In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Raum und Klang im spielerischen Kontext in der Theorie, im praktischen Spiel und im dargestellten Konzept.
Ausgangspunkt der Untersuchung war das [AMAZE.Interact Festival](http://www.amaze-festival.de/interact/ „AMAZE.Interact Festival“) auf der Transmediale 2010. Hier bestand das räumliche Problem, Besucher aus der Eingangshalle in einen langen Gang zu lotsen, dessen angrenzende Räume die Ausstellung beinhielten. Da das Thema „Convergence of Game, Art, and Music“ war, setzte ich mich zur Vorbereitung mit der spielerischen Beziehung von Klang und Raum auseinander.
Zu Beginn der Videospiele war Sound immer sehr direkt an konkrete visuelle Spielelemente geknüpft. Spiele, welche nur Audio als Feedback enthielten - die sogenannten AudioGames - erfuhren daher großen Zuspruch, erweiterten sie doch die Spielumgebung durch Physikalität oder Imagination um ein Vielfaches. Beispielhaft sind hier Automatenspiele wie „Touch Me“ von Atari (1974) und die wesentlich kleinere und bekanntere Version „Simon“, von Ralph H. Baer und Howard J. Morrison (1978) zu nennen. Auch konnten reine Textadventures wie Colossal Cave Adventure (1976) oder Zork (1997) leicht mit einem Text-To-Speech (TTS) Programm zugänglich gemacht werden, um komplett auditiv spielbar zu sein.
Mit fortschreitender Entwicklung der Rechner-Leistungsfähigkeit wurde das Medium zunehmend visueller und das Gameplay, bis auf einige Ausnahmen wie Street Fighter II, in dem jede Bewegung hörbar ist, vom Sound unabhängiger. Firmen und eigenständige Entwickler treten auf und versuchen eigene „Sound-Only“ Versionen, statt neue Konzepte in z.B. 360° zu erstellen.
Neben dem Anspruch grafisch realistisch zu sein, wurde gerade in den letzen Jahren sehr viel Wert auf eine möglichst naturgetreue Darstellung der Spielwelt gelegt. Dazu zählt die Einbindung von satelliten-gestütztem Modelling, nach physikalischen Regelwerken agierende Objekte und vor allem eine passende Dolby Surround 5.1 Soundumgebung. Mit noch einfachen Spielgeschehen, entstehen so Welten wie in Half Life 2, durch die man sich selbst blind bewegen kann. Klangquellen werden nicht diffus abgeleitet, sondern auf Sichtlinie hörbar, Dynamische Musik weist auf den Spiel-Status hin und Gegner haben spezifische Geräusche für deren Eigenschaften (Anwesenheit, Entdeckungen, ...).
Mit zunehmendem Realismusgrad kehrt sich das Problem allerdings wieder: Auch in der Realität ist man als Blinder überfordert und benötigt Hilfsmittel. Viele Methoden wie das „The vOICe“ Projekt versuchen sogar die Umgebung visuell zu filtern und anschließend mit abstrakten Klängen wieder hör- und navigierbar zu machen.
Anscheinend gibt es also einen Punkt an dem sich Realismus und Abstraktion treffen, um eine navigierbare Raumwahrnehmung zu schaffen. Kann sich ein Blinder in einem solchen Raum frei bewegen, kann er spielerisch genutzt werden. Die Fragen die sich daraus ergeben sind: Wie müssen solche Räume gestalten sein und warum sind AudioGames gerade heute noch nur Sound-Augmented Games, statt eigene Games im Sound-Augmented Space?
Zum Testen der gestalterischen Fragen entwurf ich ein simples, drei Level umfassendes Spiel mit Unity3D, in welchem man einen Würfel finden muss, der ein Sonar ähnliches Geräusch von sich gibt. Die Art der Sound-Darstellung allerdings, ist in den einzelnen Abschnitten verschieden:
Ohne Störgeräusche, Sonarradius relativ groß, Sonarlautstärke steigt bei Nähe sehr schnell an
Störgeräusch nahezu umfassend, Sonarradius relativ klein, Sonarlautstärke steigt langsam an
Störgeräusch verortet, Sonarradius unendlich, Sonarlautstärke steigt unmerklich an
Testspiele mit aufgesetztem Kopfhörer führten zu mehreren Beobachtungen:
Im ersten Level ist der Soundcube ohne Probleme zu orten. Da dies der einzige Sound im ganzen Level ist, ist die Aufgabe leicht unterfordernd. Im Setting eines Wüstentempels galt es im dunklem, visuell eingeschränktem, nächsten Level den richtigen unter vielen Würfeln zu finden- Um ihn zu hören, muss man die erste von 3 Kammern durchlaufen haben. Da sich schon da einige Würfel befanden, führte dies für wenige Momente zu leichter Verwirrung. In der zweiten Kammer allerdings wurde schon schnell auf die dritte zugelaufen und von da an viel den meisten die Ortung sehr leicht.
Im letzten Level ist das Sonar von überall hörbar und der Würfel auf einem vom Boden nicht sichtbarem Bergplateau platziert. Trotz nahezu nicht vorhandener Distanzinformation viel es dem größten Teil der Testuser sehr leicht sich solange in die gehörte Richtung zu bewegen, dass sie schon mehrere Meter vorher relativ direkt darauf zusteuerten. Allerdings, wurde vor allem für den Anreiz eine zusätzliche Distanzangabe gewünscht.
Meine festgestellten Punkte bestätigen die Hinweise zum Design von Audiogames von Niklas Röber and Maic Masuch:
Diese Elemente sollten nun auf das Installationskonzept übertragen werden.
Generell galt: Vom Eingang sind Sounds des Ganges nicht zu hören und selbst im Gang sollten die Klänge nicht mit den anderen Spielen interferieren. Ich entschied mich daher für eine Art audiovisuelle Installation, die eine über die auditiven Sinne funktionierende, mögliche Spielsituation trägt: Eine Deckenprojektion teilt den Gang mittels eines einfachen Farbverlaufes fließend in zwei Bereiche, an dessen Enden jeweils ein Mikrofon hängt. Diese nehmen umgebende Geräusche auf, welche wiederum mittels eines Klangspektrums visualisiert werden.
Bleibt das Spiel unentdeckt, fliegen im Hintergrund kleinere Eruptionen der Umgebungsgeräusche als Partikelsystem umher, womit Blicke darauf gelenkt werden, keine stillen Stellen existieren und somit auch ausserhalb des Ganges Interesse geweckt wird. Der Klangraum ist mit tiefen Unterwassersounds untermalt um den kantigen Raum organischer wirken zu lassen und in eine dichte Eingangssituation zu versetzen. Jedes Soundpartikel trägt dabei den dazugehörigen aufgenommenen Teil des Spektrums und wird über 80er Jahre Synthie-Klänge erweitert, um sowohl dessen Position im Raum deutlich hörbar zu verorten, als auch dem Ausstellungskonzept gerecht zu werden.
Das könnte ungefähr so klingen, wie in dieser Collage.
Wird eine bestimmte Lautstärkegrenze überschritten (Menschen im Gang, Unterhaltung, Spaß an anderen Spielen), werden die Sounds nach ihren Eigenschaften (Höhe, Tiefe, Mitteltöne) in Formen gewandelt, welche auf die gegnerische Seite zufliegen. Nach dem Tic-Tac-Toe Prinzip treffen diese dann aufeinander und gewinnen oder verlieren. Der Ton wird mit Boxen an den Gangenden ausgegeben und fliegt durch Stereoverteilung sowohl visuell (Farbe, Form) als auch auditiv (Originaler Sound incl. Effekte) mit.
Die Klanginstallation birgt also ein Spiel in sich, welches durch spielerisches Entdecken erst gefunden werden will. Darauf hinweisend funktioniert nicht hauptsächlich das visuelle, aber die auditive Darstellung der aus Umgebungs-Klangsplitter gebildeten großen Formen, welche sich gezielt gegeneinander über den Gang bewegen. Ein Game im Sound-Augmented Space.