinden. Somit würden die Informationen und Details auf einer ganz neuen, dreidimensionalen Ebene an den Leser weitergegeben werden.
Das Projekt gab uns einen guten Einblick, wie man thematisch eine Rubrik für eine Tageszeitung entwickeln kann und diese visuell so umsetzt, dass sie den Anforderungen einer Zeitung entspricht. Während unsere Rubrik am Anfang noch mehr wie ein Zeitungsartikel mit zu vielen Informationen aussah, bekam sie am Ende durch das immer wiederkehrende T-Shirt Motiv und den reduzierten Text einen hohen Wiedererkennungswert. Insgesamt hatten wir eine wirklich gute Zusammenarbeit mit produktiver und sich ergänzender Arbeitsteilung.