Breitfeder

Zu Beginn des Kurses arbeiteten wir mit Tusche und Breitfeder, die wir von Lucas bekommen hatten. Unsere ersten Übungen bestanden darin, Buchstaben im Stil der Schwabacher Schrift nachzuzeichnen, als auch aus einem kleinem Booklet mit weiteren Schriften um ein Gefühl für die Federführung und den Aufbau der Buchstaben zu entwickeln.

Es ging vor allem darum, Rhythmus, Kontrast und Form zu verstehen und ganz viel erstmal analog zu üben und auszuprobieren.

Spitzfeder

Auch mit der Spitzfeder arbeiteten wir intensiv. Hier war der Zugang etwas anders, schwieriger in der Haltung, sensibler und feiner in der Linienführung. Am Anfang hatte ich große Schwierigkeiten mit der Spitzfeder, da sich die Federzunge häufig spaltete und die Tinte nicht richtig haften blieb. Es ging darum, Druck und Zug zu kontrollieren, die Feder sanft zu führen und dabei eine gewisse Eleganz in der Schrift zu entwickeln. Die Spitzfeder forderte viel Konzentration und eine ruhige Hand. Ich lernte, wie entscheidend Nuancen sind, wie viel Gefühl in einem einzelnen Strich steckt und wie unterschiedlich der Charakter einer Schrift durch kleine Veränderungen wirken kann.

TypeCooker

Die nächste Übung führte uns zum TypeCooker.

TypeCooker ist ein Zufallsgenerator, der Typo-„Rezepte“ erstellt, eine kreative Methode, um gestalterische Grenzen zu sprengen und neue Ideen zu entwickeln.

Ich hatte viel Spaß dabei, die unterschiedlichen Rezepte auszuprobieren. Durch die verschiedenen Schwierigkeitsstufen konnte man sich gut an das Thema herantasten. Ganz nebenbei lernte ich zentrale typografische Begriffe wie Weight, Bold, Extended oder Contrast kennen und bekam ein besseres Gespür dafür, wie diese Eigenschaften den Charakter einer Schrift beeinflussen.

Analoge Schrift

Nach den Übungen mit Feder und dem Einstieg über TypeCooker stand als nächster Schritt an, eine eigene Schrift zu entwickeln, zunächst komplett analog.

Wir sollten uns überlegen, welchen Charakter unsere Schrift haben sollte, und diesen mit verschiedenen Werkzeugen auf Papier umsetzen. Die Wahl der Mittel war frei, ich arbeitete hauptsächlich mit Markern und Finelinern.

Ich entschied mich für eine Schrift, die bewusst wild, unordentlich und lebendig wirkt. Sie hat Serifen, die tanzen und wackeln, kleine humorvolle Details und insgesamt eine verspielte, lockere Ausstrahlung. Ziel war es, etwas zu gestalten, das aus der Norm fällt, aber dennoch lesbar und konsistent bleibt und sauber aufgebaut ist.

Die einzelnen Buchstaben habe ich immer wieder überarbeitet, weiterentwickelt und anhand des regelmäßigen Feedbacks im Kurs verfeinert. Dieser analoge Prozess half mir sehr, die Formen zu verstehen, Entscheidungen bewusst zu treffen und ein Gefühl für Rhythmus und Zusammenhalt innerhalb meiner Schrift zu entwickeln.

Skizze19.png

Zahlen

Neben dem Kleinbuchstaben Alphabet sollten wir zusätzlich auch Zahlen von 0 bis 9 gestalten.

Diese Aufgabe stellte für mich eine besondere Herausforderung dar, da Zahlen in der Typografie oft eher an Versalien (Großbuchstaben) angelehnt sind, sowohl in ihrer Höhe als auch in ihrer Präsenz.

Ich versuchte, die Zahlen möglichst harmonisch in den Stil meiner Schrift zu integrieren, ohne dass sie zu technisch oder fremd wirkten. Dabei achtete ich auf die charakteristischen Merkmale meiner Schrift , die leicht tanzenden Serifen, die lebendige Linienführung und den spielerischen Ausdruck und übertrug diese so gut wie möglich auf die Zahlenformen.

Trotz vieler Versuche merkte ich, wie anspruchsvoll es ist, Zahlen stimmig in ein Alphabet einzufügen, ohne sie zu dominant oder zu schlicht wirken zu lassen. Es war ein spannender Lernprozess, bei dem ich viel über Proportionen, Lesbarkeit und stilistische Konsistenz gelernt habe.

Digitale Schriftentwicklung

Dann ging es an die Digitalisierung unserer analogen Schriftentwürfe. Wir bekamen dazu viele hilfreiche Tipps und Input von Lucas, unter anderem zur Arbeit mit Illustrator, zum Umgang mit Pfaden, zur Struktur des Alphabets und zur sauberen Vektorisierung.

Ich begann damit, meine Buchstaben in Illustrator mit dem Zeichenstift Werkzeug (Pen Tool) nachzuzeichnen und in Pfade umzuwandeln. Dabei erhielt ich regelmäßig Feedback und überarbeitete meine Formen immer wieder. Oft fing ich ganz von vorne an, feilte an Details, testete Varianten bis ich den Charakter meiner ursprünglichen Skizzen digital möglichst genau getroffen hatte.

Ein wichtiger Teil des Prozesses war das modulare Denken beim Buchstabenbau. Viele Buchstaben entstehen aus denselben Grundformen. Ein n wird zu einem m, ein p lässt sich spiegeln und wird zu einem d, ein b entsteht aus einem Stamm und einem gespiegelten c, das ß kombinierte ich aus einem f und einem s. Diese systematische Herangehensweise half mir meine Schrift konsistent und logisch aufzubauen.

Trotz aller Struktur war es mir wichtig den ursprünglichen wilden und leicht wackeligen Charakter meiner Schrift zu bewahren. Ich wollte sie zwar sauber und klar digitalisieren, aber dabei nicht zu glatt oder generisch wirken lassen.

Diese Balance zwischen Handschriftlichkeit und Präzision war aufwendig, aber am Ende sehr lohnend. So entstand ein Schriftsatz der zwar nicht perfekt ist, aber meine gestalterische Handschrift trägt.

Glyphs

Danach ging es an die Arbeit in Glyphs. Dort habe ich alle Buchstaben und Zahlen eingefügt und noch einmal gründlich nachjustiert. Ich habe zu viele Punkte gelöscht, die Höhen der Zeichen angepasst und vor allem die Zwischenabstände optimiert, die beim Schreiben in InDesign anfangs viel zu groß waren.

So konnte ich letztendlich alle Details richtig einstellen und meine Schrift finalisieren.

Finale Schrift

Meine Schrift ist eine verspielte Serifenschrift, die bewusst wild, lebendig und leicht unordentlich wirkt. Die Serifen scheinen zu tanzen und wackeln, und kleine humorvolle Details verleihen ihr zusätzlichen Charme. Sie ist nicht brav oder streng, sondern hat ihren eigenen Rhythmus, fast so, als würde sie in Bewegung bleiben.

Durch den analogen Entwurfsprozess konnte ich ihr diesen lebendigen Charakter geben, bevor ich die Buchstaben in Glyphs digitalisierte und dort noch weiter verfeinerte.

Das Ergebnis ist eine Schrift mit viel Persönlichkeit: rau und unperfekt, aber gerade dadurch authentisch und voller Leben.

Jigglia -

der Name stammt vom englischen jiggle, was so viel heißt wie „wackeln“ oder „zappeln“. Und genau das tut sie auch: Diese Schrift tanzt, schwankt und wackelt sich durch jedes Wort, lebendig, unruhig und nie ganz im Gleichgewicht.

Jigglia ist eine wilde Serifenschrift mit kleinen, lustigen Eigenheiten. Ihre Buchstaben wirken manchmal ein wenig schief oder kippelig, als würden sie gleich loslaufen.

Sie spielt mit dem feinen Gleichgewicht zwischen Ordnung und Kontrollverlust, bewusst unperfekt, verspielt und voller Charakter.

Werkschau Plakat

Das Plakat zeigt alle Kleinbuchstaben von a bis z inklusive ß sowie alle Zahlen von 0 bis 9 meiner Schrift.

Fazit

Der Kurs war für mich eine echte Bereicherung. Ich habe unglaublich viel über Typografie, Schriftgestaltung und Schriftgeschichte gelernt  über Proportionen, Kontraste, Details, mathematische Logik und gestalterische Freiheit.

Lucas hat uns mit viel Engagement begleitet, uns tolle Inputs gegeben zu historischen Entwicklungen, Plakaten, Schriftklassikern und digitalen Tools.

Ich habe gelernt, wie viel Zeit und Hingabe es braucht, um eine eigene Schrift zu entwickeln von der ersten Skizze bis zur Digitalisierung.

Und ich habe gemerkt: Das Thema lässt mich nicht mehr los. Ich will mich auch in Zukunft noch viel intensiver mit Schriftgestaltung beschäftigen.