In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In diesem Kurs ging es um die Gestaltung eines Wandkalenders für die Bundeszentrale für politische Bildung Brandenburg. Der Kalender sollte im Format A0 und mit einer Sonderfarbe gedruckt werden. Am Ende des Semesters gab es einen Wettbewerb für den Kalender, der für das Jahr 2021 in den Büros hängen sollte. Nicht nur die Aufgabe war herausfordernd, sondern auch das große Format.
Bevor wir uns mit unseren eigenen Ideen beschäftigen konnten, brauchten wir natürlich irgendeine theoretische Grundlage, auf der wir aufbauen konnten. Deswegen wenden wir uns im Folgenden den Menschen zu, die Kalender strukturiert haben, und die vor uns auf die Idee gekommen sind, Kalender zu gestalten.
Die Geschichte des Kalenders beginnt auch damit, den Kalender zu definieren. Bei der Erstellung eines Kalenders wurde schon immer versucht ein Muster zu finden, was allerdings im Widerspruch zu den natürlichen Phänomenen steht, die durch die strikte Einteilung eingeengt werden. Aber der Mensch braucht Ordnung und Orientierung, also sehen wir mal von der eigentlichen Ungenauigkeit des Kalenders ab.
Der Mensch hat als erstes durch Beobachtungen einen gewissen Rythmus in sein Leben gebracht. Dabei hat er sich an Tag und Nacht, den Erntezeiten und auch den Jahreszeiten orientiert. Hierbei fand allerdings noch keine genauere Einteilung des Jahres, so wie wir es heute kennen, statt.
Ca. 4000 v. Chr. teilten die Ägypter zum ersten Mal ein Jahr in 365 Tage ein, weil der Nil alle 365 überschwemmt wurde.
Die Sumerer in Mesopotanien entwickelten nun ein weiteres revolutionäres System, dass den Tag in 24 Stunden, eine Stunde in 60 Minuten und eine Minute in 60 Sekunden einteilte: das sexagesimalen System.
753 v. Chr. galt bei den Römern danach lange Zeit als Beginn der Zeitrechnung, weil in diesem Jahr die Stadt Rom gegründet wurde. Julius Cäsar führte 45 v. Chr. den julianischen Kalender ein, der sich auf die vorigen Kalender stützt und fast 600 Jahre später wird das Jahr von Christi Geburt als Beginn der neuen Zeitrechnung gewählt.
In der Zeit danach verändert sich der Kalender nur marginal, bis 1582 von Papst Gregor XIII. eine Kalenderreform durchgesetzt wurde. Das julianische Jahr war zu lang, deswegen wurden neue Schaltjahresregelungen eingeführt. Der sogenannte Gregorianische Kalender wird auch heute noch in weiten Teilen der Welt verwendet.
Kalenderillustrationen
Im Laufe der Entwicklung des Kalenders hat sich natürlich auch die Art der Kalenderillustration geändert. Waren früher vorallem Ernte- und Saatzeiten unersetzbare Informationen die ein Kalender beinhalten musste, so gibt es heutzutage für jeden den richtigen Kalender, mit oder ohne Illustrationen und trotzdem alle mit der gleichen Intention: Ordnung und Organisationsmöglichkeiten ins Leben zu bringen.
Ganz allgemein kann man sagen, dass im Laufe der Zeit immer weniger Bilder für Kalenderdarstellungen genutzt wurden und dafür mehr Zahlen, was eine gewisse wissenschaftliche Richtigkeit suggeriert. Früher konnten außerdem deutlich weniger Menschen lesen und deswegen wurden Kalender, die für jedermann gedacht waren, bebildert.
Hier ist für jede Epoche nun noch ein Beispiel für einen Kalender oder eine Seite daraus.
Zunächst eine kurze Definition von Illustration: In Abgrenzung zu Kunst steht die Illustration immer im Zusammenhang mit Text. Selbst wenn der Stil von Kunst und Illustration manchmal sehr ähnlich sind; die Illustration steht nie für sich, sondern hat immer eine Textkomponente, auf die sie sich bezieht.
Die Geschichte der Illustration ist sehr ähnlich wie die der Kunst, deswegen lassen sich diese beiden manchmal nur schwer voneinander trennen.
Aber genug der Einleitung: beginnen wir im 15. Jahrhundert. 1450 findet eine absolut revolutionäre Erfindung statt: Gutenberg erfindet den Buchdruck. Damit wird alles druckbare, also Flyer, Bücher, Plakate etc., plötzlich für die Massen verfügbarer und vor allem günstiger. Mussten Mönche vor dieser Erfindung noch jede einzelne Seite schreiben und illustrieren, konnte nun ein ganzes Buch in einem Bruchteil dieser Zeit gedruckt werden.
Ein Beispiel für eine handgeschriebene Bibel der Mönche:
So konnten durch den Buchdruck zum Beispiel Holzschnitte vervielfältigt werden, sodass illustrierte Bücher, wie das Hypnerotomachia Poliphili von Francesco Colonna, ein rätselhafter Roman der Renaissance, 1499 erschienen, zu großer Berühmtheit gelangten.
Im 16. Jahrhundert, der Hoch- und Spätrenaissance, kommt in der Illustration verstärkt der Humanismus vor. Es geht nun häufiger um alltägliche Situationen und niemand steht im Vordergrund. Dazu kam, dass die Buchillustration als verkaufsfördernd eingeschätzt wurde, und deswegen immer feiner werdende Holzschnitt-Illustrationen einen Aufschwung erlebten.
Hier ein Beispiel aus dem Versroman Theuerdank von 1519 in dem von einer abenteuerlichen Reise erzählt wird.
Im 17. Jahrhundert, dem Zeitalter des Barocks, ging es überall pompös zu, nur in der Buchillustration nicht so richtig. Es wurde zwar vieles bebildert, geschmückt und verziert, doch man hatte den Anspruch, realistisch zu bleiben, sodass eine gewisse künstlerische Weiterentwicklung fehlte. Viele der alten klassischen Werke wurden neu illustriert und aufgelegt.
Das Beispiel zeigt einen Frontispiz von 1686, der im Zusammenhang mit dem Titel, den Anfang des Buches für Geografie schmückt.
Der Barock ging im 18. Jahrhundert über in den Rokoko, der sich vor allem durch seine asymmetrischen Formen vom Barock abgrenzte und leichter und zarter wurde. Die Illustrationen werden weltlicher und aufgrund der französischen Revolution wird auch Gott als allmächtiger Retter in Frage gestellt.
Im Beispiel ein Kupferstich von Salomon Gessner von 1767.
Das 19. Jahrhundert zeichnet sich vor allem durch den Stilpluralismus aus, weswegen Künstler-Persönlichkeiten wichtiger werden als die Stilgruppe. Neben den vielen konkurrierenden Stilen wie dem Vormärz, Biedermeier und Klassizismus, werden auch neue Möglichkeiten der Abbildung geschaffen: die Fotografie wird 1826 erfunden, was Fragen zur Bild - Wirklichkeit aufstellt. Die wichtigste Technik des Jahrhunderts ist jedoch die Lithografie.
Das Beispiel zeigt Illustrationen zu Oscar Wildes Salome von Aubrey Beardsley aus dem Jahre 1894. Er war einer der originellsten Jugendstil Künstler und arbeitete mit fotografisch reproduzierter Illustration.
Wir nähern uns langsam aber sicher der Gegenwart. Nur noch schnell das kurze 20. Jahrhundert. Das Jahrhundert ist in jeder Hinsicht von starken Veränderungen geprägt. Politisch gibt es das Ende des Kaisereichs, den Aufstieg faschistischer Regime, dann eine Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands und einen kalten Krieg. In der Fotografie und der Filmtechnik gibt es so viele Neuerungen, dass ich nicht genug Platz habe, sie alle aufzuzählen. Und noch dazu gibt es bahnbrechende Erkenntnisse in der Naturwissenschaft, allen voran die Relativitätstheorie von Albert Einstein.
Die Illustration wandelt sich wieder von weichen zu harten Formen und zum Ende der Epoche kommt die Collage in der Pop art auf. Es ist eben ein durchaus durchmischtes Jahrhundert...
Und nun, bei uns? Gibt es im 21. Jahrhundert einen Stil? Nein, den gibt es nicht. Durch verschiedene politische Ereignisse wird zwischenzeitlich noch wichtig, welche politische Haltung die Künstler_innen einnehmen, aber ganz grob kann man sagen, es gibt keinen festen Stil mehr. Man kann und darf alles machen!
Juhuuu, es geht ans arbeiten!!! Der erste Schritt um einen A0 großen Kalender erstellen zu können ist natürlich die Themenfindung. Der Pool an Möglichkeiten ist ziemlich groß, denn das übergeordnete Thema Brandenburg lässt einem sehr viel Spielraum.
Meine ersten drei Ideen waren:
1. Vielfalt unter den Menschen in Brandenburg
2. Schriftsteller, Autoren und Künstler aus Brandenburg
3. Tiere und Land(wirt)schaft.
Da ich aus Düsseldorf komme und nun eher im Grünen wohne, hat mich vor allem die dritte Idee gereizt. Mit meinem Illustrationsstil zusammen konnte ich mir das ganze auch schon vorstellen und so habe ich mich das restliche Semester lang mit Brandenburgs Tieren beschäftigt.
Der nächste Schritt bestand darin, ein Moodboard zu erstellen. Ich liebe Moodboards, deswegen habe ich es richtig gerne gemacht.
Bei der Erstellung des Moodboards ist mir ziemlich schnell aufgefallen, welchen Stil ich für die Illustrationen nehmen will. Die Gemeinsamkeit vieler dieser Illus lag in den Klaren Linien und Farben, weswegen die Arbeit mit Buntstiften auf der Hand lag (außerdem arbeite ich sehr gerne mit Buntstiften). Durch mein Moodboard wurde auch schnell klar, dass es meinen Stil sehr stark einschränken würde, wenn ich mich wirklich auf die Verwendung von nur einer Sonderfarbe und Schwarz entscheiden sollte. Deswegen haben wir besprochen, dass ich meinen Kalender wohl in CMYK drucken werde.
Und dann kommt die Phase der ersten richtigen Sinnkrise. Ich habe erste Illustrationen in meinem Skizzenbuch gemacht und Kalenderanordnungen skizziert, da ich unbedingt von der T-Form des alten Kalenders wegkommen wollte. Alles in allem gefiel mir mein spielerischer Ansatz und die tapetenartige Anordnung von Tieren und Pflanzen. Doch ich konnte nicht so richtig akzeptieren, wie niedlich und kindlich meine Illustrationen wirkten. Ich hatte die ganze Zeit einen anzugtragenden Mitarbeiter der Landeszentrale vor Augen, den der Kalender zu sehr an seine Kindergartenzeit erinnerte!
Erst nach unseren Besprechungen konnte ich mich mit meinem Stil etwas besser abfinden, wenn nicht sogar anfreunden.
Dann habe ich angefangen, die einzelnen Scans sehr grob auf meinem erstellten Kalendarium anzuordnen. Ich habe mich dazu entschieden das Kalendarium an sich sehr klassisch als Block zu lassen, denn für mich selbst als Kalendernutzerin ist die Übersichtlichkeit des Kalenders sehr wichtig.
Bei der Zusammenstellung fiel mir aber auch erst auf, dass ich mir kein richtiges Farbschema überlegt habe. Alles wirkte sehr wahllos und bunt, deswegen habe ich mir für die nächsten Illustrationen eher eine begrenzte Farbpalette ausgesucht.
Das, was mir am wenigsten an der Anordnung von oben gefiel, war die Tapetenhafte Optik. Es wirkte eher wie eine leblose Aneinanderreihung als eine spannende Ansicht auf den Brandenburger Wald. Also musste noch mehr Leben in die Charaktere kommen, es mussten Geschichten durch Handlungen erzählt werden.
Die Monate und das Jahr wollte ich auch selbst schreiben, damit das Konzept des analog entstandenen Kalenders nicht dadurch gebrochen werden musste. Die Schrift ist eine recht spielerisch Serifenlose, die mit den Illustrationen gut zusammenpasst und nicht unangenehm heraussticht.
Dann kamen die Ferien angerollt und ich konnte etwas Abstand von dem Kalender gewinnen. Ich wusste, dass er mir so noch nicht richtig gefällt, deswegen musste ich etwas ändern. Beim Zeichnen und Malen zu Hause fiel mir auf, wie oft ich ganz automatisch auf Aquarellfarben zurückgriff. Es ist ein mir sehr bekanntes und geliebtes Mittel sich auszudrücken und da kam mir die Idee, Aquarell und Buntstift-Illustrationen zu verbinden. Puh… noch mal Glück gehabt, auch die zweite Sinnkrise halbwegs sicher überstanden.
Die Illustrationen wirkten jetzt eher wie eine zusammengehörige Einheit, was unter anderem an der etwas abgeschwächten Farbpalette und der weicheren Technik mit Aquarell lag. Jedoch hatte ich noch eine Herausforderung zu meistern, und zwar die sinnvolle Anordnung auf dem Kalender selbst. Meine ersten Ergebnisse waren von dem Versuch getrieben, den tapetenhaften Charakter los zu werden. Das ist mir zwar gelungen, doch hatten die Illustrationen jetzt keinen Platz mehr zum Atmen und durch den verlorenen Weißraum sah alles sehr platt und chaotisch aus.
Bei unserer letzten Besprechung habe ich dann den Tipp bekommen, einfach mehr Weißraum zuzulassen, sodass die Illustrationen freier im Raum stehen und sich auch die Handlungen die sich darin verbergen besser zur Geltung kommen. Das war wirklich der Lebensrettende Vorschlag, denn danach habe ich meinen Kalender richtig liebgewonnen.
Jetzt ging es daran, viele kleine Dinge zu ändern und an den Details zu schleifen. Vorallem die Anordnung aller einzelnen eingescannten Illustrationen hat mich und meinen Laptop herausgefordert. Am Ende habe ich sogar das Logo noch mit Aquarell gemalt, damit mein Konzept konsequent zu einem Ende kam. Also, hier ist er nun, der fertige Kalender!
Wow, war ich erleichtert und stolz als ich endlich fertig war. Das war mit Abstand die aufwendigste illustrative Arbeit, die ich bisher gemacht habe. Aber ich habe sie wirklich gerne gemacht. Ich bin mit meinem Endergebnis selbst sehr zufrieden, jedoch kann ich auch die Kritik der Landeszentrale, dass der Kalender zu niedlich für so manches Büro ist, gut nachvollziehen, das war auch eines meiner größten Probleme, mit dem ich mich aber mittlerweile abgefunden habe. Mein Stil ist sehr verspielt und kindlich, und in dieser Hinsicht ist ein schöner Kalender entstanden.
Was mir sehr oft weitergeholfen hat, wenn ich nicht mehr weiter wusste, waren unsere Besprechungen. Nicht nur, wenn über meine Arbeit geredet wurde, sondern auch, wenn es um andere Kalender ging. Die Inspiration durch andere hat mich wirklich häufig beflügelt weiter zu machen.